Anton Erdforter, Leave letter, Klagenfurt, September 1538

From Theatrum Paracelsicum


Anton Erdforter, Leave letter, Klagenfurt, September 1538

Names in this document: Anton Erdforter

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Sources

Primary Sources

4 manuscripts, according to Beck

Reproductions

Older Editions

Beck, Josef (1815–1887): Ein Beitrag zur Geschichte der Wiedertäufer in Kärnten. Mitgetheilt nach Handschriften des 16. und 17. Jahrhunderts. In: Archiv für vaterländische Geschichte und Topographie 11 (1867), S. 101–136, esp. 112; https://books.google.com/books?id=looAAAAAcAAJ&pg=PA101

Die Hutterischen Episteln 1525 bis 1767, Bd. 2, Elie/Manitoba: James Valley Book Centre 1987, S. 37-48, bes. 41

Modern Editions

Translations

Secondary Sources

CP 3, 202

Text

Text according to Beck (1867)

Ich hob neylicher tag vom Brobst von Kreüg gehört: wan ein vom wasser oder vischen traumbt, (sagt er) so het er gwiß widerwertigen anstoß. Das glaubt er unzwaifflich. – Ein pfarrer zu Clagenfurt sagt: welches tags er möß löse, desselben tags besorgt er sich kaines vnfalls gar nit. – Mein schwecher, der immer ein gueter Christ sein will, schreibt in ain schissel oder in ain löffel: Consumatum est, vnd last darüber trinkhen; vertreibt on myttel das fieber. Hilfft vil leuten damit! Wo sind die Nigromantici, Teuffelsbanner, diebssegner, wie Doctor Teüfflfraß darvon schreibt, das es natürlich sey die spiritus familiares, domesticos, sideriales vnderthänig zu machen; sei auch ein große weißhait von gott geben vnd not zu wissen, aber nit den pauren; den in(s) Komet gehört stroo" (sagt er), sundern den geleerten, verstendigen, wie (der) pfarrer am Rattsperg auch dauon sagen kunnd.

Was ist das alles mit einander als lauter vnglauben, Abgötterey, gottslesterung vnd unhrstliche werckh! Wan Ir aus gott wärdt, so handlet ir göttliche wort vnd werckh! Aber wie der vogel geschnäbelt ist, also ist auch sein gesang. Die pynn (Biene) helt sich der Bluemen. Der widthopff des Treckhs. Die pfarrer solten ander Leut leeren. So lygen sy selbst ein vnflat!

Text according to Episteln (1986)

Ich hab neulich vom Probst von Kreug gehört: wenn einem von Wasser oder Wieschen träumt, sagt er, so hat er gewiß widerwärtigen Anstoß. Das glaubt er unzweifelhaft... Ein Pfarrer zu Klagenfurt sagt: welchen Tag er Messe lese, desselben Tags besorgt er sich um keinen Unfall. Mein Schwager, der immer ein guter Christ sein will, schreibt in eine Schüssel, oder in einen Löffel: Conumatum est, und läßt darüber trinken, vertreibt ohne Mittel das Fieber. Hilft vielen Leuten damit! Wo sind die Negromantici, Teufelsbanner, Diebsegner, wie Doktor Teufelfraß davon schreibt, daß es natürlich sei, die Spiritus familiaris, domesticos, sideriales, untertänig zu machen; sei auch eine große Weisheit von Gott geben und Not zu wissen, aber nicht den Bauern, denn "Ins Kummet gehört Stroh", sondern den Gelehrten, Verständigen, als der Pfarrer am Ratsberg auch davon sagen könnte.

Was ist das alles miteinander, als lauter Unglauben, Abgötterei, Gotteslästerung und unchristliche Werke! Wenn ihr aus Gott wäret, so würdet ihr mit göttlichen Worten und Werken handeln! Aber wie der Vogel geschnäbelt ist, so ist auch sein Gesang. Die Biene hält sich an den Blumen, der Wiedehopf des Trecks. Die Pfarrer sollten andere Leut' lehren, aber sie liegen selbst im Unflat!

Notes

Brobst von Kreüg: Propst von Kraig, Kärnten. - Propst war von 1535 bis 1567 ↗ Wilhelm Guntzhofer.

welches tags er möß löse: an den Tagen, an denen er die Messe lese

Doctor Teüfflfraß: wohl Anspielung auf Paracelsus

in(s) Komet gehört stroo: Kummet, «das Halsgeschirr der Pferde, welches aus zwey zusammen gesetzten krummen wie Ochsenhörner geschweiften Stücken Holz bestehet, welche mit Leder, oder Leinwand überzogen und ausgestopfet werden, da man sie denn den Zug- und Ackerpferden um den Hals hängt, ihnen vermittelst derselben das Ziehen zu erleichtern» (Adelung, Bd. 2, Sp. 1825)

widthopff: Der Wiedehopf, der im Dreck nistet; bezieht sich auf eine mittelalterliche Fabel

Rattsperg: Radsberg, Kärnten (heute zu Ebenthal)

Translation

English Translation (ChatGPT-5, 3 September 2025)

I recently heard from the provost of Kraig: when someone dreams of water or of fish (he says), then he is sure to meet with some adverse mishap. This he believes without any doubt. – A parish priest in Klagenfurt says: on those days when he has to read mass, on that same day he fears no accident at all. – My brother-in-law, who always wants to be a good Christian, writes in a bowl or in a spoon the words Consummatum est (‘It is finished’) and lets people drink from it; without any other remedy it drives away fever. He has helped many people with it!

And where are the necromancers, exorcists, and thieves’ blessers, of whom Doctor Teufelfrass (i.e. Paracelsus) writes, saying that it is natural to make the familiar, domestic, and sidereal spirits subject; that this too is a great wisdom given by God and necessary to know – but not for the peasants (for straw belongs in the yoke, he says), rather for the learned and the intelligent, as the priest on Radsberg can also testify.

What is all this together if not sheer unbelief, idolatry, blasphemy, and dishonorable works! If you were of God, then you would act with God’s words and deeds! But as the bird is beaked, so too is its song. The bee clings to the flowers. The hoopoe to the filth. The priests ought to teach the people other things. But they themselves tell nothing but foul lies!

German Translation (ChatGPT-5, 3 September 2025)

Ich habe neulich vom Propst von Kraig gehört: Wenn einer von Wasser oder Fischen träumt (sagt er), dann hat er gewiss einen schlimmen Anstoß zu erwarten. Das glaubt er ohne Zweifel. – Ein Pfarrer in Klagenfurt sagt: An den Tagen, an denen er die Messe lesen muss, fürchtet er sich an diesem Tag vor keinem Unglück. – Mein Schwager, der immer ein guter Christ sein will, schreibt in eine Schüssel oder in einen Löffel die Worte Consummatum est („Es ist vollbracht“) und lässt darüber trinken; das vertreibt ohne Arznei das Fieber. Er hat damit schon vielen geholfen!

Und wo sind die Nekromanten, Teufelsbanner und Diebssegner, von denen Doktor Teufelfrass (Paracelsus) schreibt, dass es natürlich sei, die spiritus – also die vertrauten, häuslichen, siderischen Geister – sich untertan zu machen; und dass dies eine große Weisheit sei, von Gott gegeben und nötig zu wissen – aber nicht für die Bauern (denn „ins Kummet gehört Stroh“, sagt er), sondern für die Gelehrten und Verständigen, wie auch der Pfarrer am Radsberg davon erzählen könnte.

Was ist das alles anderes als lauter Unglauben, Abgötterei, Gotteslästerung und unheilige Werke! Wenn ihr aus Gott wäret, so würdet ihr göttliche Worte und Werke tun! Aber wie der Vogel geschnäbelt ist, so ist auch sein Gesang. Die Biene hält sich an die Blumen. Der Wiedehopf an den Dreck. Die Pfarrer sollten die Leute etwas anderes lehren. Stattdessen verbreiten sie selbst nur Unflat!