Text.Jociscus.1569-01.A2r/TranslationDE
An den vortrefflichen Herrn Johann Crato von Krafftheim, kaiserlichen Rat und persönlichen Leibarzt Seiner Majestät, entbietet Andreas Jociscus den Gruß.
Vor nicht allzu langer Zeit, hochgeschätzter Herr Crato, mein Herr und in tiefster Ehrfurcht verehrter Patron, haben wir an unserer Akademie in einer kurzen Rede des Oporinus gedacht und ihm die letzte Ehre erwiesen. Denn seine herausragenden Verdienste um die gelehrte Republik schienen es zu fordern, dass wir ihm durch dieses Zeugnis unserer Verehrung und Pietät das gebührende Gedenken erwiesen.
Aus verschiedenen Gründen, die sich leicht begründen ließen, hatte ich ursprünglich nicht die Absicht, diese Rede zu veröffentlichen – aus der Befürchtung, bei manchen den Vorwurf der Vermessenheit auf mich zu ziehen, die meinen könnten, das Leben eines Mannes, mit dem man nicht über längere Zeit in enger Gemeinschaft gestanden hat, lasse sich nicht angemessen beschreiben. Doch da ich erkannte, dass ein solches Zeichen von Wohlwollen und Menschlichkeit bei redlichen und gelehrten Männern nicht auf Ablehnung stoßen, ja vielmehr auf ihren ausdrücklichen Wunsch hin öffentlich gemacht werden sollte, gab ich ihrem Wunsch nach. Ich ging davon aus, dass ich unter dem Schutz ihrer Autorität die Schmähungen böser Zungen nicht zu fürchten brauche.
In demselben Monat, in dem Oporinus von Krankheit befallen wurde, übertrug er mir ein finanzielles Anliegen, das ich bei einem angesehenen Freund in Straßburg erledigen sollte – bei jemandem, dessen Hilfe er mehr als einmal erprobt hatte. Dabei kam es dazu, dass er liebevoll zu berichten begann von seinen Mühen und von dem Lebensweg, den er seit den Anfängen seines Wirkens im Buchdruck bis zu jenem Tag genommen hatte. Aus diesem Gespräch schöpfte ich vieles, was in die Erzählung der damaligen Wirren eingeflossen ist; manches jedoch habe ich ausgelassen, was anderen hätte weh tun können.
Was Paracelsus betrifft, so wurden gewisse Ausführungen zur Fortführung der Darstellung aufgenommen – Aussagen, die ich zusammen mit mehreren höchst ehrenwerten und gelehrten Männern selbst aus dem Mund des Oporinus gehört habe. Daher sei ausdrücklich gesagt: Nichts ist aus dem Wunsch heraus gesagt, andere zu verspotten oder schlechtzumachen. Ich habe stets die Unverschämtheit jener verabscheut, die mit satirischer Bissigkeit Lebende schmähen und ihnen verächtlich den Finger entgegenstrecken – oder gar den Toten lästern und verhöhnen, entgegen dem heiligsten Gesetz der Athener.
Doch insbesondere in deinem ehrwürdigen und gefeierten Namen, mein verehrtester Patron, wollte ich sichtbar werden lassen, dass ich sehr wohl weiß, wie hoch du Oporinus geschätzt hast. Und dass, wenn etwa Vertreter einer anderen medizinischen Schule sich allzu heftig gegen mich wenden sollten, ich in dir ein sicheres und verlässliches Bollwerk haben werde.
Es wird deiner Rechtschaffenheit entsprechen, meine Bemühung wohlwollend aufzunehmen; und deiner Menschlichkeit, mich – wie schon zuvor – mit dem Hauch deiner Gunst zu begleiten. Und sofern meine Studien würdig sein sollten, deiner Tugend und deiner ausgezeichneten Gelehrsamkeit Ehre zu erweisen, werde ich mich so verhalten, dass du erkennen wirst: Es fehlte mir eher an Möglichkeit als an gutem Willen.
Lebe wohl. Straßburg, am 4. Tag vor den Iden des März (d. h. am 12. März), im Jahre 1569.