Text.Duchesne.1603-01.!2r/TranslationDE
Vorrede.
Es hat stets hervorragende Geister gegeben, die größte Sorgfalt und tiefstes Studium darauf verwandten, eine Kunst oder Wissenschaft nicht nur zu pflegen und zu fördern, sondern sich darin auch rühmend vor anderen hervorzutun. Obwohl dieses Streben allen gemeinsam und jedem einzelnen eigen ist – denn es ist allen dasselbe Ziel gesetzt, dasselbe Ziel angestrebt –, so wurde es doch durch die Verschiedenheit der Meinungen und Auffassungen sowie allein durch die Unterschiede in der Methode und Ausrichtung in verschiedene Richtungen gelenkt.
Denn die einen behaupteten mit großer Entschiedenheit, dass die medizinischen Wissenschaften allein durch Erfahrung erlernt werden könnten. Diese wurden von den Alten als Empiriker bezeichnet und behalten diesen Namen bis heute. Andere hingegen, die eine gewisse Abkürzung in dieser äußerst schwierigen Kunst suchten – einer Kunst, die Hippokrates als langwierig bezeichnete (Aphorismen, 1), wir aber noch treffender als von unermesslicher Länge und Schwierigkeit –, versuchten, alles auf einige wenige Grundsätze zurückzuführen. Doch während sie nach einer Verkürzung strebten, führten sie in Wirklichkeit nur zu einer Verschlechterung. Diese nannten sich selbst Methodiker, und zwar mit einem Namen, der nicht weniger prahlerisch als ehrenvoll war. Diese thessalische Schule wurde nach ihrem Begründer Thessalos benannt, einem Mann von äußerster Unverfrorenheit, da er es nicht scheute zu behaupten, eine so große Kunst könne in nur sechs Monaten erlernt werden.
Andere wiederum, die die beiden vorgenannten Schulen hochmütig zurückwiesen, hielten es weder für angebracht, sich allein auf die Erfahrung zu verlassen, noch eine so umfassende Wissenschaft auf einen engen Rahmen zu beschränken. Vielmehr griffen sie auch auf die Vernunft zurück, um die Kunst der Medizin zu fundieren. Diese werden Dogmatiker genannt – eine Schule, die, wenn es unter den Ärzten überhaupt eine edle Schule gibt, aufgrund der außerordentlich bedeutenden Autoren, die sie stets hervorgebracht hat, höchstes Ansehen verdient. Die ersten beiden Schulen wurden vor der Zeit des Hippokrates bis zu Galenus von vielen in höchster Wertschätzung gehalten. Galenus jedoch stellte sie in seinem Buch über die Schulen der Medizin dar, prüfte und widerlegte sie. Die dritte Schule hingegen, die er seine dogmatische nannte und die er, wie er selbst sagt, von Hippokrates übernommen hatte, baute er auf bestimmten universellen Prinzipien auf, so wie Geometer ihre Theorien auf Hypothesen gründen.
Diese Prinzipien sind folgende: Alles entspringt aus den vier Elementen als den ersten und allgemeinsten sinnlich wahrnehmbaren Prinzipien, wobei eine bestimmte und angemessene Mischung dieser Elemente notwendig ist. Aus der richtigen Mischung dieser Elemente entsteht die Gesundheit im lebenden Organismus, während ein Ungleichgewicht der Mischung Krankheit hervorruft. Die Kräfte und Eigenschaften aller Dinge entspringen aus dieser Mischung der Elemente oder aus dem Überwiegen eines bestimmten Elements. Die wesentliche Form jeder einzelnen Sache ergibt sich aus einer bestimmten Mischung und Temperatur der Elemente.
Er bestimmte vier Qualitäten: zwei aktive – Wärme und Kälte – und zwei passive – Feuchtigkeit und Trockenheit. Die sogenannten sekundären Qualitäten, nämlich Geschmäcker, Gerüche, Farben und andere sinnlich wahrnehmbare Eigenschaften, leitete er aus den primären Qualitäten ab. Die vier Körpersäfte des Menschen – Blut, Schleim, Galle und Melancholie – stellte er in einem gewissen Verhältnis den vier Elementen entsprechend gegenüber.
Sowohl Galenus selbst als auch alle seine Anhänger stützten sich auf diese Prinzipien und Grundlagen und schrieben ihnen nicht nur die Ursachen aller Krankheiten und Symptome zu, sondern behaupteten auch, dass den primären Qualitäten, sofern sie in zusammengesetzten Körpern existieren, eine Kraft und Fähigkeit zur Bekämpfung von Krankheiten innewohne. Daher verkündeten sie als festes und unerschütterliches Axiom – gleichsam wie ein königliches Dekret –, dass Gegensätze durch Gegensätze geheilt werden: das Warme durch das Kalte, das Feuchte durch das Trockene und jedes dieser Prinzipien durch sein entgegengesetztes Gegenstück.
Aus dieser Lehre entstanden unzählige Rezepturen für Arzneimittel und eine große Vielfalt an Rezeptformeln, deren Bestandteile sowohl aus der Pflanzen- als auch aus der Tier- und Mineralwelt gewonnen wurden. Und aus diesem Gemisch verschiedenster Heilmittel entwickelte sich das dritte der sogenannten medizinischen Instrumente, mit dessen Hilfe die verlorene Gesundheit wiederhergestellt werden sollte: die Pharmakologie, das heißt die Kunst der Zubereitung und Verabreichung von Arzneien.
Über dieses Instrument der galenischen Medizin, das nahezu alle Ärzte aus Gründen der Praxis, der Ansehnlichkeit – ja, wenn man so will, auch des Prestiges – für besonders notwendig erachten, werden wir uns in dieser Abhandlung näher auslassen.
Bevor wir jedoch zur eigentlichen Sache im Detail übergehen, sei es gestattet, einige wenige Worte vorweg über eine vierte Schule der Medizin zu verlieren – eine Schule, die vielen als neu erscheint, uns aber als eine der ältesten überhaupt gilt. Diese vierte Schule, die man heute als eine eigene medizinische Richtung betrachtet und behandelt, ist die spagyrische Medizin. Über ihre Würde und ihr hohes Alter wollen wir an dieser Stelle nicht weiter eingehen, sondern dies für das folgende Kapitel aufheben, in dem wir uns ausführlicher mit ihr und insbesondere mit ihrem wichtigsten Instrument befassen werden.
Hier sei jedoch bereits festgestellt – und dies mit aller Deutlichkeit –, dass diese Schule, sofern sie sowohl die Vernunft als auch die Erfahrung als Hilfsmittel nutzt, die Herrscherin der gesamten Medizin ist. Ihre Anhänger messen sowohl der Vernunft als auch der Erfahrung höchste Bedeutung bei, setzen aber für beide andere Quellen und Grundlagen fest als die übrigen medizinischen Schulen. Die Vernunft führen sie nicht auf die allgemein bekannten Verhältnisse der Elemente und Mischungen zurück, sondern darauf, dass die Dinge selbst betrachtet und untersucht werden müssen, um die wahre Quelle und den Ursprung der Vernunft zu entdecken. Diese aber sei, so argumentieren sie, nicht in den äußeren und allgemeinsten Elementen der Welt zu suchen, sondern in den inneren, den eigentlichen Wesensbestandteilen der Körper selbst.
Hier liegt der entscheidende Punkt, hier die Ursache für die Unterschiede in den Lehren, hier das Fundament der gesamten spagyrischen Medizin. Doch was ist jenes innere Element, das sie als Fundament allen Lebens und der gesamten Medizin ansehen? Dies wird sich gleich erschließen. Eines jedoch sei bereits jetzt hinzugefügt: Die Anhänger dieser Schule haben nicht so sehr einen Weg der Verkürzung gesucht, sondern vielmehr die unbesiegbare Wirksamkeit der Medizin, die zugleich die heilsamste Unterstützung der Natur darstellt. Durch die richtige Vorbereitung, Verfeinerung, Dosierung und Wirksamkeit – Aspekte, die rein akzidentiell sind – haben sie der gesamten Medizin ihre höchste Vollkommenheit verliehen.
Dies möge für den Moment genügen, während wir über weitere und speziellere Aspekte dieser Lehre in unseren anderen Werken nachdenken. Nun aber kehren wir zur dogmatischen Medizin zurück, deren Hauptvertreter fast alle in Galenus sehen – auch wenn dieser selbst offen zugibt und ohne Umschweife erklärt, dass seine Lehre in Wahrheit aus den Grundsätzen des großen Hippokrates hervorgegangen sei.
Ihr wichtigstes Teilgebiet oder Werkzeug ist die Pharmakopöe, also die Kunst der Zubereitung und Verabreichung von Arzneimitteln, die den Gegenstand dieses Buches bildet.
Doch damit wir nicht, wie man so sagt, mit ungewaschenen Händen gleich zum Kern der Sache vordringen, scheint es angebracht, zunächst einige Grundlagen für die folgende Diskussion zu legen und einige Punkte vorwegzunehmen, damit der weitere Verlauf der Abhandlung umso klarer wird.
Da es in dieser Schrift vor allem um die galenische Pharmakopöe, das heißt um die Herstellung gebräuchlicher Arzneimittel, gehen soll, müssen wir zuerst klären, was nach der Auffassung von Galenus unter einem Medikament oder einer Arznei zu verstehen ist. Sodann wird es notwendig sein, die medizinische Lehre der Alten, die hermetische oder balsamische Medizin, darzustellen, um den Unterschied zwischen beiden Ansätzen deutlich zu machen.
Im Anschluss daran werden wir zur galenischen, also dogmatischen Zubereitungsmethode zurückkehren und die einzelnen Arzneien nach Klassen ordnen, sodass wir gleichsam ein vollständiges Bild der gesamten Pharmakopöe vor Augen führen. Dabei werden wir jeweils an passender Stelle hervorheben, was an ihr als gut zu bewerten ist und was als mangelhaft gilt. Schließlich werden wir die gesamte Arzneimittellehre des Galenus mit größter Sorgfalt und Treue einer Reform unterziehen.
Zuletzt werden wir die Pharmakopöe mit einer nahezu unermesslichen Fülle an neuen Rezepturen, verbesserten Präparationen und spezifischen Medikamenten bereichern, die für sämtliche inneren wie äußeren Leiden des Körpers geeignet sind. Darüber hinaus werden wir ihr einige chymische oder spagyrische Verfeinerungen hinzufügen, um dieses unser Werk umso prächtiger, reicher und nützlicher zu gestalten sowie es durch neue Erkenntnisse weiter zu erhellen und zu vervollkommnen.
Über den Begriff „Medikament“ und „Medizin“ gibt es unter den Ärzten verschiedene und voneinander abweichende Auffassungen. Denn eine ist die Ansicht der hermetischen Ärzte – jener also, die der Lehre des Hermes Trismegistos, des berühmtesten und ältesten aller Philosophen, folgen –, und eine andere ist die Auffassung der Dogmatiker, also der Anhänger des Galenus.
Letztere verstehen unter „Medizin“ eine Kunst, die sich durch eine bestimmte Anhäufung von Vorschriften zur Heilung und Bekämpfung der Krankheiten des menschlichen Körpers auszeichnet, sowie das Mittel, durch das dies geschieht – sei es ein einfaches oder aus mehreren einfachen Bestandteilen zusammengesetztes Heilmittel. Die Hermetiker hingegen verstehen unter Medizin nicht eine bestimmte Kunst zur Erhaltung der Gesundheit und zur Bekämpfung von Krankheiten des menschlichen Körpers, sondern vielmehr eine Essenz, die sich den Sinnen in der Natur der Dinge offenbart.
Diese jedoch tritt nicht unmittelbar und bei jedem beliebigen Blick in Erscheinung, sondern muss durch eine kunstvolle und legitime Zubereitung aus allen Dingen, die unter dem Himmel existieren, herausgelöst und zur Heilung der Leiden und Krankheiten des menschlichen Körpers in der richtigen Weise angewendet werden. Gerade diese, so argumentieren sie, verdiene im eigentlichen Sinne und mit vollem Recht den Namen der wahren Medizin, nach der auch der wahre Arzt zu beurteilen sei.
Denn so wie es bei allen Künsten der Fall ist, nimmt auch die Medizin – die unbestritten edelste unter den Künsten – einen bestimmten Gegenstand als ihre Materie, erforscht mit größter Sorgfalt dessen Natur, Eigenschaften, Kräfte, Wirkungen, Zustände, Auswirkungen und alle übrigen zugehörigen Aspekte.
Doch damit nicht zufrieden, schreitet sie weiter fort und untersucht darüber hinaus, mit welcher speziellen Zubereitung, durch welche Mittel und nach welcher Methode und welchem Verfahren diese Materie für den menschlichen Gebrauch geeignet gemacht werden kann. Erst wenn all dies erkannt, erforscht und verstanden worden ist, entsteht die wahre medizinische Kunst.
Die Ärzte sind dabei lediglich Diener der Natur, die – so bezeugt Hippokrates (Epidemien, Buch 6, Abschnitt 5, Teil 1) – die Heilende aller Krankheiten ist.
Nach der Auffassung der Hermetiker ist es daher Aufgabe des Arztes, durch kraftvolle, lebensspendende Heilmittel jene Krankheiten auszurotten, die im Körper und im Samen wurzeln. Dies aber geschieht mit Hilfe eines gewissen lebendigen Balsams, der das feste Fundament der wahren Medizin und das wahre Heilmittel gegen alle Krankheiten ist – sofern er von allen Unreinheiten befreit und in der richtigen Weise zubereitet wird.
Dieser lebendige Balsam ist also jene eine, wahre Medizin, die für alle Krankheiten des Körpers sowohl zur Vorbeugung als auch zur Heilung eingesetzt wird.
Diese Substanz hat Fernel in seinem Werk De abditis rerum causis geahnt, als er zu beweisen suchte, dass es in der Natur etwas Göttliches und Höheres gebe, das über die gewöhnlichen Qualitäten der Elemente hinausgehe, und er dieses als „verborgene Eigenschaft“ bezeichnete. Hätte er jedoch erkannt, dass es sich dabei tatsächlich um eine in der Natur existierende und wirkliche Substanz handelt – wie die Schüler des Hermes sie kennen –, so hätte er eine offenkundige und wahrhaft in der Natur vorhandene Sache gewiss nicht einem höheren, göttlicheren Prinzip zugeschrieben.
Den Ausgangspunkt und das scheinbare Fundament für diese Annahme entnahm er verschiedenen Stellen bei Hippokrates und Galenus. Denn Hippokrates, der in seinem Buch Über die alte Medizin die Hypothesen und Grundlagen der Alten zurückweist – weil sie die Ursachen aller Krankheiten allein in Hitze, Kälte, Feuchtigkeit und Trockenheit sahen –, erklärt, dass alles von einer bestimmten Kraft und Fähigkeit (ἀπὸ δυνάμεων) ausgeht und dass auch die Heilung der Krankheiten darauf zurückzuführen sei. An anderer Stelle schreibt er, dass die Wärme etwas Göttliches sei (Über die Diät).
Was auch immer Hippokrates mit diesen Worten genau meint – in Wahrheit handelt es sich dabei um nichts anderes als um die eigentliche, wahre und vollkommene Natur des bereits genannten Balsams. Durch seine Kraft leben, wachsen und gedeihen alle Dinge, und ohne ihn wären sie tot und vernichtet.
Diese Substanz nennen die tieferen Philosophen die „fünfte Essenz der Dinge“, das „Elixier“, das „trinkbare Gold“, den „Stein“ oder den „Himmel der Philosophen“ – unterschiedliche Bezeichnungen für ein und dieselbe Sache.
Sie nennen es die fünfte Essenz, weil es etwas ist, das nicht aus der Mischung der vier Elemente hervorgegangen ist, sondern etwas darüber hinausgehendes – ein göttliches Etwas (τὸ θεῖον), das entweder auf den Schöpfer aller Dinge verweist, der es erschaffen hat, oder dessen wunderbare Kräfte und Wirkungen nicht willkürlich aus einem elementaren Körper hervorgehen.
Sie nennen es das Elixier, weil es ein unvergleichliches Heilmittel zur Erhaltung des Lebens und zur Abwehr von Krankheiten ist.
Sie nennen es trinkbares Gold, nicht weil es allein aus Gold hergestellt würde oder immer daraus gemacht sei – denn es kann aus allen Dingen unter dem Himmel gewonnen werden, wie bald gezeigt wird –, sondern weil es aufgrund seiner außergewöhnlichen Wirkkraft dieser Substanz gleichkommt.
Es wird Stein genannt, jedoch nicht in dem Sinne, dass er Metalle in Gold verwandeln könnte – dies ist eine Erfindung der Habgier und nicht das Werk von Ärzten oder der Medizin –, sondern wegen seiner Beständigkeit und unüberwindbaren Dauerhaftigkeit oder weil er von der Natur des Salzes ist – des Salzes des Lebens –, in dem, gleichsam als festem und unerschütterlichem Fundament aller Körper, alle anderen Kräfte ruhen.
Schließlich wird er Himmel der Philosophen genannt, weil er die Natur der Elemente weit übertrifft.
Mit vollem Recht wird diese Substanz auch Balsam genannt, da sie eine gewisse radikale Natur ist, die Quelle aller Wirksamkeit und Fruchtbarkeit. Durch sie werden die Elemente in einem harmonischen Mischungsverhältnis zusammengehalten, und in ihrer Kraft liegt die wahre und universelle Medizin gegen alle Krankheiten, die Wiederherstellung der Gesundheit, die Erneuerung und Erhaltung der Körper. Kurz gesagt, sie verleiht allen Dingen der Natur Kraft und die Fähigkeit zu wirken.
Und obwohl diese Substanz geistiger, himmlischer, unsichtbarer und verborgener Natur ist und daher eher dem Verstand als den Sinnen zugänglich ist und nur schwer isoliert werden kann, werden wir dennoch mit sicheren und eindeutigen Beweisen sowie ausführlichen Erklärungen darlegen, dass sie existiert und dass sie dem wahren Philosophen zugänglich ist. Dies werden wir in unserem Buch über die verborgene Natur der Dinge und die Mysterien der Kunst beweisen – und bald ein sehr anschauliches Beispiel davon vorlegen.
In der Tat können, so wie durch die Kunst Körperliches in Geistiges verwandelt werden kann, ebenso auch Geistiges wieder körperlich oder, wie Paracelsus es nennt, astral gemacht werden – das Unsichtbare kann sichtbar werden, und was einst in Hippokrates’ Reich der Schatten, in der Nacht des Orpheus oder im Brunnen des Demokrit verborgen lag, kann nun ans Licht gebracht werden. Schließlich können auch ruhende Dinge beweglich gemacht werden – und umgekehrt.
Dieses unvergängliche Balsam befindet sich vor allem in den fruchtbaren Samen der Dinge und wird dort bewahrt. Und hier trifft besonders der Satz des Aristoteles zu: Aus der Zersetzung des einen entsteht die Erzeugung des anderen.
Denn das in die Erde gesäte Samenkorn verfault gewissermaßen oder verdirbt zumindest – das heißt, es wird zersetzt und aufgelöst. Doch die radikale, balsamische Substanz desselben, die zuvor in einer lebendigen und geistigen Feuchtigkeit verborgen lag und in der die gesamte Kraft und Wirkmacht des Samens enthalten war, tritt nun hervor und wird sichtbar.
Schon daran zeigt sich mehr als deutlich, dass jene balsamische Substanz, die wir mit Recht als unvergänglich bezeichnet haben, nicht zerstört, sondern vielmehr vervollkommnet wird und daraus ein neuer Körper entsteht.
Wenn es also feststeht, dass die Natur allein imstande ist, solche Dinge hervorzubringen, und dass durch ihre eigene Kraft das Geistige vom Körperlichen, das Unvergängliche vom Vergänglichen, das Unsichtbare vom Sichtbaren und schließlich das Reine vom Unreinen getrennt werden kann – was könnte sie dann erst leisten, wenn sie durch die Kunst und das Geschick des Menschen unterstützt wird?
Umso mehr, da wir ja beobachten können, dass in den natürlichen Vorgängen selbst etwas Größeres und Erhabeneres geschieht, sobald das ordnungsgemäße und rechtmäßige Wirken der Kunst hinzutritt – wie es etwa in der Landwirtschaft der Fall ist, wenn wir den Boden optimal vorbereiten und ihn mit dem Dung und dem Urin von Tieren anreichern (in denen sich balsamische Salze befinden), um sowohl die Erde als auch die Samen fruchtbarer zu machen.
Ein solches Prinzip ist in allen Dingen enthalten, und zwar so, dass es von den Philosophen und wahren Meistern der Heilkunst mit kluger Kunstfertigkeit extrahiert und auf den höchsten Grad der Vollkommenheit und Reinheit gebracht werden kann.
Genau dies ist es, was die hermetischen Ärzte und Philosophen im eigentlichen Sinne und mit höchster Exzellenz „Medizin“ nennen. Über ihr Alter, ihre Materie, ihre Vorzüglichkeit, ihre Eigenschaften und ihre Wirkungen wollen wir nun ausführlicher sprechen.