Werneck 1836 Geschichte

From Theatrum Paracelsicum
Wilhelm Werneck,
Zur Geschichte des Paracelsus
1836

Text

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Zur Geschichte des Paracelsus.

Es gebührt dem geistreichen Ferd. Jahn das Verdienst, den noch gegenwärtig aus Unkenntniss häufig verketzerten Paracelsus durch bündige Zusammenstellung seiner Lehren ( Heckers Lit. Ann. der ges. Heilkunde. Bd. XIV. Heft 1. und 2.) bei allen Denen in hohe Achtung gesetzt zu haben, welche jene wenigen nicht genug zu empfehlenden Blätter zu durchlesen geneigt waren, eine unbedeutende Mühe, die sicherlich sich reichlich belohnte. Es ist bewundernswürdig, wie weit dieses grossen Mannes Geist seinem Zeitalter vorauseilte, wie viele seiner Aussprüche erst jetzt allgemeiner verständlich werden! An diese vortreffliche Arbeit Jahns schliesst sich ein Schreiben meines verehrten Freundes Werneck in Salzburg nahe an, welches ich von ihm vor einigen Monaten erhielt, nachdem er die rege Theilnahme bemerkt hatte, die ich vor einem Jahre bei meiner Anwesenheit in Salzburg den Reliquien des unsterblichen Paracelsus schenkte. Ich glaube unsere Leser zu erfreuen, wenn ich diese mühsame, freilich ursprünglich nicht dazu bestimmte Arbeit durch Aufnahme in unsere Zeitschrift allgemeiner zugänglich mache.

Radius.

Es ist sicher billig und recht, dass wir auch von gemüthlicher Seite aus die irdischen Ueberreste eines Mannes ehren, welcher als medicinischer Reformator nach langer dunkler Nacht auftrat und die despotischen Fesseln des Galenischen Systems mit seinem starken umfassenden Geiste, glücklicherweise in einer Zeitepoche sprengte, wo die von Vorurtheilen erstarrten Gemüther, und der theils brach liegende, theils nur am Aberglauben kümmerlich nagende Verstand, wieder neue Denkfreiheit er-

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hielt, die lang verhüllte Wahrheit ungescheut suchen zu dürfen. Doch die grössten Männer jener Zeit konnten sich, ungeachtet ihres warmen und unermüdeten Strebens nach Wahrheit, nicht ganz von den abergläubischen Fesseln ihres Zeitalters losmachen und selbst Paracelsus konnte den damals herrschenden astrologisch-magisch-kabbalistischen Ansichten um so weniger ganz entsagen, als sein pedantischer Vater ihn in der frühesten Kindheit mit aller Strenge dazu anhielt.

Paracelsus war eine der kräftigen Geburten seines kräftigen Zeitalters, des mächtigen sechszehnten Jahrhunderts. Als kräftiger, nur auf sich bauender, aus sich schaffender Geist stand er da und wurde deshalb von einer zahllosen Menge angebetet, aber auch von Andern ebenso erniedrigt und gehasst. Ist dies nicht noch das Schicksal, das heute zu Tage einem Geiste zu Theil wird, der über andere emporragt? dies war so, ist so und wird so sein bis an das Ende der Welt! Es ist das stets sich neu gebärende Loos des Menschen, dass ein Geist strebt den andern zu unterdrücken; fühlt er sich zu schwach, die That direct zu vollbringen, so sucht er auf indirecten Wegen zu verunglimpfen, bedient sich oft der unerlaubtesten Waffen und versäumt durchaus kein Mittel, das ihm zu Gebote steht. Paracelsus hatte unbezweifelt manche Schwächen, aber, lieber Freund, hat man schon einen ausgezeichneten Mann gefunden, der bei all seiner Grösse nicht auch Schwächen blicken liess? Sind es nicht gerade die Genies, welche am üppigsten ihren Leidenschaften fröhnen? Daher kritisirt nicht zu streng unsern Paracelsus, werfet keinen Stein mehr, sondern streuet Blumen auf sein Grab! Studirt ihn in philosophischem Geiste und ihr werdet seine Grösse, seine Hoheit erkennen müssen.

 Wer findet nicht in seinen Schriften die Andeutungen der heutigen Naturphilosophie und ihre Einwebung in die Medicin? Blickt nicht aus der Theophrastischen Theosophie der Platonismus so deutlich hervor? Findet sich nicht in den siderischen und Elementar-Potenzen des Theophrastus die Anschauung des Lebens in seinem ideellen und reellen Factor wieder? Sprach nicht der kühne, selbstständige sinnige Mann der alten Ansicht von der Naturheilkraft laut und wahr das Wort? Mächtig griff er in die Kunst ein, und durch die alchemische Tendenz gebar er die chemische Ansicht des Organismus, des Lebens.

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Er wusste als praktischer Arzt nur allzugut, dass die wahrhafte der Menschheit heilbringende Medicin ohne eine sogenannte Humoralpathologie nur ein halbes Ding sei. Nur die innige Vermählung der durch reine Erfahrung geläuterten Humoralpathologie mit der Solidarpathologie giebt ein praktisch haltbares System der Medicin! Was verdankt dem Paracelsus nicht die Chemie selbst? er ist ja der Vater der Chemiker; was die Arzneimittellehre? er lehrte zuerst die Mineralien besser zu benutzen und sprach es zuerst aus, dass zwischen Giften und Arzneimitteln kein wesentlicher Unterschied sei. Da selbst die gedruckten Angaben über die Lebensverhältnisse dieses seltenen Mannes so verschieden sind, mehrere sich gradezu widersprechen und auch Kurt Sprengel in seinem Versuche einer pragmatischen Geschichte *) dieselbe verworren, oft unwahr vorträgt, so erlaube ich mir hier, eine durch scharfe kritische Vergleichung zusammengetragene Skizze seines Lebens zu liefern.

Philippus Theophrastus Bombastus von Hohenheim **) wurde im Jahre 1493 zu Maria Einsiedeln ***) einem Marktflecken 2 Meilen von Zürich im Kanton Schwyz geboren ****).

 Sein Vater war Wilhelm Bombast von Hohenheim, ein Edelmann aus dem Würtembergischen; dieser stammte aus der schwäbischen Familie der Bombaste ab, welche sich von dem adeligen Schloss Hohenheim (nachmals Esslinger Hof oder Meiler) nächst dem Dorfe Pfinningen bei Stuttgart Bombaste von Hohenheim nannte und war nahe verwandt mit dem Grossmeister des Johanniterritter-Ordens, George Bombast von Hohenheim. Wilhelm studirte fleissig die Medicin, und wurde dann Licentiatus medicinae und praktischer Arzt auf dem Lande.

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*) III. Theil 2. Auflage. Halle 1801. Seite 338. 350.
**) Er wurde auch zugenannt

Germanus Suevus Arpinas und

Helvetius Eremita
.
***) Eigentlich 1 Stunde von Einsiedeln. Das väterliche Haus stand an der über das tiefe Ufer der wilden Sil gebauten Teufelsbrücke. Dieses Haus wurde wegen seiner Baufälligkeit 1814 abgebrochen und ein neues aufgeführt.
****) Wegen Einsiedeln hiess er sich auch Eremita.

Desiderius Erasmusvon Rotterdam, welcher mit

Paracelsus
gleichzeitig zu Basel gelebt hatte, nannte ihn auch so.
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Er liess sich bei Maria Einsiedeln nieder, war sehr thätig und sammelte sich eine treffliche Bibliothek. Im Jahre 1492 verheirathete er sich zu Einsiedeln mit einer Unterthanin des Fürst-Abtes zu Maria-Einsiedeln, welche damals Aufseherin des Krankenhauses der dortigen Abtei war. Da dieselbe eine glebae adscripta und die vollzogene Heirath sonach eine sogenannte Missheirath war, so ist auch unser Paracelsus, das erstgeborene und einzige Kind, dem Kloster leibeigen gewesen. Von Maria-Einsiedeln zog er nach Villach, einer damals fürstbischöflich Bambergischen Stadt in Kärnthen und starb hier als angesehener Arzt und Bürger laut dem Zeugniss des Villacher Magistrats nach 32jährigem Aufenthalte im Jahre 1534. Dieser Angabe zu Folge kam der Vater des Paracelsus 1502 nach Villach. Paracelsus war bei seiner Versetzung nach Villach 9 Jahr, und es scheint die Meinung Anderer ungegründet, welche angeben, er sei schon vor oder im 3ten Jahre nach Villach gekommen und dort entmannt worden.

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*) Hier verdient erwähnt zu werden, dass

Theophrastus in seiner Kindheit zufällig oder geflissentlich soll entmannt worden sein. Wie jeder Vorfall in seinem Leben, so wurde auch dieser bald so, bald anders nacherzählt. – Helmont (1707 S. 22. Spalte 2.) sagt: trivium sus castraverat. – Erast (Erasti disp. de medicina Paracelsi P. I. p. 237.) erzählt: puero, cum in Carinthia anseres pasceret, a milite testes exsectos esse. – Matthaeus Quade (in Deutscher Nation Herrlichkeit) erzählt: Sein Vater habe ihn in der Jugend ausschneiden lassen und zum Studiren angehalten. – Die übrigen Schriftsteller haben den genannten nacherzählt. Ich lasse die Art und Weise der Entmannung dahingestellt sein, so viel ist aber gewiss, dass der Schädel, welchen ich im Jahre 1809, 1815–1817, 1822 und seit den letzt verflossenen 12 Jahren öfters untersucht, gesehen und jetzt vor mir habe (wie auch schon Hofrath Osiander 1817 geäussert hat) in seiner Formation nicht sowohl einem männlichen Kopfe, als vielmehr einem weiblichen gleiche. Auch stimme ich von Murr (S. 182) und Kurt Sprengel bei (S. 339 Note 67). Paracelsus hatte keinen Bart und hasste das weibliche Geschlecht. Wenn auch Herrmann Sunden (Leipzig 1703. Theil III. Seite 1006.) sagt, dass Paracelsus selbst von seinem Barte gesprochen habe, indem er sagte: „Ihr Herren Medici! Mein Bart hat mehr als eure Akademien gesehen!“ so ist mir dieses noch kein Beweis eines wirklichen Bartes. Auch ist es wahr, dass P. nirgends mit einem Barte abgebildet ist. Auch in dem Hause 365 in Salzburg, einem Eckhause der Linzer Gasse und zwar der St. Andreaskirche gegenüber, sieht man den

Paracelsus
kahlköpfig und bartlos in gelber Kleidung über den Fenstern des 3. Stockes in Lebensgrösse auf die Mauer gemalt.
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 In der zartesten Jugend schon unterrichtete ihn sein gelehrter Vater mit der grössten Sorgfalt in den Vorbereitungswissen-

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 Dieses Bild scheint mir eine Copie jenes Oelgemäldes zu sein, welches sich mit Handschriften des

Paracelsus in der Verlassenschaft des Kaufmann Ranftel vorfand. Dieses Gemälde besitzt jetzt der Professor der Anatomie Herr Dr. Aberle. Man sieht demselben das Alter an und es scheint mir darum sehr gelungen zu sein, weil die vordern Umrisse des Kopfes, die hohe gewölbte Stirne, mit dem Schädel des Paracelsus übereinstimmt, der hier nebst einigen andern seiner Knochen bei St. Sebastian in seinem Doppel-Monument, in der Mitte der röthlichweissen marmornen Pyramide, hinter einem metallenen mit Theophrasts Bildnisse bemalten Thürchen in einem eigenen Behältnisse aufbewahrt wird. Dieses auf das metallne Thürchen gemalte Bildniss zeigt ebenfalls keine Spur von einem Barte. Das diesem sehr ähnliche auf Holz gemalte Bildniss des Paracelsus, welches der wegen seiner Ausgrabungen römischer Alterthümer Juvaviens bekannte Joseph Rosenegger, Kunstgärtner und Gutsbesitzer am Birgelstein ausser der äussern Vorstadt Stein besitzt, ist mit der höchst sonderbaren Jahrzahl 1.4.91 bezeichnet (also zwei Jahre früher ehe er geboren wurde).

Paracelsus
hat hier ein schwarzes rundes Käppchen auf, hält eine aufgeblühte rothe Nelke in der Rechten und sitzt in einer Halle bei einem offenen Fenster, welches in einen Garten sieht. Das Gesicht hat hier sehr gutmüthige Züge, der Kopf ist sehr klein, die Nase länglich, etwas gebogen, der Mund klein, die Lippen aufgeworfen, das Kinn rund mit Grübchen. Die Augen dunkelbraun, nicht sehr gross, die Haare röthlich, aber auch hier keinen Bart. Links zur Seite des Kopfes ist sein Wappen, über demselben schlängelt sich ein weisses Band mit der Aufschrift: ,,Anno etatis sue 34.“ Rechts befindet sich zur Seite des Kopfes ein schwarzer Ochsenkopf. Eine auf Leinwand in Oel gemalte Copie besitzt der hiesige Factor Herr Mayer.
 Auch in den Holz- und Kupferstichen, in denen Theophrastus mehreremale abgebildet worden, ist keine Spur eines Bartes zu sehen. In dem sehr seltenen Buche: Icognes et Effgies Virorum Doctorum. Quotquot celebres fuerunt per Europam, Artificiosissime in aes incisae à Joh. Theodoro de Bry P. M. Francofurti anno 1645, ist er mit mürrischem Gesichte, kahlem Kopfe und bartlos abgebildet. Unter dem Bildnisse steht: Hic est cui magni mysteria cognita mundi. Et dare qui potuit de salis arte salem.
 Das Bildniss, welches sich in seinem lateinischen Buche Labyrinthus vorfindet und wo obenan steht: Alterius non sit, qui suus esse potest, trägt ebenfalls keinen Bart.

Suevius sagt (1568 S. 14.): effigies ostendit staturam proceram, faciem gravem cum fronte ampla, sincipite calvo, mediocri capillo. Die Copie hiervon, wo ausser jenem Spruche noch am Rande herab folgende Uebersetzung desselben steht:

eins andern knecht sol nimant sein der fver sich bleiben kan allein
, zeigt ebenfalls keinen Bart.
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schaften, später in der Alchymie, Wundarznei und in der Medicin. Er wurde ferner unterrichtet im Kloster zu St. An-

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Da ich eine ganz eigenthümliche, höchst seltene Abbildung

Theophrasts besitze, die man nur in ganz alten Kupferstichsammlungen finden dürfte, so will ich hier selbe zu Gunsten der Alterthumsforscher beschreiben. Die Abbildung ist in Gr. Quart. Jener oben angegebene lateinische Spruch steht oben als Randschrift und setzt sich rechts ebenfalls ganz am Rande mit folgenden Worten fort: omne donum perfectum a Deo, imperfectum a diabolo – Laus Deo, pax vivis, Requies aeterna sepultis. Am linken Rande steht die Uebersetzung: eines andern Knecht soll Niemand sein, der für sich bleiben kann allein – all gute Gaben sint von Got, des Teufels aber sein Spot –

Theophrastus Paracel
. —
 Ueber dem Kopfe steht folgende Aufschrift; Effgies ùera Aureoli philippi Theophrasti Paracelsi, nati anno 1493. Mortūs anno 1541. Warhaftige Contrafactur, dess weitberümten vnd Hocherfarnen Herrn Philippi Theophrasti, von Hohenhaim, beider Arzteney Doctorn, etc., seins alters. 47. Paracelsussteht an einer Mauer, ist kahlköpfig, sehr einfach gekleidet mit Koller, bartlos und hält in beiden Händen ein Schwert; mit der rechten hält er den „Geschraubt“ d. i. den grossen kugelartigen Degenknopf. An dem „Geschraubt“ steht das Wort „AZOTH.“ Mit der linken hält er die Mitte des Griffes des Schwertes. Vor seinem rechts sehenden Gesichte ist sein Wappen: Ein fünfeckiges Schild mit einem schiefen von der linken zur rechten gehenden Querbalken, auf welchem drei Kugeln und um welchen acht Kreuze angebracht sind. Zu beiden Seiten der Figur befindet sich ein Quadrat, worauf Verse geschrieben stehen. Rechts heisst es:
Aus seinen propheceiungen.
Der Doctor inn seim roten Hutt
einaugig flickt im selbs ein mutt
mit paternostern, güldn ringen
vnd andern narten stolczn Dingen
steckt im Labyrintschen strick
kann nit vor sich noch hintterück
Erstarret vber meinem waffn
Der siben stück, gleich einer affn,
Vn der geschraubt, meins schwertes knopf,
Zerbricht sein Hirn Vernunft vnd kopf.
Links heisst es:
Auf diese gegen wertige Zeit.
Nach meinem todt bei 20 iarn,
werdn befinden alt vn iunge klar
was gwesen sey all meine kunst.
Die iczund leidet aus Vngunst,
Die warheit geben wirts an tag
Was sie in ihr allzeit vermagk,
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drä im Laronthale in Kärnthen unter dem gelehrten Bischof von Lavant Eberhard, Namens Paumgartner. Hier wurde auch

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Zerreissen wirt falsch arczteney
Darzu all andre stymplerey.
Dweil man mein warhafte schriften,
Bfind von erd vnn himmelskreften.
Unter den Versen aus seinen Prophezeihungen befindet sich eine kleine halbrunde Nische, in welcher ein einäugiger Doctor, der mit lauter Schlingen von Stricken umwunden ist, sitzt und einen Rosenkranz in der Hand hält. Unter den Versen auf die gegenwärtige Zeit befindet sich ebenfalls so eine Nische, in welcher ein Gottesacker mit einem Kopf, der zur Erde heraussieht, zu erkennen ist, aus seinem Munde gehen die Worte: „Was ist das?“ weiter unten liegen vier Bücher und unter diesen das Monogramm „R̷ R osa R̷ “ Quer durch das Blatt läuft nun folgender Spruch: got sei lob, frid den menschen nv, den entschlafenen ein ewick rhv, amen. Unter dieser Schrift hat das Blatt drei Abtheilungen, in der ersten steht:
All' kunst vnd arczteney man find,
Beim Theophrasto so geschwind,
Als vor wol bey Dreitausent iarn,
Bey keinem menschen ward erfarn.
Als pestilencz, schlag, fallensucht,
Aussacz vnd Zipperlein verrucht,
Vnd andre krankheit mancher Art,
Hat er geheilt der Hochgelart, —
Der künsten irthum, misbrauchn all,
Endeckt er, nachlas vnd ganczn fall,
Aus seinen bey vierhundert schriften,
Lehrn Arczt, Theologi, Juristen.
In der zweiten Abtheilung:
Epitaphium
oder
Grabschrift.
Zu salczburg rhu ich one klag,
Vn schlaf bis an den jüngsten tag.
Da wirt Christus mein grab entdeck'n
Vn mich zu ewiger Freud erweck’n,
Philippvs Theophrastvs XXIIIl. septembris sepultus
Psalm 4,
Ich lieg vnd schlaf gancz mit frieden
Denn du allein Herr hilffest, das ich sicher wone
Unter dem Psalm ist ein Sarg abgebildet, worauf geschrieben steht 1541. 24. septembris etc. dann:
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ein fester Grund zur Theosophie gelegt, obschon er einen sehr geringen Schatz von Schulweisheit, wornach sein eminenter Geist wenig fragte, mitgenommen hat. Er studirte ferner unter dem berühmten Fridericus Spanhemius, S. Theol. Doctor, auch zu Sekau unter Bischof Mathias von Scheidt, und unter Bischof Mathias Schlach Suffragan zu Freisingen. Zur weitern Ausbildung schickte ihn sein Vater schon in seinem 16. Jahre auf die Universität zu Basel und später zu dem in der Alchymie sehr berühmten Iohannes Trithemius, damals Abt zu Sponheim, nachmals zu Würzburg. Seine entschiedene Vorliebe zur Alchymie führte ihn ins Laboratorium des reichen Siegmund von Fugger zu Schratz in Tyrol, wo er sehr viel

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ich weis das mein erlöser lebt vnd er wirt mich
hernach aus der erden aufferwecken, vnd werde
hernach mit diser meiner haut vmgeben erstehn
In der dritten Abtheilung stehn folgende Verse:
Was inn himmeln vnd erden ist,
Wust dieser Doctor zu aller frist,
Doch war er feint der schwarczen kunst
Die man in bzichtigt aus Vngunst.
Auch Phylosophistein hat gemacht,
Damit die menschen wider bracht
Vom todt, darzu die probn metall.
Hat er fein saubern können alle
Inn silber vnd inn rotes gollt
Wer wolt nun solchem nicht sein hollt.
Hat all sein gutt den Armen geben
Gott geb ihm iczt das ewig leben.
Unter diesen drei Abtheilungen von Versen stehen noch folgende mit der Aufschrift:
Hiob Geistliche arczteney bei gott. 14.
Der mensch vom weibe geborn lebt eine kurcze zeyt, vnd ist vol Vnruge, gehet auf wie eine blume vnd felt abe, er hat seine bestimmte zeit, die zal seiner monden stehet bey dir, du hast ein Ziel geseczt, das wir nicht vbergehen.
Psalm 39, c.
Aber Herr lehre mich, das ein Ende mit mir haben mus, vnd mein leben ein ziel hat vnd ich darvon mus
Roma 14.
Vnser keiner lebt im selber, vnd keiner stirbt im selber, leben wir, so leben wir dem Herrn, sterben wir, so sterben wir dem Herrn,
Darum, wir leben oder sterben, so sind wir dess Herrn. Seit getrost ich hab die welt vberwunden, Johan. 16.
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lernte. Paracelsus war fortwährend fleissig und studirte die Schriften verschiedener Naturforscher (vergl. Suden S. 998.) aufs Gründlichste.

 Schon in seinen Jünglingsjahren machte er weite Reisen, er soll Deutschland, Italien und Frankreich durchwandert und nach Art anderer Alchymisten seines Zeitalters das Erzgebirge, Schweden, selbst den Orient besucht haben. In seinem Fragmente de morbo Gallico sagt er: expellebant me ex Litvania, Borussia, Polonia, non placebam Belgis, non Universitatibus, non Monachis, non Judaeis.“ Ja er soll als Wundarzt die Feldzüge in den Niederlanden, in dem Venetianischen, Römischen, Neapolitanischen und im Dänischen mitgemacht haben. — Wenn er sogar behauptet, „er habe alle Winkel in Asien und Afrika durchkrochen,“ so lassen wir diess dahingestellt sein; so viel ist aber gewiss, dass er schon als Jüngling ein sehr unstätes Leben geführt und weite mehrjährige Reisen gemacht hat *). Nachdem nun Theophrast, theils als fahrender Schüler, theils als Alchymist, theils als Theosoph und Arzt zehn Jahre die Welt durchwandert hatte, kam er in seinem 32. Jahre nach Deutschland zurück und wurde hier wegen seiner vielfältigen glücklichen Heilungen, die er an Hohen und Niedern übte, berühmt.

 1525 lebte er schon einige Monate zu Basel **) und im Jahre 1526 nannte er sich in der Dedication seines 7. Buches de gradibus et compositione receptorum, utriusque medicinae

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*) Bicker in seinem Hermes redidivus schreibt (man sehe auch Sennert S. 35. Spalte 1. und S. 36. Spalte 1–2): Auf seinen Reisen hat er 1) die Alchymie, 2) die Astrologie, 3) die Kabbala, 4) die Magie, 5) mit der Chiromantie, 6) der Physiognomie, 7) die Nekromantie, 8) die Pyromantie, 9) mit der Geometrie, 10) dem Sortilegium , 11) der Krystallomantie und mit 12) andern Arten erlernt. Er habe 1) nicht nur Aerzte, sondern auch 2) Chirurgen, 3) Bader, 4) alte Weiber, 5) Schwarzkünstler, 6) Alchymisten, 7) Mönche, 8) edle und gemeine Leute um auserlesene Heilmittel und erprobte Arkane oder Geheimnisse befragt und die Zubereitungen derselben und ihre Erfolge in Heilungen beobachtet. Paracelsus sagt selbst, nachdem er über Medicin lange und viel gedacht habe, habe er sie für eine unwissende Kunst gehalten, verlassen und andere Geschäfte getrieben, zuletzt habe er aber doch die Medicin zu Händen genommen.
**)

Konrad Gessner und

Suevius
bestätigen es.
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doctorem et Physicum ordinarium Basiliensem. Diese Dedication schrieb er zu Basel 4. Idus Nov. 1526.

 Im Jahre 1527 wurde er vom Stadtrathe zu Basel zur Erklärung der Physik, Medicin und Chirurgie mit einem ansehnlichen Gehalt angestellt, das sagt er selbst in seinem Programma ad medicinae studiosos, Basileae Nonis Junii 1527. Die Vorrede seiner Archidoxa schrieb er Basileae 4. Idus nov. 1527.

 Es ist ausgemacht wahr, dass er diese Professur seines Ruhmes wegen erhalten hat und so eine Besoldung erhielt, dass Gessner (1545) sagt: erat amplo stipendio conductus; und dennoch konnte er hier als Professor nur kurze Zeit verweilen, Missgunst und Neid verfolgten ihn und der unglückliche Process gegen Cornelius von Lichtenfels machte, dass er sich heimlich von Basel entfernte. Nämlich der kranke Kanonikus oder Domherr Cornelius v. Lichtenfels versprach, da ihm kein Arzt mehr zu helfen wusste, für seine Heilung 100 Gulden. Paracelsus nahm sich seiner an, sicherte ihm Heilung zu und machte denselben auch wirklich mit 3 Pillen Laudanum gesund. Cornelius weigerte sich nun, da die Heilung so geschwind vor sich ging und der Arzt nur so wenig Arznei hierzu gebraucht hatte, sein Versprechen zu halten, und daher klagte Paracelsus gerichtlich wider ihn. Die Richter fällten ein sehr ungünstiges Urtheil mit dem Ausspruche, Cornelius habe nur den Betrag nach der gewöhnlichen Taxe zu bezahlen. Hierüber war Paracelsus empört und erzürnte sich so sehr, dass er beschimpfende Reden gegen den Magistrat oder gegen das Stadtgericht öffentlich ausstiess. Seine Freunde, aus Besorgniss, dass er deshalb eingezogen werde, riethen ihm, sich von Basel zu entfernen, und so flüchtete er sich in das Elsass.

 Im Jahre 1528 lebte er zu Kolmar. Hier schrieb er die Vorrede zu seiner Chirurgia magna am 11. Juni 1528 und am 8. Juli des nämlichen Jahres dedicirte er den 3. Theil besagter Chirurgie dem Konrad Wickram.

 Die Jahre 1529–30 verlebte er in Nürnberg.

 Im Jahre 1531 reiste er nach der Schweiz. Im März war er zu St. Gallen, wo er dem Ioachim Vadian am 15. März 1531 sein Buch Paramirum zueignete. Drei Jahre von 1532 bis 1534 hielt er sich theils in, theils um Zürich auf. Im

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Jahre 1535 besuchte er den dazumal schon sehr berühmten Badeort Pfeffers, wie dies aus seinem über dieses Bad geschriebenen Buche (1. Theil 116) hervorgeht. Von hier verfügte er sich 1536 über Müncherode nach Augsburg. In Müncherode dedicirte er den ersten Theil seiner Chirurgia magna dem römischen Könige und nachmaligen Kaiser Ferdinand I. Muncheradii 7. Maji 1536.

 Von Augsburg aus am 11. August im nämlichen Jahre, widmete er demselben Fürsten den 2. Theil besagter Chirurgie. Von hier aus wurde er nach Mährisch-Krumau zum alten podagrischen Siechlinge, dem Marschall von Böhmen Johann von Leippa, ihn zu heilen, berufen. Er traf den Marschall in einem sehr elenden Zustande an. Er konnte ihn nicht mehr retten und ging noch vor seinem Tode nach Wien und durch Ungarn nach Kärnthen.

 Im Jahre 1537 war er zu Villach. Hier überschickte er seine Bücher von der Natur der Dinge dem Johann Winkelsteiner *).

 Im Jahre 1538 lebte P. zu St. Veit in Kärnthen. Hier schrieb er seine Chronik Kärnthens und seine Vertheidigungsschriften. Hier war es auch, wo ihn der polnische Leibarzt Albert Baso auf seiner Rückreise aus Italien besuchte. Derselbe war Augenzeuge einer von Paracelsus schnell vollbrachten Heilung eines schweren Kranken. Von hier ging er

 1540 nach Mildelheim und ums Jahr

 1541 kam er nach Salzburg. Es ist höchst wahrscheinlich, dass Ernst, Pfalzgraf zu Rhein und Herzog in Baiern, als er im Jahre 1540 zur Regierung Salzburgs gelangte, ihn hierher berief **).

 Nach der traditio communis soll P. lange Zeit jenseits der Brücke im Eckhause der Linzergasse, welches dem „meister

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*) Vergl. Smetius S. 684.
**) Auch

Rixner und

Siber
(Leben und Lehrmeinungen berühmter Physiker am Ende des XVI. und im Anfange des XVII. Jahrhunderts 1. Heft. S. 103. Sulzbach 1819) haben diese Meinung; denn Herzog Ernst, dieser so wissenschaftlich gebildete Fürst, war nicht nur ein Verehrer und Beförderer der Mathematik, Astrologie, sondern auch ein grosser Meister der Mineralogie und suchte die Gelehrten auf. In der Chronik Salzburgs findet man jedoch nichts davon, dass Ernst als Freund und Gönner ihn zu sich rief.
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Andrä Wendl, Bürger und Balbirer,“ gehörte, gewohnt haben. Man sieht ihn noch jetzt an diesem Hause in gelber Kleidung abgebildet.

 Nach einem sehr kurzen Krankenlager starb aber P. am 24. September 1541, nachdem er den 21. des nämlichen Monates sein Testament gemacht hatte, in dem Wirthshause zum weissen Ross genannt, im Kay in einem kleinen Stübchen.

 Er verordnete in seinem Testamente, dass man ihn jenseits der Brücke auf den Kirchhof zu St. Sebastian begraben und ihn in der Pfarrkirche, wie gebräulich{sic}, am 1., 7., 30. besingen und bei allen 3 Besingungen jedem armen Menschen vor der Kirche, auf die Hand einen Pfenning geben und vertheilen lassen sollte.

 All sein Vermögen, welches in wenigen Fahrnissen und Kleidern, 16 Ducaten, an ungemünztem Golde 1 Mark 3 Loth, und an Silbergeräthe, Becher u. dgl. 11 Mark 10 Loth bestand, schenkte er den Armen.

 An Legaten vermachte er seinen Anverwandten zu Einsiedeln 10 fl., Meister Hansen dem Rappelbader 6 fl., dem Testamentsexecutor Georg Teysenberger, Hofprocurator, und Michael Setznagel 12 fl., endlich dem Anton Wendl, Bürger und Barbier in Salzburg, seine Bücher, nämlich die Bibel, eine Concordanz, die interpretationes Hieronymi super evangelia, ein gedrucktes und sieben geschriebene Arzneibücher und sonst allerlei andere Collectur, auch allerlei von Theophrastus selbst concipirte Schriften theologischen Inhalts, dann Salben und Arzneien *).

 Warum und auf welche Weise P. in das Wirthshaus zum weissen Rössel in das Kayviertel diesseits der Brücke gekommen sein mag, ist nicht recht bekannt, doch der Sage nach soll ihm von seinen Widersachern nach einem Gastgebote ein tödtlicher Schlag beigebracht worden sein und daher mag es sich gefügt haben, dass man denselben, da er nicht mehr nach Hause gehen konnte, in aller Eile in diese Herberge unterbrachte. Auch in dem Buche: Theophrastus redivivus Illu-


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*) Da dieses Testament sehr viele Eigenheiten hat und manchen Leser ansprechen dürfe, so lasse ich es wörtlich nebst dem Inventarium am Schlusse folgen.
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stratus etc. von El. Joh. Heissling. Hoffingen 1660. Hamburg 1663 in Quart S. 133. heisst es: „ Paracelsus war neben andern Doctoribus nebst seinen heimlichen Widersachern auf einem Gastgeboth gewesen, daselbst ward er von der Doctoren Diener und andern auf ihm bestellten sicariis ergriffen, von einer Höhe abgestürzet und ihm also der Hals gebrochen worden; denn auf keine andere Weise hat man ihm sonst beykommen können. Hatte also der selige Mann eines plötzlichen unversehenen und erbärmlichen Todes mit gesunden Herzen sterben müssen.“

 Diese Angabe, ungeachtet eines sehr voreiligen Widersachers *), erhält grossen Werth und erhebt sich beinahe zur Ge-

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*) Im Archiv für Geschichte, Staatenkunde, Lit. u. Kunst, 2. Jahrg. Wien 1830 S. 418–20 findet man folgende Stelle in dem Aufsatze: Bemerkungen über erhebliche Irrungen in Betreff einiger Lebensumstände, wie auch über bunte Fabeleien von verschiedenen Todesarten und Sterbeorten des Doct. Aur. Phil. Theophr. Bomb. von Hohenheim. gen. Paracelsus, zugenannt Germanus Suevus Arpinas und Helvetius Eremita. † zu Salzburg. Von Prof.

Kasp. Joh. Nep. Stephan, Custos der k. k. Lyceums-Bibliothek zu Salzburg. „Man sagt, der berühmte Anatom Dr. Soemmerring habe bei genauer Beschauung des (ihm von dem seither gestorbenen Dr. Weissenbach, Dir. und Prof. der med.-chir. Schule zu Salzburg geschickten) Schädels die Bemerkung gemacht, dass er wirklich am rechten Schlafbeine einen tödtlichen Spalt habe. (Vergl. Spaur.) Soemmerring liess den Schädel für sich in Gyps abdrucken. – Auch in dem Buche: Reise durch Baiern, Salzburg, Tyrol, die Schweiz und Würtemberg, von Dr. Stein, Prof. zu Berlin (Leipzig 1829 S. 112.) heisst es: ,,

Soemmerring
entdeckte am Schlaf eine Fissur als Spur eines gewaltsamen Todes. “ – In den Jahren 1793 bis 97 habe ich als Salzburger Seminarist oder Alumnus das Monument des Paracelsus im Vorplatze der St. Sebastianskirche oft gesehen. Aber erst 1816 sah ich mit dem Hr. Benedict Pillwein, nun k. k. Rechnungsofficialen zu Linz und mit Hrn. Jos. Kirchelöfer, Registranten zu Salzburg, auch den Schädel und einige andere Gebeine, welche im Monumente Theophrasts verschlossen waren und aufbewahrt wurden. Meinem Gedächtnisse misstrauend lasse ich, damals einen tödtlichen Spalt gesehen zu haben, dahin gestellt sein. Seit dem Brande 1818 ist der Schädel nicht mehr in dem doch unversehrt gebliebenen Monumente Theophrasts, sondern in dem nächst an der St. Sebastianskirche stehenden Bruderhause, einem Spitale für alte und gebrechliche Leute. Der Untermeister des Bruderhauses durfte besagten Schädel zu sich nehmen! Nun hat ihn die Witwe desselben! Im October 1829 liess ich ihn mir zeigen, um den fatalen Spalt am rechten Schlafbeine zu sehen. Aber den tödtlichen oder tödtenden Spalt sah ich mit keinem Auge. Was ich sah, sah und sehe
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wissheit, indem schon 1812 der geheime Rath S. Th. von Soemmerring bei der genauen Untersuchung von Paracelsus

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ich am rechten und linken Schlafe eines jeden Schädels. Was ich an dem besprochenen Schädel sah, war die gewöhnliche fissura sphenoidalis, oder die an jeglichem Schädel beiderseits vorkommende Spalte des Keilbeines. Da diese von Natur aus vorkommt, so kann man sie nicht als einen an dem Schädel erst verursachten Spalt erklären. Was ich sah, war und ist also nicht durch einen Schlag oder Sturz u. dgl. verursacht, sondern eine ganz natürliche Erscheinung an allen Schädeln. Genau wie die Spalte an dem besehenen Schädel ist die Abbildung der naturgemässen und darum allgemeinen fissura sphenoidalis oder der Spalte des Keilbeimes in

Loders anatomischen Tabellen, Tab. IV. Fig. 3. Zahl 19. Wenn an dem vom

Soemmerring
besehenen Schädel mehr als besagte fissura zu sehen war und ist, wenn am Schädel wirklich eine Verletzung vorkommt, so folgt daraus doch nicht eine gewaltthätige Todesart Theophrasts. Denn die Verletzung des Schädels kann ja gar wohl erst nachmals, nämlich von einem Stosse mittelst des Grabscheites bei dem Ausgraben der Gebeine Theophrasts 1752 entstanden sein. Ich bin nicht der Erste, welcher diese Möglichkeit ausspricht. Ich behaupte im Gegentheile die Wirklichkeit der erst 1752 geschehenen Beschädigung des Schädels bei der Ausgrabung desselben. Dass der Schädel nicht schon bei Lebzeiten Theophrasts die vorgebliche Spalte erhielt, dass Theophrast nicht den Hals gebrochen und die Hirnschale eingefallen hat, erhellet doch wohl aus den Worten seines vom Notarius Hanns Kalbssor aufgenommenen Testaments: „in mein und benannter Zeugen gegenburt (Gegenwart) ist persöhnlich erschienen Hr. Theophrastus von Hohenheim etc., wiewohl schwach leibs an einem Raisspetl (Reisebettchen) sitzendt, aber der vernunft, Sinnen und Gemüts ganz aufrichtig (mächtig), damit er ohn’ Testament und Ordnung seiner zeitlichen Güter von dieser welt nicht abschide, so hat derselb mit vernemblichen worten ganz freimüthig und aus rechtem Wissen, von niemand dahin bedrangt (gedrungen oder genöthigt) sein benennig (Benennung, Erklärung) wesentlich geschöfft (geschöpfet), von sich gegeben, und letzter willen dazumal bekendt, gethan und aufgericht, allen mass und form, wie hernach begriffen.“ Wer zwar körperlich schwach, aber bei voller Besinnung und im Besitze seiner Geisteskräfte ist, der ist nicht einmal durch einen betäubenden Schlag oder Sturz bewusstlos geworden; viel weniger noch hat er den Hals gebrochen! Das Gerede von einem tödtlichen oder tödtenden Spalte seiner Hirnschale an einem Schlafbeine und die Sage vom Halsbrechen sind, weil jener Hirnschalenspalt und dieses Halsbrechen niemals statt hatten, Ausgeburten phantasirender Gehirne und unmögliche Fabeleien. Denn Jemand, welcher den Hals gebrochen hat, kann unmöglich mit Geistesgegenwart und im vollen Besitze seiner Vernunft testiren, wie Paracelsus testirt hat. (Sein Testament steht in der Beschreibung der Stadt Salzburg von Lorenz Hübner 1792 I. Bd. Seite 336 bis 340). – somit ist psychologisch und phy-
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ausgezeichnetem Schädel einen Sprung wahrnahm, welcher durch den ganzen Schuppentheil des linken Schläfebeins bis an den

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siologisch klar, dass Paracelsus nicht auf besagte gewaltthätige Art umgekommen ist. Noch will ich eines Umstandes erwähnen. Wenn

Soemmerring am rechten Schlafe des Schädels einen tödtlichen Spalt bemerkte, welchen ich am hiesigen Schädel (wie gesagt) schlechterdings nicht auch bemerkte, weil der vorgebliche gewaltthätige Spalt am hiesigen Schädel gar nicht existirt; wenn er dagegen ein rundes etwa erbsengrosses Loch am linken Schlafe nicht bemerkte und davon, als von einer tödtlichen Verletzung nicht aussprach; so hat er durch das Bemerken jenes Spaltes und durch das Nichtbemerken dieses Loches in mir einen Zweifel an der Identität des ihm von Weissenbach geschickten und des nun hier befindlichen Schädels erregt. Der von W. am Soemmerring geschickte Schädel war also ein ganz anderer als der hiesige ist; und der hiesige ist mothwendig ein anderer, als der, welchen Soemmerring bekommen hatte. Ich sage nicht, dass Soemmerring den Original-Schädel behalten, und statt desselben einen andern nicht einmal gleichen Schädel untergeschoben habe. Ich sage auch nicht, dass Jemand, welchem Soemmerring etwa das Geschäft des Einpackens und des Zurückschickens aufgetragen haben mag, jenes falsum begangen habe. Ich glaube sogar, dass der Original-Schädel wirklich nach Salzburg zurückgekommen ist. Dessen ungeachtet ist Theophrasts Schädel nicht der, welcher bei den Meisten noch dafür gilt! Der verstorbene Dr.

Weissenbach
war so gefällig, den Originalschädel auch Andern anzuvertrauen. Er war aber auch bei der Wiedererlangung desselben nicht zweifelsüchtig, und hegte gegen Andere kein Misstrauen, dass er den Schädel genau besehen hätte, um sich von der Identität und vom Nicht-Austausche zu überzeugen. Dazu war er aber auch zerstreut, so, dass er vielleicht den Namen dieses oder jenes Schädel-Ausbitters gänzlich vergessen und die Einforderung unterlassen hätte, wenn er nicht von Jemanden absichtlich oder zufällig an den Schädel erinnert worden wäre. So haben wir also zu Salzburg Theophrasts Schädel und haben ihn dennoch nicht. Der hiesige Schädel Theophrast's ist demnach das Ding, das nicht ist! Die Sache ist nicht mehr räthselhaft, denn das Räthsel ist gelöset!“
 Allerdings ist es wahr, dass der geheime Rath S. Th. vom

Soemmerring den ganzen Schädel Theophrasts im Jahre 1812 nach München zur näheren Untersuchung und Abformung erhielt, aber der nun verstorbene Prof. Stephan erzählt uns hier eine derbe Lüge und verunglimpft gleichzeitig die Ehre des Herrn Prof. Weissenbach, der von dieser ganzen Sache nicht eine Sylbe wusste. Der geistliche Herr, welcher die erheblichen Irrungen über Theophrastus Todesart berichtigen wollte, hat nur mit neuen bunten Fabeleien die ohnehin so verworrene Lebens- und Sterbensgeschichte noch mehr zierlich verwirret. Hier den Beweis durch ein Handbillet des Med. et Chir. Doctor u. k. k. Professor der Anatomie Herrn

Aberle
.
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Schädelgrund dringt und welcher jetzt durch das so ofte Hin- und Herwerfen vergrössert, ebenso wie früher von jedem Laien

__________

{{FootnoteText|„Prof. Doctor Aberle erhielt im Jahre 1812 Paracelsus Schädel von der damaligen königl. bairischen Administration der Wohlthätigkeitsanstalten, um denselben, dem geschehenen Ansuchen gemäss, dem Geh-R. Hrn. S. Th. v. Soemmerring nach München zur nähern Untersuchung und Abformung zu übersenden. Nachdem dieses geschehen war, folgte ganz derselbe Schädel und die dazu gehörige unganze Unterkiefer wieder an Dr. Aberle zurück, welcher ihn sodann besagter Administrations-Behörde zur Aufbewahrung übergab. Und der noch vorhandene Schädel (oder eigentlich gesprochen das Schädelgewölbe mit einigen Ueberresten des Schädelgrundes) ist genau derselbe, den vor 23 Jahren der Geh. Rath Herr von Soemmerring zur Untersuchung erhalten hatte.

 Salzburg, den 24. Mai 1836.
Dr. Aberle, m. p.
 Höchst sonderbar, wenn der gelehrte Custos, der den Schädel gar so genau will besehen haben, keinen Sprung vor wenig Zeiten vorfand, auf einmal aber von einer bei der Ausgrabung geschehenen Beschädigung desselben nicht nur spricht, sondern sogar die Wirklichkeit behauptet. – Mit welcher scharfen Aufmerksamkeit der Prof. Stephan den Schädel mag betrachtet haben, geht daraus auch hervor, dass er den Sprung, oder vielmehr die Spalte an dem rechten Schlafbeine suchte, da sie sich doch am linken befand.
 Höchst lächerlich versteigt sich hier der Theolog auf hohen mit Gelehrsamkeit angestrichenen Stelzen in die Anatomie und med.- gerichtliche Casuistik; und stellt sich dem gelehrten

Soemmerring gegenüber. Das von Kalbsor aufgenommene Testament beweist durchaus nichts anderes, als dass Theophrastus, zur Zeit als er testirte, bei vollem Bewusstsein war. Hätte Prof. Stephan als Regiments-Caplan nur einen blutigen Feldzug mitgemacht, er würde sich überzeugt haben, wie oft es vorkommt, dass mit bedeutender Kopfverletzung Behaftete, richtig mit vollem Bewusstsein testiren und nach einigen Tagen doch sterben. Auch sagt

Sennert
(S. 48): „Paracelsi mors. Diu ante mortem convulsus contractusque vixit.“ Dies deutet, wenn auch unbestimmt, doch auf eine Gehirnverletzung.
 Da

Soemmerring, Weissenbach und Stephan schon gestorben sind und sich mit den Todten nicht hadern lässt, so will ich nur zur Steuer der Wahrheit angeben, dass alle Gipsabgüsse, die ich gesehen habe, mit jenem vollkommen übereinstimmen, welchen Soemmerring gleichzeitig mit Theophrastus Schädel dem Prof. Hr. Dr. Aperle zuzückgesendet. Auch bezeuge ich, dass ich von 1809 bis jetzt keinen andern Schädel als jenen der in der Pyramide zu St. Sebastian aufbewahrt wird, gesehen habe. Wir haben also zu Salzburg

Theophrasts
Schädel, der hiesige Schädel ist nicht mehr räthselhaft; denn die bunte Fabel ist durch die nackte Wahrheit gelöst. —
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wahrzunehmen ist. v. S. hält diesen Spalt für eine nur bei lebendigem Kopfe mögliche Verletzung, indem sich auf diese Art wohl nicht die Knochen eines dürren trockenen Schädels von einander begeben können.

Theophrasts Leiche wurde in die Mitte des Freithofes begraben und ihm ein äusserst ehrenvolles Monument, eine viereckige rothmarmorne Platte (welche wohl nur der Landesherr verfertigen liess) auf sein Grab gelegt, welche lapidarisch folgende Grabschrift trägt:

conditur hic philippus
theophrastus insignis
medicine doctor, qui
dira illa vulnena lepram
podagram, hydroposim
aliaq
(ue) insanabilia cor-
poris contagia mirifca
arte sustulit ac bona
sua in pauperes distri-
buenda collocandaq
(ue)
honeravit. anno md
xxxxi die xxiiii septe
mbris vitam cum morte
mutauit
.

Unter dieser Schrift ist Theophrasts Wappen, ein silberner mit 3 schwarzen Kugeln der Länge nach besetzter Querbalken, unter demselben steht:

pax, vivis, requies aeterna sepultis.

 Im Jahre 1597 als Erzbischof Wolf Dietrich in der Mitte des Freithofes eine runde, die sogenannte Gabriels-Kapelle erbauen liess, soll dieser Denkstein sammt den körperichen Ueberresten Theophrasts, an die Kirchhofmauer, zunächst der Kirche, bei dem Altare des St. Sebastian selbst versetzt worden sein.

 Im Jahre 1752 wurde ihm erst jenes Monument errichtet, welches sich an der Wand des Vorplatzes der an die St. Sebastianskirche gebauten Kapelle des h. Philippus Nerius befindet. Zwischen dieser Kapelle und jener Wand, an die

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das Monument befestiget ist, befindet sich die Treppe, welche den Freithof mit der St. Sebastianskirche verbindet.

 Dieses Monument ist eine stumpfe, von weissröthlichem Marmor verfertigte Pyramide, zu der jener ursprüngliche Grabstein von rothem Marmor als Piedestal verwendet wurde. In der Mitte der Pyramide ist hinter einem metallnen Thürchen, auf welchem Theophrasts Bildniss gemalt ist, ein eigener Raum, in welchem die aus dem Grabe im Freithofe erhobenen Gebeine beigesetzt wurden und hier immer noch gewissenhaft verwahrt werden. Ueber dem Bildnisse steht folgende, theils lapidarisch, theils mit Cursivbuchstaben geschriebene Aufschrift:

PHILIPPI
THEOPHRASTI
PARACELSI.
qui
tantam orbis Famam
ex Auro chymico
ADEPTUS
est
effgies et ossa
donec rursus circumdabitur pelle sua. Jac. C. 19.

Unter dem Bildnisse steht:

sub reparione ecclesiae
mdcclii
ex sepulchrali tabe eruta
heic locata sunt
.

Ich verfolge nun meinen Zweck weiter und gehe zur Beschreibung der eigentlichen Reliquien, der Gebeine, namentlich seines Schädels selbst über. Da derselbe schon 211 Jahre in der sehr feuchten Erde des St. Sebastians-Freithofes moderte, so ist leicht zu erachten, dass derselbe nicht mehr ganz ist. Es ist nur das Schädelgewölbe (Fornix cranii) mit einigen Ueberresten des Schädelgrundes und dem ebenfalls unganzen Unterkiefer noch vorhanden. Auch durch das seit 83 Jahren so vielfältige Herumzeigen, Hin- und Herwerfen und Abformen hat er hier und da so gelitten, dass manche morsche Theile abgebrochen sind, jedoch bei dem grossen so zerstörenden Brande 1817, welcher die ganze Kirche zu St. Sebastian und den Kirchhof ein-

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äscherte, hat weder das Denkmal noch der Schädel etwas gelitten.

Theophrasts Schädel ist von eigenthümlicher Form, sehr klein, fast rund, alle seine Theile sind so zu sagen sehr zusammengedrängt. Die Stirne sehr hervorspringend und stark gewölbt, die Seitenwandbeine wölben sich hingegen nicht besonders stark hervor, das Hinterhaupt ist über dem Hügel mehr als gewöhnlich abgeflacht, und unter demselben geht es fast horizontal zur Schädelbasis. Man hat daher gar nicht unrecht, wenn man ihm Aehnlichkeit mit einem weiblichen Schädel zuschreibt.

 Die Augenhöhlentheile sind bis auf die ebenfalls unvollkommnen obern stark gekrümmten Augenhöhlenränder zerstört.

 Der Schuppentheil des rechten Schlafbeins ist vermodert, nur der Jochfortsatz (aber auch dieser ist halb verwittert und abgebrochen) ist noch vorhanden.

 Am linken Schuppentheile befindet sich die 4‴ breite klaffende Spalte, welche bis in den Felsentheil hinabgeht. Hier ist auch zum Theil die Schuppennaht abgetrennt. Diese Spalte halte ich mit Soemmerring für eine bei Lebzeiten erhaltene absolut tödtliche Verletzung, denn nach dem Tode geben sich, auch bei noch so künstlicher Verletzung, die Knochen nicht so von einander und am allerwenigsten kann man so eine partielle Trennung der Schuppennaht von dem Scheitelbeine, wie hier sich vorfindet, bewerkstelligen. Drei und eine halbe Linie oberhalb dieser Naht nach vorwärts am Rande des Stirnbeins befindet sich ein erbsengrosses Loch.

 An dem Hinterhauptsbeine fehlt das Grundstück und die Gelenkstücke, es ist daher das Hinterhauptsloch nicht einmal zu sehen. Vom Keilbeine, vom Siebbeine, so wie von dem Oberkiefer und den übrigen Beinen ist keine Spur mehr vorhanden.

 Die Nähte der Hirnschale tragen hier und da schon Spuren der Verknöcherung und die so gewöhnlichen Naht- oder Wormischen Knochen vermisst man ganz. Die innere Fläche des Schädelgewölbes bietet sehr tiefe fingerförmige Eindrücke dar und sehr viele kleine tiefe Furchen, worinnen die Schlagadern liefen. Die zwei untern Gruben im Hinterhauptsstücke, welche das kleine Gehirn aufnehmen, sind sehr flach und fast ohne

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Eindrücke. Die Dicke der Schädelknochen bietet keine Besonderheiten dar, und überschreitet weder am Stirn – noch am Hinterhauptsbeine den Durchmesser von 3½‴ W. Mass.

 Der Schädel des Theophrast bestätigt den Ausspruch, dass so wie es grosse Verschiedenheiten in der Physiognomie giebt und nicht immer das Gesicht das Bild der Seele malt, so auch Gehirngehäuse und Gehirne gefunden werden, welche nicht den Geist verrathen, den Gott mit hoher Weisheit hineingeschaffen hat. Wenn wir die geistigen Aeusserungen nicht an die Gesammtheit des Nervensystemes knüpfen, sondern wie Gall den Umfang des Gehirns als Massstab für die geistigen Facultäten betrachten, so sollen Köpfe von 18 bis 18½ Zoll Umfang nur sehr mittelmässige Geisteskräfte zeigen. Der horizontale Umfang des Schädels des Theophrastus misst nur 18″ W. M. und man sollte daher glauben, es hätte ein dummer Geist in dieser kleinen Schale des Denkens gewohnt. Allein Theophrastus Geist war gross, weitumfassend und, wie ich schon sagte, die Betrachtung dieses kleinen Schädels führt neuerdings zu dem Schlusse, dass nicht immer von der Ausdehnung, dem Umfange, der Grösse des Gehirns auf die verschiedenen Grade der geistigen Entwickelung geschlossen werden kann, sondern dass sehr viel, ja noch viel mehr auf den zweckmässigen vollkommneren innern Bau muss Rücksicht genommen werden; von diesem mehr oder weniger Vollkommensein des Gehirnes hängt das mehr oder weniger Hervortreten der Facultäten, kurz das, was den Menschen zum Menschen macht, ab.

 Um den Leser in den Stand zu setzen, sich selbst mit dem Griffel in der Hand die Umrisse des Schädelgewölbes des Theophrastus entwerfen und darnach richtiger urtheilen zu können, liefere ich hier die Haupt-Dimensionen desselben.

 Der horizontale Umfang des Hirnschalengewölbes oder des Schädels, so wie man ihn zu messen pflegt, beträgt nicht mehr als 18″ Wiener Maas.

 Der Bogen, von der Nasenwurzel an gerechnet bis zum Hinterhauptsloche (welches man sich aber, da dasselbe weggebrochen ist, durch Ziehung einer Querlinie, welche von dem Anfange eines Warzeneinschnittes bis zum gegenüberstehenden andern geht, versinnlichen muss), beträgt 14″ W. M.

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 Der Längendurchmesser, d. i. von der Glabella bis zur Protub. occipit. beträgt 5″ 9‴ W. M.

 Der Längendurchmesser aber oberhalb der Glabella bei den Stirnhügeln bis zur Protub. occipit. genommen beträgt 6″ W. M.

 Von einem äussern Gehörgange im Bogen quer über den Scheitel bis zum andern gemessen beträgt 13″ 6‴ W. M.

 Der Querdurchmesser, von einer Erhabenheit des Seitenwandbeins zum andern, beträgt nur 5″ W. M.

 Der Querdurchmesser von einem gewölbten Theile des Schuppentheils des Schlafbeins zum andern 5″ 3‴ W. M.

 Von einem äussern knöchernen Gehörgange im geraden Durchmesser zum andern 4″ W. M.

 Der grade Durchmesser von einem Jochfortsatze des Schläfenbeins zum andern gezogen, giebt 4″ 5‴ W. M.

 Von der Mitte der Schuppennaht bis zur Pfeilnaht im Bogen hinauf gemessen, beträgt 4″ 5‴ W. M.

 Die Höhe des Schädels beträgt, da der Processus basilaris abgebrochen ist, von der Spitze des Felsentheils des Schlafbeins bis zum Scheitel in perpendiculärer Linie gemessen, nur 4″ 6‴ W. M.

 Von dem vordern Stirnrande bis zum höchsten Punkte des Schädels beträgt die Entfernung 6″ 4‴ W. M.

 Die Höhe des Stirnbeines von dem Nasenrande bis zur Kronennaht gemessen beträgt im Bogen 5″ W. M.

 Die Breite des Stirnbeins quer über die Stirnhügel gemessen 5″ 9‴ W. M.

 Die Breite von einem Jochfortsatze des Stirnbeins zum andern 4″ W. M.

 Von einem obern Augenhöhlenloche bis zum andern 1″ 10‴

 Die geöffneten Stirnhöhlen sind 9‴ breit, 8‴ hoch.

 Die Dicke des Stirnbeins beträgt an den Stirnhügeln 3‴ W. M.

 Die Pfeilnaht ist lang 4″ 9‴ W. M.

 Von der Tuberosität des Hinterhauptes bis zu seiner Spitze, oder bis zum Winkel der Lambda-Naht beträgt die Entfernung nur 2″ 6‴

 Die Länge des Hinterhauptbeins, d. i. vom Hinterhauptsloche bis zur Spitze dieses Knochens, beträgt ungefähr 3″ 3‴ W. M.

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 Der Querdurchmesser von einem Zitzenfortsatze zum annern{sic} misst 4″ 3‴ W. M.

 Von der Mitte des Hinterhaupthügels bis zu jedem Zitzenfortsatze 2″ 7‴ W. M,

 Ueber die Stellung der Augenhöhlenaxen lässt sich nichts mit Gewissheit sagen, indem die Augenhöhlentheile sehr unvollkommen vorhanden sind. Von der Stellung der Jochbögen lässt sich ebenfalls nicht viel sagen, da nur der rechte Jochfortsatz noch vollkommen vorhanden ist, doch hiernach zu urtheilen, muss der obere Theil des Gesichtes breit gewesen und ein kräftiges Aussehen gehabt haben. Vom Camperschen und Spixischen Gesichtswinkel kann ich nichts aussprechen, zieht man aber zwei sich in der Mitte des Gehörganges kreuzende Linien, so fallen ⅔ des Maasses nach Vorne.

 Obschon es sicher ist, dass die anatomischen und physiologischen Kenntnisse über das Gehirn bei weitem noch nicht den Gipfel der Vollkommenheit erreicht haben und die Phrenologie sehr viele Blössen und Mängel zeigt, so will ich doch hier in ihrem Sinne versuchen den Schädel Theophrasts zu analysiren und zu würdigen mit der Hoffnung, dass die Freunde der Craniologie Interesse daran finden werden.

 Obschon der Schädel des Theophrastus sehr klein ist, so bietet er in Bezug auf die geistigen und moralischen Facultäten, Stoff genug zur Betrachtung dar.

 Die Stirne ist ganz eigenthümlich geformt, sehr hoch und wölbt sich mächtig über die Augenhöhlen heraus. Man darf jedoch bei dieser, so wie bei allen übrigen Betrachtungen der Sinne und der Organe nicht aus dem Auge lassen, dass wir es mit einem sehr kleinen Schädel zu thun haben und daher auch die einzelnen Partien desselben mit diesem Masse im Einklange stehen, und ungeachtet dessen fand ich bei meiner vor einigen Tagen in den hiesigen Beinhäusern bei achtzig Schädeln gemachten Vergleichung, dass keiner eine so hervorspringende Stirne hatte; sie übersteigt den gewöhnlichen Grad der Entwickelung, ja ich stehe nicht an zu sagen, dass hier der Scharfsinn, der Tiefsinn und der Witz gleichsam in einen Kugelabschnitt zusammengeflossen sind, es lassen sich hier keine Gränzen der einzelnen Sinne bestimmnn. Dass Theophrastus im hohen Masse geistige Anlagen hatte und diese sich im Le-

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ben zur höchsten Blüthe der That entwickelten, beweisen seine gehaltvollen geistreichen Schriften. Er war schon von der Natur aus berufen ein Lehrer zu sein!

 Eben so interessant und anziehend für den ruhig betrachtenden Craniologen ist das sehr hervorspringende Organ für Reliosität{sic}. Auch auf den von ihm vorhandenen Abbildungen findet man, dass der kahle Kopf gegen den Scheitel zu eine starke Erhöhung zeigt. Ja mir scheint es, als wenn dieses Organ all' die übrigen dominirt und seinem Leben eine eigene Richtung gegeben hätte. In allen seinen Werken findet man einen hohen religiösen Sinn eingewebt, ja er beschäftigte sich selbst mit theologischen Aufsätzen und sein liebstes Buch war ihm die Bibel, er nannte es auch das Buch aller Bücher. Er hielt nicht viel auf strenge Gebräuche, desto mehr aber auf reine Moral, sein religiöser Hang ging so weit, dass er selbst Luthern tadelte, er habe zu viel Kirchengebräuche beibehalten.

Das Organ der Gutmüthigkeit ist sehr kenntlich ausgedrückt und Theophrastus war auch im Leben ein sehr gutmüthiger Mensch, obschon man ihn nicht geradezu unter die philanthropischen Personen rechnen kann, so wie er auch in seinen spätern Jahren dem Laster des Trunkes ergeben war; wir finden es ja aber noch täglich, dass oft die besten Menschen dem Trunke sich mit Leidenschaft ergeben.

Das Organ der Festigkeit ist sehr gering entwickelt und ich glaube, dass Theophrastus nicht sehr beharrlich war.

 Der mittlere vordere untere Theil der Stirne, kurz der Ort unter dem Organe des Scharfsinnes, wo sich der Sachsinn abdrückt, ist bei drei Linien eingedrückt. Man sieht auch bei Theophrastus, dass er nicht leicht fremdes Eigenthum annahm, sondern nur seinen eigenen Ideen folgte und obschon er in seiner Jugend die Schriften verschiedener Naturforscher benutzte, so hielt er doch in den spätern Jahren nicht viel auf Lesen, ja er hatte gegen alles Bücherlesen selbst einen Widerwillen.

Der Orts- oder Raumsinn ist hingegen, unbeschadet der Stirnhöhlen, sehr kenntlich entwickelt. Dass der Ortssinn bei Theophrastus sehr thätig war, stimmt vollkommen mit seinem so grossen Hange zum herumwandernden Leben

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und seiner Lust fremde Länder zu besuchen, wie dies seine schon in seiner frühen Jugend gemachten grossen Reisen durch Deutschland, Italien, Frankreich und Spanien beweisen, vollkommen überein.

Das Organ des Muthes, welches am hintern untern Winkel des Seitenwandbeins liegt, ist in sehr hohem Grade entwickelt, und entstand vielleicht, um mit Gall zu reden, aus dem Mangel an physischer Liebe, seiner Abneigung gegen die Frauen. Theophrast bewies stets viel Muth und musste auch muthvoll gegen seine Widersacher auftreten.

Das Organ der Freundschaft ist in eben so hohem Grade entwickelt und stimmt mit dem Organe der Gutmüthig keit überein.

 Ich komme nun zum Organ des Geschlechtstriebes. Der Hinterhauptshügel ist spitz und die Entfernung von ihm bis zum Zitzenfortsatz beträgt nur 2″ 7″. Obschon die untern Gruben, welche das kleine Gehirn aufnehmen, nicht ganz vollständig mehr vorhanden sind, so mangeln doch nur sehr kleine Theile und Niemand kann die grosse Flachheit derselben verkennen. Theophrasts Geschlechtstrieb war auch gänzlich zurückgedrängt, nie zeigte er eine Neigung zum schönen Geschlechte, ja er hasste es sogar. Dieses Zurückgedrängtsein des Organs des Geschlechtstriebes liefert auch einen bündigen Beweis der Gewissheit seiner Entmannung, so wie selbe sicher den meisten Antheil an der so zarten Bildung seines Knochensystems hat.

 An dem ebenfalls im Denkmale aufbewahrten Unterkiefer fehlt der rechte Gelenk- und Kronenfortsatz und man erkennt an demselben, dass Theophrastus nicht nur sehr kleine Zähne hatte, sondern dass alle Backenzähne bis auf die zwei hintern der rechten Seite bei seinem Tode schon fehlten.

 Ferner findet sich noch vor: 1) das ganze linke Hüftbein; 2) das rechte ungenannte Bein nebst Sitzbein; 3) das erste Kreuzwirbelbein; 4) der obere Drittheil des rechten Schenkelbeins; 6) die untern Drittheile beider Schenkelbeine; 6) die obere Hälfte des rechten Schienbeins.

Salzburg, den 3. November 1835.

Dr. Werneck.
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Testamentum Theophrasti.

In Gottes Namen. Amen. Kundt, wissen, vnnd offenbar sey allen vnd jeden, die dis gegenbürtig offen Instrument ansehen, lesen, oder hören verlesen, das nach Christi vnsers Lieben Herrn geburdt, Tausendt, Fünffhundert, im Ain vnd viertzigisten Jar, der vierzehnden Indiction, an sanct Mattheus tag, des heiligen zwölffpotens, den Ain vnd zwantzigsten des Monats Septembris, Mittagszeit, Als regieret der aller heiligst in Gott vatter vnd herr, herr Paulus auss Göttlicher Fürsehung der dritt Bapst, des namens, im sibenden iar, in mein offen Notary, vnd hernach benenten Zeugen, darzu sonderlich erfordert vnd erpetten, gegenburt ist persönlich erschinen der Würdig Hochgelehrt herr Theophrastus von Hochenhaim, der Freien Künst vnd Artzney Doctor, wie wol schwachs leibs, an ainem Raisspetl sitzendt, aber der vernunfft, Sinnen, vnd Gemüthts gantz auffrichtig, Damit er dann ohn Testament vnd Ordnung seiner zeitlichen Güter von diser welt nicht abschide, So hat derselb Doctor Dheophrastus mit vernemblichen worten gantz freymütig, vnd auss rechtem wissen, von niemands dahin bedrangt sein benennig wesentlich geschefft vnd letsten willen dazumahl bekendt, gethan vnd auffgericht, aller mass vnd form, wie hernach begriffen. Von Erst beuilcht er sein Leben, Sterben, vnd arme Seel, in schutz vnd schirm Gottes Allmechtigen, verzweifflicher hoffnung dem Ewig Barmherzig Gott, werde das bitter Leiden, Marter und Sterben seines Aingebornen Sohns vnsers Hailigmachers Jesu Christi, an jene armseligen Menschen nicht lassen vnfruchtbar noch verlorn sein, dann sein Begrebnuss hat ihme gedachter Doctor allhie zu sanct Sebastian enthalb der Prücken ausserweldt, Man soll jhne auch in der Pfarrkirchen, wie alt breuchig mit Ersten, Sibent, vnnd Dreissigsten besingen, vnd zu allen Dreyen Besingnussen, ainem jeden armen Menschen vor der Kirchen, auff die Hand einen Pfennig geben, vnnd verthailen lassen. Zum andern, Maister Hansen Rappelbader Allhie hat er Sechs Gulden verordnet.

Zum driten, maister Andreen Wendl auch Burger vnd Bal– bierer zu Salzburg, hat Er durchaus alle seine Ertznei vnd Kunstbücher, dessgleichen die Stichpflaster vnnd anders was dann die Ertzney vngeferlich gebühret, vnnd zu Zeit seines absterbens in seiner gewaltsam gefunden vnd verhanden sein wirdet, geornet vnnd verschafft, damit zehandeln, zethun vnnd zelassen, als mit seinem freyledigen Gut.

Zum vierdten, Seinen nägstgesipten Freunden, so zu den Ainsidln in Schweitz wohnhafft sein sollen, Legiert vnd verordnet Zehen gulden in Münz, doch wo sie in Jarsfrist nach verkündigung seines absterbens, vnnd solches Legats, dasselbig nit ersuchen wurden, So ist sein Testamentmachers befelch

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vnnd mainung, das es nachfolgendt vnter Arm Leuth ausgethailt werde.

Zum fünfften, Sonst zu vnnd in allen andern seinen nachgelassen haab vnd Gütern, Instituirt, setzt vnnd benennt Er in gemein zu seinen Erben, Arm, Elend, dürftig Leuth, die dan kain Pfründt noch andere Fürsehung haben, denen vnnd vnter dieselben sollen nachbenannt seine Testimentary solch vberbleibends haab vnnd gut, ihrer gwissen vnnd gutbedunken nach treulichen verspenden vnnd austheilen, Auch darinnen weder gonst noch vngonst, Sonder allein die notturft vnd gebrechen derselbigen Armen Perschonen ansehen, Mann soll auch von solchen Güttern die Schulden, wo er ainiche verlassen wurden, bezalen vnd abrichten. Damit denn gegenbürtig sein Testament, wenn vorgemelter Testirer, nach willen Gottes Allmechtigen seinen Tag beschlossen, zu entlicher vollziehung gebracht, verricht, vnnd würklichen Exequiert werde, So hat er dazumahl zu seinen Testamentarien vnnd geschefftherrn erbetten, gesetzt, vnnd fürgenommen den Wohlgelehrten, Achtbaren, vnnd fürnemmen maister George Teyssenberger geschwornen Hofprocuratorn, vnnd Mchaeln Setznagl Burger zu Salzburg, welche den haid zugegen gewesen, auff anzogens des Testirers bettlich anlangen, solche bürde vnnd testamentliche Execution, willig an vnnd auff sich genommen haben, Denselben Testamentarien sament vnnd besonder, hat mehr genannten Testirer vollmechtigen gewalt vnd macht geben, thut das auch hie mit wissentlich in Krafft diss offnen Instruments, sich nach seinem todt aller seiner verlassner güter, aigen gwalts zu vnterfachen, in verwahrnuss zu bringen, auch alles vnd jedes nach vermög diss gegenbürtigen testaments, dauon zevolziehen, daneben anders zehandeln, zethun, vnnd zelassen, was den Testamentarien, von rechts wegen oder guten Gebrauch nach in solchen Fall zuverrichten zusteht vnnd gebürt, wie dan sein hochvertrawen zu ihn stet. Sie wissen vnd werden darinnen das best bedenken, handlen vnd fürnemen, Ordnet und schafft darauf ainem jeden derselben seiner Testamentary, für sein mühe, fleiss vnndarbeit Zwelff gulden in Münz, Das alles vnd jedes ist mehrgedachten. Theophrastus Testament vnnd gescheftsordnung gewesen, auch willen, das es dermassen, oder doch wie ein Codicill, glaubsbevelch, oder aber legatum ad pias causas soll bestand vnd fürgang haben, auff weg ynnd formats wären all nottürsftig Punct vnd Clausulen zu disem villeicht von recht not vnd dinstlich hirinnen lauter aussgedruckt vnnd ermeldet, Bathe darauff mit aignem Mund nachbenennt Leuth vorbegriffner aller vnnd jeder eingedenk vnd zeugen zeseyn, daneben mich offnen Notarj mit ersuchung meines ampts angelangt, ihm seine Testementarien vnd andern wen dises bedrifft, aber vorbeschriebene, ains oder mer offen

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Instrument zemachen vnd zegeben. Beschehen zu Salzburg in der behausung vnd Wirtshaus zum weissen Ross genannt, im Chay gelegen, vnd im klainen Stübel daselbsz, darin dieser zeitdiebernannter Testamentmacher beherbergt gewesen, An Jar, Indiction, Tag, Stund, Monat, vnnd Babstum, wie oben begriffen.

Vnnd sindt dabey gewesen, der Edel vest Melchior Späch Stattrikter zum Hällein, auch die Erbern beschaiden Andree Setznagl, Hans Mülberger, Ruprecht Strobl, Sebastian Gross, zu offt bemelten Salzburg vnd Steffan Waginger zu Reichenhal Burgern, vnd Claus Frachmair, diser Zeit des Gestirers diener, Zeugen zuvor bemelten sachen sonderlich erfordert vnnd erbetten.

Vnnd wann ich Hans Kalbssor ain beheyrather Clerick Salzburger Bistumbs, aus Kyserlichem gwalt offner Notarj, bey vorbemelts Testaments vnd lesten willensordnung, auch allem vnnd jedem anderm, wie hier oben verschriben, sampt vorbenenten Zeugen Persehnlich zugegen gewesen bin, solchs gesehn vnd gehört, bab darumben diss offen Instrument, durch ainen andern trewlichen geschrieben, darüber gemacht, vnterschriben, vnd in diser form bracht, auch mit meinem gewonlichen Namen vnd Zaichen bezaichen, zu vrkund vnd glauben aler vorbegriffner, darüber ersucht vnd sonderlich erbetten.

Inventarium.

Infentarie und Beschreibung, der Hab und Güetter, so der Würdig hochgelehrt Herr Doctor Theophrastus von Hochenhaim, der freyen Kunst und Artzney Doctor, hie zu Salzburg nach seinem Absterben verlassen hat. Auff Begeren und anhalten der Wolgelehrten, Achparen vnnd fürnemem Maister Georgen Teyssenberger, Hoffprocurators, vnnd Michaeln Setznagels daselbst zu Salzburg, als ehegemelts Doctors Theophrastiauffgerichten Testaments, verordnet Geschefftherrn, durch mich Hansen Kalbssoren offnen vnnd derhalben berüfften Notari, in derselben Testamentari, und nachbenannten erforderten Zeugen beysein aufgericht, beschehen, Laut also:

Erstlich aus zwayen Reitpulgen, so in einem trühel (welches ehegenannt Testamentari vor, und ich Notari von geistlicher Obrigkeit wegen, nach Absterben gedachts Doctors verseantirt, und dazumal allenthalben noch unvermayligt, aigentlicher besichtigt und gefunden haben) auff heut verspert gelegen, ist beschriben worden.

Item Hungerischer Golt Gülden fünffzehen.

Mehr ein Saltzburgischer Ducaten.

Fünf Güldinn Ehrpfennig, gross, vnd fünf klain, wegendt alle achthalb lot, vnd ain halbs quintlin.

Ein vergulter Sylberin Jochimsthaler, wigt anderhalb lot, ain sechzehnthail.

[p. 236]


Sechs Teutsch sylberin Ehrpfennig klein vnd gross, wegendt alle neundthalb lot.

In ainem peutelin vier vnd virtzig klain vnd gross sylberinen Medeuen oder alt haidnisch pfennig, wegendt alle sammen achtzehend halb lot.

Zween Guldin Ring, ainer mit Topazion, vnd der ander mit ainem geschmeltzten blawen Stain versetzt, wegen bayde anderhalb lot drey sechzehenthail.

Drey stuck, so man für gedügen oder Waschguld gehalten wegen mit einander fünff lot.

Aber ain Stauffelgüldigs Aertz, wigt ain lot, ain quintl.

Ein güldin ketlin von Mülstainen wigt drei lot anderhalb quintl.

Ein geschraufte silberne Kugel, an ainem silberin kettl, wigt acht lot vnd ein Quintl.

Ain silberin eingesetzt Trinkgeschirr mit 9 Pechern, ist das oberst sampt dem vbirlügk vnnd vnterist knort, auch innen vnnd aussen vergült, dessgleichen an dem ainen Füss zerprochen, aber die drinnen verhanden, wigt alles durcheinander vir marck, vnd dritthalb lot.

Ain ander innen und aussen vergült vblerügk, knort, silberin Trinkgeschürr, auf dreyen Apflen, wigt zway und zwainzighalb lot.

Ein silberin ausgestochen Kandel, mit vergülter klaidung, wigt zwo Marck, trey lot.

Ain silberin Kölchel mit Löwenköpfflen wigt achthalb lot ein halb quintl.

Ain silberin Schyimpecher, mit vergulten Raiflen, wigt 9 lot, zum Thail gekrümbt oder zerprochen.

Zwo klaine sylberine verdeckte Ertzneypüchsel, wegen vir lot, trey quintal vnd zween sechzehnthail.

Ain klein silberin gestochen Schälel wigt 4 lot, 1 sechzenteil.

Allerlei Klain pruchsilber, wigt anderhalb lot zway sethzehnthail.

Ain Coralln, gefasst in vergült silber, wie ein Schenckl geformbt, wigt anderthalb lot, trey sechzehen Thail.

Fünff stück Aingkürn, vnd ein Behaimischer rauher Amettist, alles vngefasst.

Aine runde in silberin drat verfasste Cristallen, wigt alles siben lot, vnd ein halb quintl.

Ein ander runde vnd flache Cristalln auch in silber gefasst, wigt zway lot, vnd anderthalb quintl.

Mehr eine runde flache ungefasste Cristalln.

In ainem schwarzen liderin Säcklein drey zerprochnen Stuck von einer Cristalln.

Trey Stüffelbraun Aertz.

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In einem hültzen weissen püchseln ein schon geformirter Handstain.

Aber in einem hülzen püchsslen, ein unbekander Stain in grünen Wachs verfast (Nota, die Bildnuss ist in das Invendari in Wachs gedruckt).

Ein roth alt samaten Goller mit schwarzkröpflin gefütert.

Ein aschenfarb damasten Leibrock, ohn Ermel.

Ein roth damascken Wappenrock mit Ermeln.

Ein roth gut damasscken Wammes.

Ein roth damasscken Schläppl.

Ein roth damasscken Peutl.

Ein schwartz alts damasscken schläppel.

Ein roth wullen Leibrock mit weissen Kröpflen.

Ein schwartz halb burstater Rock mit Fuchswammen gefütert.

Ein schwartz Schamlotene Böhaimische Reutkappen.

Ein schwartz wullen Schläppl.

Ein schwartz parhaten Leibrock.

Ein liderin Gsäss vnd wamess.

Ein ganz wullen weiss par hosen.

Drei rote Schläppen.

Ein schwarzer abgetragener Wappenreut Rock dabei.

Ein Kappen, ist alles ainfach.

Ein schwarzer Barchanter Mantl.

Ein ganz liderin par Hosen.

Ein schamlotener Prustfleck.

Ein grawer parchaten wappenkittel.

Ein Mäderin Hauben.

Ein roth wullen par Hosen.

Ein guldene gewundene schnür umb einen hut.

Drey Hemet mit guldin schönen krägen.

Mehr drey Krainerische Hemet mit knüpffter arbeit, Noch ein abgetragen Hemet.

Zwei Stückel Leinwat, halten 13 eln.

Ein eln weiss Augspurger parchat.

Ein Reuthamer und ein eysene Züntpüchsen.

Ein Messerle vnd ein käppl in einer schaid mit sylbernen bschlächt.

In ainer schaid trey Behaimische Messer von Sandl.

Ein par Stiffel, Reutseck, vnd Sporn.

Ein schwartzer Reuthut.

Ein geschmelzter Tussäcken, ist unbeschlagen.

Mehr genannts Doctor Theophrasti täglicher Wäschger, darinn zween schlüssel gefunden, darbei hangt auch ein klain unbeschlagen Prächsen.

Mehr benennts Doctors silberin Petschafft.

Ein Füteral von einer Ellendshaut, darbey ain Elend klaw.

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Ein pergamenten Kundschafftbrieff von der Statt Villach von wegen absterbens des Theophrasti Vatter.

Concordiae Bibliorum.

Bibliam Parva forma.

Novum Testamentum.

Interpretationes Hironymi super Euang.

in duobus libellis eiusdem formae.

Ein gedruckt vnd siben geschribne Artzney Bücher, und sonst allerlei anderer collectur.

Mehr etliche vnnd allerley geschribne Collectur in Theologia, so Theophrastus soll concipirt haben.

Etliche Püchsel vnd Scütel, darinn allerley Pulver, pflaster, Vnguent vnd anders, der Ertzney zugehörig.

In einem alten Wätschger etliche runde flache Eysen mit leder beschlagen, wie dazumahl geacht, zum wasserheben gehörig, darbey siben klaine aiserne stangel.

In ainem hochen sack allerlei hültzen Dräwerck, Form vnd Instrument, wie man das wasser heben soll.

So haben auch vermelt herrn Testamentari damals angezeigt, wie das sie auff ynd zu allerley nottdürftigen aussgaben gegen gebürlicher Rechnung verschiner Zeit, noch in leben, vnd auss bevelch Doctors Theophrasti, vber vnnd auserhalb dem Gold, so hie oben Inventirt, auss desselben Theophrasti Güttern, Maister Andreen zugestellt vnnd geben haben 16 Dugaten in Golt.

Beschehen und beschriben zu Salzburg in mehr genannd, Michaeln Setznagels gewohnlicher Herberg an sanct Lucastag den 18ten des Monats Octobris, Als man zelt von Christi unsers lieben Herrn Geburt, Tausend fünff hundert, vnd im ain vnd viertzigsten Jar, vnd sind dabei gewesen die Erbern Maister Leonhard Sultzberger, Goldschmid, Andres Wendel, vnd Rubrecht Strobl all Burger zu mehrbestimmbtem Saltzburg, als Zeugen zu vorbeschribner Invendation erfordert berüfft, vnnd sonderlich erfordert.

Hans Kalbssor, auss Kaiserlicher Gewalt offner vud vorbeschriebner Inventation berüffter vnnd requirirter Notari, hat sich zu vrkund vnd Glauben aller vorbeschribner hie mit aigner Hand vnterschriben.

Bibliography

Werneck, Wilhelm: ‘Zur Geschichte des Paracelsus’, in: Beiträge zur praktischen Heilkunde, 3 (1836), pp. 209–238.
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