Theophrastiae cabalisticae isagoge

From Theatrum Paracelsicum
also:
Extractus et Theophrastiae Cabalisticae Isagogen
Theophrastica Cabalistica
Einleitung der heilligen geheimen Kunst und Weisheit der Propheten
Isagoge in artem cabalam


I. Basic information


Printing History, Manuscripts. Not printed. One manuscript.

Editions. Not edited by Huser or Sudhoff.

Relationship between different versions. Only one version known.

Structure, genre/form, perspective, style. Partially written in the first person.

Relationship to other texts.

Authenticity, authorship. The anonymous author is Adam Haslmayr, according to Gilly.

Time of writing. Probably written in the 1610s or 1620s.

II. Sources


Manuscripts:

  • Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek: Q 286/20, f. 1r–5r

First printed: not printed

Historical Manuscript Catalogues: Widemann, Verzeichnisse (Kassel), n° I, 89

III. Bibliography


Essential bibliography: Sudhoff: Paracelsus-Handschriften, 635–636, 796 n° III/130; Matthießen, “Tabellarische Aufstellung der Handschriften,” in Paracelsus, Sämtliche Werke II/1 (1923): 23–45, on 44.

Further bibliographical references:

Gilly, Adam Haslmayr (1994), 187, 199 n. 2, 209, 214.

Gilly, “Theophrastia Sancta” (1994), 453, 455 n. 66, 480.

Gilly, “Theophrastia Sancta” (1998), 170, 173 n. 50.

Gilly, “Vom ägyptischen Hermes zum Trismegistus Germanus” (2010), 88 n. 58.

Pierre Béhar, “Von der Mystik zur Magie. Die Verwandlung der christlichen Kabbala von Reuchlin zu Agrippa von Nettesheim,” in Wilhelm Schmidt-Biggemann, ed., Christliche Kabbala (Ostfildern, 2003), 101–108, on 104.

Hartmut Rudolph, “Die Kabbala im Werk des Paracelsus,” in Wilhelm Schmidt-Biggemann, ed., Christliche Kabbala (Ostfildern, 2003), 109–120, on 109.


IV. Text


[f. Ir] Theophrastica Cabalistica

[f. 1r] Extractus et Theophrastiae Cabalisticae Isagogen daß ist: die einlaittung der heilligen gehaimen khunst vnd weißheit der propheten ohn welche khunst vnnd gnaden kheiner die heilig schrifft verstehen noch gründtlich erkhleren khan

NB. sic definit cabala Theophrastus Mysteriarcha. Die cabala ist der olimpische geist oder der sacramentalische leib deß jnnern geistlich vergötten menschens in Anyadei: sehende mit leiblichen augen deß gemüets in die gottheit vnd thronos.

Die heillige cabala gibt vns zuverstehen daß wir menschen engel vnd den geistern gleich seindt vnnd jhnen gleich wissen khünnen alle ding nichts aber mueß vns im viehischen leib verhindern noch versaumen.

Anyadum haissen wir einen wahren christglaubigen vnnd cabalisten daß ist ein geistlicher himblischer [f. 1v] vnd glorificierter leib in Christi lieb{sic} vnnd lehre brinnende vnd nach der neuen creatur verstandt lebende. Deren befinden wir im alten testament besonders zween benante alß Enoch vnd (wie vns die schrifftliche theologia sagt) Elias deren nachfolger in weißheit vnd geheimbnussen deß geists vnns (ausser Joannem Evangelistam vnd Paulum) seindt gewesst bewusst dise vier. Als Hermes Thrismegistus, Alphonsus magnus, Salomon Israelita vnd Theophrastus Eremita Germanus. Dise haben jhr gemüeth daß ist sich selbst erkhent in Christo magicae. Darumb seindt sie vnsterblich worden vnd seindt secretarii Gottes denen Gott alß seinen ausserwehlten seine heilige mysteria vnd regni Dei magnalia gezaigt vnd geoffenbarth hatt dise khünnen nit jrren diser schrifften müessen wir glauben.

Die in der altten cabala haben vns wie auch all andere heillige prpheten vnd männer Gottes den messiam vnter den fürhang vnd schatten oder figurlichen schein geoffenbahrt vnd gezaigt. Welcher Messias Christus ist der da auß dem hertzen deß mehers (id est Mariae) [f. 2r] gestigen ist, das von der heiligen cabala gefallene volcks von jhrem fluech wider zuerlösen.

Messias ist daß wortt, fiat, welches der schöpffer zu seinem jnstrument gehabt, sambt der Maria in erschaffung der weltt als vns der teutsche cabalist lehret im ersten capittel Super Johannem, das wortt ist alles vnd in allem das leben, crafft vnd seell. Der tabernacul Moysis vnnd auch der tempel Salomonis in Jerusalem, in drey thaill gethailt, also in den vorhoff oder vestibulum. Item in das heillige vnnd drittens in das allerheiligiste erweiset vns messiae cabalam.

Dise cabala erklert khein sterblicher bißhero vnter den menschen khindern seit der apostel zeitten alß der hochselige weise man vnd teutsche Trißmegistus Philippus Theophrastus. Ein stella signata des werden Germaniae derwegen genandt vnd als monarcha perpetuus von Gott in dise letzte weltt gesanndt, dessengleichen die erden nicht gebohren hatt derowegen ist aller vernunfft ausser seiner cabala für nichte zuachten, als für jrthumb ehrgeitz vnnd betrug des teuffels.

[f. 2v] Ausser dises teutschen cabalisten schrifften ist khein grundt der göttlich himblischen Thesaurinellae vnd ph[ilosoph]iae sagacis zusuechen noch zufinden. Wer ausser dises grundes liecht nun vermaint ein theosophus zusein, der wirdt sich gentzlich befinden ein jrriger cacosophista zu sein in sich selbsten. Darumb nuhr die heillige cabala interpretirt vnns die biblischen schrifften recht vnd kheine andere scienz. Dan cabala hat macht in jhrer necormantia die turbam maonam, die trarames, die evestra (das seindt die prophetischen geister dardurch Moyses etc. seine miracula gethan) anzuregen in Gott als aus stain wasser, auß wasser bluett machen etc. Dise cabala erkhlert vnns gründtlich wahrumb das neue volckh das ist das jetzige neue volck im neuen testament ein heilligs volckh vnd ein khöniglichs priesterthumb sey vnd götter vnd söhne des höchsten Gottes alle mögen sein, so sie Christum das wortt in jhrem hertzen haben vnnd seine vier evangelia bewahren vnd die in ainfalt glauben vnd halten bey ain wortt.

Dise Theophrastia oder Cabala Sancta gibt vns in der offenbahrung das khein grösser heilliger weißheitt [f. 3r] von anbegin der weltt vnter den menschen khindern gewest sey als sie yetzt ist wo man sie suecht vnd von hertzen liebt das Chr[ist]us ist die ewige weißheitt. Dan sie zeucht nicht allain die engel Gottes an vnnß zur helligen erkantnus himblischer vnd natürlicher ding sondern sie gibt vns auch gentzliches zuverstehen wie die heilige dreyfaltigkheit der ewigen vnzertrenlichen gottheit in vnns wohnung will machen. Darumb erscheint sie vnns aus den claren sichtbahren liecht der evangelien die kheine weltwitz leiden sondern die blosse simple liebe Gottes vnd des nechstens welche liebe aus einem Saulo einen Paulum, aus einem hirten einen propheten khan machen vber nacht oder in einer stundt. Nicht nach der welt sinagogen lehr schuelen vnd haidnischen documenten sondern nach der schuell des heiligen pfingstags dise wirdt vns aufgespertt so wir die drey cabalistica prima embsig yeben: das ist so wir begehren vom heiligen geist gelehrt zuwerden müessen wir nicht vmb langes leben noch vmb reichtumb sondern vmb die göttliche weißheitt (nicht der welt) Gott bitten suechen vnd ankhlopffen jederzeitt. Alsdan wirdt vns alles offenbahr in einem augenblickh in das vestibulum das ist in deß [f. 3v] menschen limbi verstandt nicht allain sondern auch in das heilige das ist in der seelen verstandt zuekhommen vnnd letzlichen in das allerheiligiste das ist in die heilige gottheit. Jeremie. 4. 9. Sap: 7. 9. 15. etc.

Darumb ist der menschliche lieb oder limbus den vorhoff deß tempels Gottes bedeuttent das heillige die seelle daß allerheilligiste den heilligen geist, der wil vnser jhnwoner vnd lehrer sein, so wir nicht ein speluncam aus seinem tempel machen, mit huererey, fressen, sauffen, spillen, stoltzieren, wuechern, schniden, schaben, khauffen vnd verkhauffen etc.

Daher lehret vnns {gestrichen: Chr[ist]us} dise theophrastische cabalia das der menschliche leib ein hauß der seellen sey vnnd die seell ein hauß der geister, guetter vnnd böser, steht vnnser hertz demnach zu Gott, vnnd zu seinen vier evangelien, dieselben ins werckh der barmhertzigkheit heilligkheit vnnd weißheit zuschickhen, so gedenckhen vnd reden wir nicht, als göttlichs vnnd himblisches: stehendt aber vnnsere hertzen zu den schnöden zergenglichen dingen, so seindt vnnsere hertzen vnd seellen mit bösen geistern besessen. Da hört man dan nicht [f. 4r] von heiligkheit, weußheit, sondern nuhr von mörden, khriegen, rauben, stehlen, wuechern, ehebrechen etc. Da ist dan das hellische feur. Da ist falsche lehr vnd sophisterey, gauglerey der hohen schuellen vnnd clöster etc.

Darumb ist der grundt der heilligen weißheit des vaporis Dei, das ist, deß geists Gottes (der natürlich 120. jhar in seinem tempel wolte bleiben) Gen: 6. Sap: 7. das der mensch Gott vnd sich selbst solle erkhennen, dem gewaltigen herrn Jhesu Christo anhengich dermassen zusein, das er mit jhme ein geistlicher werde, nicht mit der tartarischen göttern, das ist mit den fürsten diser weltt oder khindern der finsternuß vnnd hellischen feuers: Dartzu gehören die obgemelten drey puncten. Als bitten, suechen vnnd ankhlopffen, so wir nun das embsiglich verbringen, so müessen wir vnnsere heillige gedanckhen in evangelischer philosophey vnd himblischen magia nicht feyren lassen, sondern mit allen weisen vnnd heilligen männern Gottes aufmunttern vnnd Christo nachfolgen. Dise nachfolgung ligt nicht an den fueßtritt, sondern an den heiligen affecten der barmhertzigkheit gegen vnnsern armen neben [f. 4v] menschen, vnnd das wir alle ehr diser schnöden weltt verachten, zeittliche güetter verlassen vnd vnsere feindt lieben die zu vnns bekheren mit heiliger weißheit, nicht mit dem mörderischen schwerdt zwingen. Alsdann werden die geister die createn mit vns reden, vnnd vns die arcana ph[ilosoph]orum vnd mysteria cabalistarum offenbahren, dan sie seindt vnnser, zuwissen vnd zusuechen, am ersten, als das reich Gottes anbefohlen, vnd vntter vnnsere füeß geworffen. Psalm: 8. 110. etc. Ich sage euch dan, wer mehrers von den gehaimbnussen der werckh des reichs Gottes waist, versteht vnd predirt{?} der ist der mehrer vnd bestendiger im glauben, demnach in der seligkheitt. Qui ignarant aber wirdt mit den vnwissenden lähren lampentragenden jungfrauen verstossen werden in die eusserist finsternuß: die armen im geist, seindt schon versorgt von Gott.

Wir dörffen aber solchs reichs Gottes nicht jhener seitt des möers, da oder dort in den zergenglichen gemaurten templn{sic} suechen, sonndern in vnns selbsten, dan Christus ist niehrgent zusuechen vnd zufinden als in seinem tempel den vns die heilig cabala revelirt, das ist der mensch [f. 5r] der Gott im geist vnd in der warheit anrüefft, in der ainödt. Je mehr demnach die menschen khindt von der cabala, das ist vom nosce te ipsum gefallen seindt, je mehr seindt der templn, der sinagogen, der secten vnd religionen aufferbauet worden, die des tempell Gottes wegen des wörttlein (glaub) getödtet haben vnd vermaint sie thuen Gott ein wolgefallen daran. O vnsinnigkheit Neronis, Titi vnd Vespasiani. O tyranney Herodis, Caiphe vnd Annas. O vertzagtes vhrtl Pontii Pilati, o Sodoma vnd Gomorra, euch allen soll es vntreglicher{über dem Wortanfang: ver} ergehen, als disen argen bluetdürstigen antichristischen menschen die den schatz vervrtheillen, der grösser ist dan himmel vnd erden. Revelat cabala sancta haec. Finis.

Summa cabala communis. Wo Gott zusehen. Hermes in Pymandro. Gott ist allain von natur, ja die natur selbst in allen dingen. α et ω. August[inus] super Johann: Serm: 19. Gott ist dir gar vnd gantz alles, hungert dich, so ist er dir ein speiß vnd brott, dürstet dich, so ist er dir ein <wasser>, bistu in der finsternus, so ist er dir ein liecht, den blossen ein vntödtlichs khlaidt. Nosce igitur te ipsum. S. Paulus Actor: 17. In Chr[ist]o sumus, in Chr[ist]o movemur, in Chr[ist]o vivimus. Item. 2. Cor: 13. etc. Finis.