Text.Duchesne.1604-01.!4v/TranslationDE
Vorwort an den Leser
Ich kann in dieser Stadt viele wohlhabende und vertrauenswürdige Zeugen aus dem Kollegium der Ärzte benennen, lieber Leser, denen ich privat meine Arbeit und dieses Werk, während ich es Stück für Stück entstehen ließ, mitgeteilt habe. Sie können mit Gewissheit bezeugen, dass es innerhalb von zwei Monaten nach der Veröffentlichung einer gewissen Apologie eines anonymen Verfassers gegen mein kürzlich von mir herausgegebenes Buch vollständig ausgearbeitet und in jeder Hinsicht vollendet war. Ich gestehe offen, dass mich der Prozess der Vollendung dieses Werks nicht unerheblich erzürnt hat, ja, dass ich von solch heftigem Zorn ergriffen und fortgerissen wurde, dass ich Tag und Nacht, ohne Schlaf, unermüdlich daran arbeitete, mich so treffend wie möglich gegen die ungerechtfertigten Verleumdungen zu verteidigen, die jener apologetische Autor gegen mich erhoben hatte, und mich von diesen Anschuldigungen reinzuwaschen. Umso schwerer wog für mich die Tatsache, dass dieser Autor ohne jeden Anlass gegen mich, der ich stets ein Unterstützer von ihm und seinen Kollegen gewesen war und niemals eine Beleidigung gegen ihn begangen hatte, plötzlich loszog.
Meine Schriften belegen dies deutlich genug, denn darin habe ich mich ihnen gegenüber stets ehrerbietig geäußert. Wann immer es nötig war, mit ihnen Konsultationen einzugehen oder privat Gespräche zu führen, haben sie stets die Aufrichtigkeit meiner Zuneigung erfahren, ohne jene heuchlerische Verstellung, mit der falsche Freunde hinter einer Maske anderes versprechen, als sie tatsächlich beabsichtigen. Zudem können sie bezeugen, dass ich mich in unseren Konsultationen niemals von der breiten und königlichen Straße der Dogmatiker entfernt habe und dass ich niemals aus Neigung zu Neuerungen oder aus dem Bestreben, die hippokratische Medizin zu verändern, etwas vorgeschlagen habe. Daraus lässt sich unschwer ableiten, dass alles, was ich in meinem Werk über die Medizin der alten Philosophen dargelegt habe – so neu es ihnen auch erscheinen mag –, keineswegs zur Zerstörung der galenischen Schule, sondern vielmehr zu deren Erläuterung und zur Verdeutlichung medizinischer Theoreme unternommen und verfasst wurde.
Solche Ausleger waren Ramon Llull, Roger Bacon, Ripley, Rupescissa, Christophorus Parisiensis und viele andere namhafte und hochberühmte Ärzte und Philosophen. Doch da diese in ihren Werken über jene balsamische und universelle Medizin allzu verborgen und mit weitschweifigen Umschreibungen gesprochen haben, um ihr Wissen geheim zu halten, habe ich – von einem offeneren Geist geleitet – es mir zur Aufgabe gemacht, nachdem ich ihre Schriften durch Gottes Gnade nicht ohne Nutzen gelesen habe, diese für die Nachwelt zu erschließen und damit das allgemeine Wohl zu fördern. Ich habe dies mit der Absicht unternommen, Anfängern und jenen, die in dieser Schule – die, wie ich weiß, wesentlich zur Bereicherung der dogmatischen Medizin beiträgt – weniger bewandert sind, eine gewissermaßen vorgezeichnete Bahn zu ebnen, damit sie durch ihren Nutzen erkennen, dass sie meinen Spuren folgen sollten.
Warum also deutet dieser Anonymus meine Absichten in so übelwollender Weise, als wolle ich die alte Medizin vernichten und vollständig zerstören, um sie durch neue Heilmittel zu ersetzen und die Verwendung der alten Mittel zu verdrängen? Wie weit dies von der Wahrheit entfernt ist, bezeugen mehr als ausreichend meine bereits veröffentlichten und noch zu veröffentlichenden medizinischen Gutachten sowie die dogmatische Pharmakopöe, die ich begonnen habe und die fast vollendet ist.
Da ich mich also bislang mit aller Kraft abgemüht habe und weiterhin bemühe, dem Gemeinwohl zu dienen und die Heilkunst in meinem Bereich zu ehren und zu bereichern, sollte man nicht vielmehr jene des undankbaren Geistes zeihen, die danach trachten, meine Arbeit zu untergraben und sie böswillig in einen falschen Sinn zu verdrehen? Ein gewisser Anonymus hat dies getan, indem er jegliche Scham und Zurückhaltung ablegte und deshalb seinen Namen verschwieg, da er daraus nichts als Schande hätte gewinnen können. Dennoch verschone ich seinen Namen – aus Rücksicht auf sein hohes Alter –, obwohl er sich durch seine angeborene Missgunst leicht selbst zu erkennen gibt. Sollte ein solcher, der sich in seiner Anmaßung erdreistete, mich und meine Schriften hemmungslos zu verleumden, nicht vielmehr zurechtgewiesen und gerügt werden, zumal meine Werke keinen Anlass zu Anstoß oder Beleidigung geben und den christlichen Geboten der Nächstenliebe folgen?
Ich möchte hier keine Klage führen, als wollte ich irgendjemandem die Freiheit nehmen, sich kritisch mit den Schriften anderer auseinanderzusetzen. In allen Künsten und Wissenschaften wird die Wahrheit gerade durch den Streit gegensätzlicher Argumente umso klarer hervorgebracht und erkennbar gemacht. Doch es ist gänzlich unzulässig und eines Philosophen – geschweige denn eines Christen – unwürdig, sich gegen Personen selbst zu richten und sich in gegenseitigen Schmähungen und Verleumdungen zu ergehen.
Was mich betrifft, so sind wir keineswegs so, wie uns jener Anonymus fälschlich und ungerecht beschreibt. Ganz im Gegenteil besitzen wir mehr als hinreichend klare und überzeugende Zeugnisse unserer Berufung durch die angesehensten Universitäten in ganz Europa. Falls jener jedoch nicht die Kraft besitzt, seine Wut und sein ungestümes Wesen zu zügeln, so hätte er zumindest angesichts seines hohen Alters Mäßigung bewahren müssen. Auch die Ehrfurcht und Achtung vor dem König selbst hätte ihm Zügel anlegen müssen, bedenkt man, dass dieser uns für würdig erachtet hat, uns in den Kreis seiner Leibarztkonsultationen aufzunehmen und uns zu seinen ordentlichen Ärzten zu wählen und zu behalten.
Wie sehr jener Mann jegliche Scham und Zurückhaltung verloren hat, zeigt sich überdeutlich daran, dass er es sogar gewagt hat, ein Mitglied unseres Kollegiums in böser Absicht zu beschuldigen. Er unterstellt, dieser habe absichtlich und vorsätzlich den Tod eines ehrbaren Mannes, eines königlichen Beamten – oder, wie Anonymus schreibt, eines Kanzleischreibers des Pariser Prätoriums – beschleunigt und herbeigeführt, damit durch dessen rechtzeitiges Ableben seine Erben das vakante Amt beanspruchen könnten und die königliche Schatzkammer keinen Nachteil erlitte. Anonymus schrieb nämlich: „Durch deine Heilmittel wurde der Tod beschleunigt, das Staatsvermögen vermehrt, und so hast du wahrlich dein Amt als königlicher Arzt erfüllt.“
Welch kühne Anklage, welch vermessene und haltlose Verleumdung! Eine solche Schmähung kann nicht hingenommen werden, ohne mit schwerer Strafe geahndet zu werden. Denn was tut dieser Anonymus anderes, als in seiner Anschuldigung selbst die Majestät des Königs zu treffen? Er stellt es nämlich so dar, als würde der König durch die Schlechtigkeit und das Verbrechen ruchloser Ärzte seinen eigenen Nutzen ziehen – eine heimtückische und gotteslästerliche Anschuldigung. Doch diese Raserei und dieser Wahn sind die gerechte Strafe Gottes für jene, die den Wohlstand anderer missgönnen und vor Neid über das Glück ihrer Mitmenschen vergehen.
Dass ich von solchen Leuten privat angegriffen werde wegen der Verwendung meiner Pillen, die ich zur Behandlung bestimmter bösartiger und ansteckender Krankheiten verschreibe und verabreiche – bei denen die uns hinreichend bekannten gängigen Heilmittel zur Ausrottung der Wurzeln und zur Beseitigung der Keime keinerlei Wirkung zeigen –, ist nichts Neues. Sie lügen nämlich bewusst, wenn sie behaupten, dass aufgrund der Einnahme dieser Pillen bei bestimmten Personen, die sie namentlich nennen – zwei oder drei an der Zahl –, schwere Symptome aufgetreten seien.
Doch ich verfüge über äußerst gewichtige Zeugnisse ehrenwerter Männer – weit mehr als nötig –, die ich diesen Lügen und Verleumdungen entgegenhalten kann und die mit absoluter Gewissheit belegen, dass bei niemandem, der meine Pillen eingenommen hat, jemals irgendein Symptom aufgetreten ist, geschweige denn ein Schaden. Vielmehr bezeugen sie, dass zahlreiche Menschen durch ihre Anwendung erhebliche Erleichterung erfahren und von allen schweren Symptomen befreit wurden. Falls aber dennoch jemand nach der Einnahme meiner Pillen Beschwerden verspürt haben sollte, so ist dies nicht den Pillen, sondern der Heftigkeit der Krankheit und der Boshaftigkeit der Körpersäfte zuzuschreiben.
Unter den sechshundert Zeugnissen jener, die meine Pillen angewendet haben und sie bis heute mit Erfolg einnehmen, will ich als Beispiel Herrn Bertrand, den königlichen Arzt, anführen – einen gelehrten Mann, der aus derselben Heimat und Region wie ich stammt, mein enger Freund, ehemaliger Studiengenosse und Mitschüler ist. Vor anderthalb Jahren oder etwas länger litt er hier in dieser Stadt an einer äußerst schweren Erkrankung. Nachdem er viele Heilmittel vergeblich ausprobiert hatte, die ihm von zwei oder drei jungen Ärzten dieser Stadt über mehrere Tage hinweg verordnet und verabreicht worden waren, nahm ich mich seines Falls an. Doch bevor ich eingriff, wollte ich zunächst den Rat des höchst gelehrten und angesehenen Arztes Herrn Seguin einholen und gemeinsam mit ihm über die Behandlung der Krankheit beraten.
Über mehrere aufeinanderfolgende Tage hinweg besuchten wir den Kranken, und zusammen mit anderen Ärzten verordneten wir ihm eine Vielzahl von Heilmitteln, darunter solche zur Ausleitung der Körpersäfte, zum Aderlass, zur Ableitung von schädlichen Stoffen und zur Stärkung des Körpers sowie andere derartige Maßnahmen. Doch nichts davon brachte ihm Linderung oder Besserung. Schließlich wurde der Patient von Herrn Seguin ermutigt, meine Pillen zu verwenden – was ich ihm von mir aus nicht angeboten hätte, sondern nur auf seine Bitte hin. Obwohl er selbst bereits Jahre zuvor deren Wirkung mit eigenen Augen erfahren hatte, da ich ihm bei seiner Abreise aus dieser Stadt freiwillig eine kleine Menge davon mitgegeben hatte, entschloss er sich schließlich, sie einzunehmen.
Nachdem er nur eine einzige Pille geschluckt hatte, schied er ohne Beschwerden eine große Menge von grün gefärbtem, galligem Auswurf aus. Zunächst glaubte er, dass diese Färbung vom Medikament selbst herrühre. Doch als er an den folgenden Tagen weiterhin meine Pillen einnahm, zeigte sich keine weitere solche Färbung, noch wurde irgendeine giftige Substanz ausgeschieden. Die durch die Pillen ausgelösten Ausscheidungen waren von keiner besonderen Farbe. Erst nachdem die Krankheit an Schwere verlor und merklich abklang, begann er sich zu erholen und erlangte schließlich seine vollständige Genesung zurück. Daraufhin erkannte er, dass die grüne Farbe nicht vom Medikament, sondern von den giftigen Körpersäften selbst herrührte, die mit dieser Färbung durchtränkt waren.
Dieses Medikament erfuhr er als so mild und wohltuend, dass er, abgesehen von der Menge an Pillen, die ich ihm bei seiner Rückkehr in die Heimat mitgab, mir in zahlreichen Briefen wiederholt um eine erneute Zusendung bat. Dem kam ich nach und ließ sie ihm durch die Hände eines jungen Chirurgen zukommen, der ihm als Assistent diente und sich noch immer in dieser Stadt aufhält. Dieser kann – falls nötig – gemeinsam mit anderen vertrauenswürdigen Zeugen die Wahrheit meiner Behauptung belegen, um mich von den falschen Verleumdungen zu befreien, mit denen man mich angreift. Ebenso kann er mich von der Anschuldigung entlasten, dass ich meine Pillen für dreißig Goldmünzen verkauft hätte – ein vollkommen falscher Vorwurf. Denn beinahe jeder weiß um meine überaus großzügige Bereitschaft, diese Mittel zu verschenken, was alle angesehenen Persönlichkeiten dieses Königreichs bezeugen können, die mich kennen.