KassUB 2chem19.1 186

From Theatrum Paracelsicum
Author: Peter Hermes
Recipient: Moritz Landgraf von Hessen-Kassel
Date: 1611 December 31
Place: Kassel
Pages: 3
Language: German
Editor: Edited by Julian Paulus
Source: Kassel, UB, 2° Ms. chem. 19[1, f. 186—187 (alt f. 177—178)
Quote as: https://www.theatrum-paracelsicum.com/index.php?curid=364
Names: n/a
Places: n/a


[f. 186r] Durchlauchtiger hochgeborner furst, gnediger herr. E[uer] f[ürstlich] g[naden] sein meine gantz bereitwillige vnnd gehorsame dienst alzeitt bevor.

Jch trag fest keinen zweiffel, gnediger furst vnd herr, daß e[uer] f[ürstlich] g[naden] nun mehr die zeit lang wirdt zu sehen, daß endt meiner laborum, woruon jch e[uer] f[ürstlich] g[naden] vordisem anfangs meine theorica hab schrifftlichen zugestelt, darauff ich noch bestandiglich beharre. Dieweil dieselbe nicht auff dz argchymistische r[ecipe] & decipe gerichtet, sondern im licht der natur steiff ist gegrundet &c.

Daß sich aber daß werck so lang verzihet vnnd manchem denn muth drob wol entfallen sol, kombt zwar nicht azuß verzagung oder der den muht sincken lest wie man gedencken möchte, dan so man vernu[n]fftiglichen an ihm selbst betrachtet, beides waß die theorica vnnd practica antrifft, das ob die wol nottwendig ein ander der natur nach müssen nahe verwandt sein, sol anders daß endt daß werck so darauß herkombt selbst krönen. So ist doch gnediger furst vnnd herr zwischen disem beiden einen mercklichen vntterscheidt: dann die theorica stehet bloß allein in der vernünfftigen speculation, so der mensch durch wortt oder feder von sich geben kann, vnnd ist dennoch gleich zu halten alß ein schatten kegen daß wesen selsbt, nemlich die practic. Daher dan die Belgis, meine landtleut, daß gemeine vnnd wahr spichwortt fuhren (het en ig mot soghen, nict to dogn) Dagegen ist die practicta also beschaffen, daß dieselbenicht so leichtlich dargestelt, daß jhr ins werckh richtet, wie die theorica, alß obgedacht thuen kann. Sonder dieselbe bestehet allein in der handtarbeit, gleich wie die natur still schweigend vor sich selbst jhr werck volbringt vnd zu einem volkomnen end fuhret. Daher dan auch die warhafftige alchimia jhren rechten tauffnamen hat, daß die eine dienerin vnnd nachfolgerin der natur genandt wirdt. Also auch hie mit der practica muß gehandelt werden, felix ter quaterque felix & beatus, whr wolderselbe, so zur ersten instans sein werck in solchem hohen vorn[e]hmnen, gleich wie die natur strack ihr werck möchte zum gewunschten end fuhren. Aber da befinden sich in der practic vil hindernuß bei den arbeittren, daß die, so gleich zu wie die natur thut nicht gehen können, sondern durch gedult vnd bestandt jm suchen (nach Gottes willen) auch endtlich zum zweck vnd scopo, ihn von der natur vorgestelt kommen; darumb so wirdt vonn allen, so gedencken, dz ehren kräntzlein der tugentreichen natur zu erlangen nottwendig gedult vnnd zeit gefodert. Dan daß ist gewiß, vnd bezeugts auch die tägliche erfahrung so wol als die philosophi, daß vntter hunderten in der kunst alchimia kaum tag jeh einer [f. 186v] funden wirdt bei dem eine solche beständigkeit anzutreffen sey, alß sichs wolgeburet. Nicht daß jch e[uer] f[ürstlich] g[naden] solches zu gemuth fuhre, mich dardurch auffzuhalten, alß der vber sein vorhaben zaget, oder eines wenckelhafftigen gemuths ist, vil weiniger daß der vorzug auß fahrlässigkeit oder vnfleiß solte herruhren, sondern zu dem endt gerichtet, daß e[uer] f[ürstlich] g[naden] hir in meinem fleiß sonderlich vermercken sollenn: dan ob wol die materia jm ansehen schlecht vnnd gering, so ist dennoch daß jnnerste jhres wesen thewr vnd werht ja tieff verborgen, dardurch der feste rigel elementischer scratura zum hauß deß schatzes wirdt zurückgedriben, auff gespärret vnd eroffnet, dan durch tägliche erfahrung kombt man zum selben zweck, nahe vnd näher, also dz jch befinde, daß meine meinung nach worvon jch e[uer] f[ürstlich] g[naden] jungst hiebeuor hab angedeuttet gejrret, daß ich nemlich darin den fluchtigen geist vermeindt zufinden. So ich dagegen jnn worden vnnd mich die natur permittirt, daß jch den spiritum fixum igneum jn hohester fewrigkeit haben muß so von den sapientis sal fusibili & oleo incumbustibili genennet wirdt, also dz ein spiritus fixus den andern haben muß. Zu welchem endt jch mein intent nun mehr hab gerichtet vnnd einem gutten progressum hab &c.

Dan wer nicht jrret, hat auch nicht vrsach, jn disem vnnd dergleichen ferner nach zu forschen, alß einen naturkundiger vnd kunstsuchenden, zustehet. Der etwaß warhafftiges gedenckt zu erlangent: dan durch gedult, vnd bestandigkeit im werck vberwindt man jrthumb vnd erlangt entlich durch fleiß, daß gerecht vnnd volkommen ist, drauff man hat gehoffet &c.

Darumb so bitt vnnd vermahne hiemit e[uer] f[ürstlich] g[naden] vntterthäniglich zur gedult vnnd langmuth, jmbetrachtung, daß sich die natur durch vnzeittige zilen nicht lesst vberweltigen. Derowegen dan verzieg die ziett, selbstzumessen, die jm völligem sommer, die weissen vnd rohten rosen bringen &c. Darnebens auch gnediglichen bedencken, daß ein ding, so bereitgefunden ist, keines sinhens mehr bedarff, alß einer der noch daßselbe erst suchen vnnd finden sol, wie solches allen vor mir vnd mit mir zugleich geschehen vnnd noch wol geschicht, sonderlich wan man jm haubtgrundt selbst nicht jrret, drauff dan alle andre impedimenta so vorfallen durch fleiß konnen abgewisen werden, beuor auß, wan man drvber nicht faul vnnd träg wirdt &c.

Waß weitter die zeit durch Gottes zuleß geben wirdt, daß wil jch e[uer] f[ürstlich] g[naden] vntterthäniglich in trawen zu wissen thuen, jch hoffe zu Gott meine arbait sol nicht vergeblich sein, dan jch dz endt derselben auch gedencke zugeniessen, daher jch mich, auß schamhafften vnd erlichen hertzen bißhero hab entsehen, daß jenige abzufodren, waß mir e[uer] f[ürstlich] g[naden] gnediglich haben zugesagt, jnmittels meinen lucubrationes zur notturfft vnnd ehrlicher vntterhaltung zu geben, ob ich gleich desen benöthigt bin: damit es nicht daß ansehen hab, alß suchte ich vnttern schnee etwaß ein zu ährnen &c. Zum beschluß bitt ich e[uer] furstl. gnaden vntterthäniglich, die wollen dise meine kurtze erihnnrung neben den bericht, woher der verzug kombt, jn keinem vnguttem vermercken, sondern jhr daßelbe in allem gnaden lassen befholen sein, dieweil solches auß wolmeinenden [f. 187r] gemuht vnnd hertzen herruhrt vnnd befhele mich hiemit ferner, jn e[uer] f[ürstlich] g[naden] schutz vnnd schirmb, vnnd wünsch hirauff e[uer] f[ürstlich] g[naden] vonn Gott dem almächtigen zum frölichen gluckselig newen jahr, Nestorij annos, langwiriger leibes gesundtheit, sampt e[uer] f[ürstlich] g[naden] gemahl, junge herrschafft vnnd frewlein, deßelbigen gleichen auch den gantzen hochlöblichen alten stamm zu Hessen, gluckliche regirung, zeitliche vnnd ewige wolfahrt, amen.

Gegeben in meinem museolo jn e[uer] f[ürstlich] g[naden] schlosses festung, nach der gnadenreichen geburt vnsres einigen heylandts Jhesu Christi, jm 1600ten vnd elfften jahr den mehren zal des monats decembris &c.

E[uer] f[ürstlich] g[naden] vntterthänig vnd dienstwillig

Petrus Hermes Antwerp[ianus] &c.