Christoph Besold
Killy Literaturlexikon, vol. 1
Der Sohn eines Advokaten am Tübinger Hofgericht studierte in seiner Heimatstadt (Magister 1593, Dr. utr. iur. 1599) u. übte mehrere Jahre den Beruf des Vaters aus. 1610 wurde er auf den Pandektenlehrstuhl der Universität berufen u. profilierte sich in einem weitläufigen Lebenswerk (etwa 100 Titel), gestützt auf enzyklopäd. Gelehrsamkeit u. vielseitige Sprachkenntnisse, als einer der bedeutendsten jurist. u. staatstheoret. Autoren des Jahrhunderts. Neben wichtigen, mehrfach aufgelegten u. erweiterten Abhandlungen u. Kompendien fand die Sammlung eigener u. fremder Rechtsgutachten Beachtung.
Zgl. galt B.' Interesse den theolog. Fragen der Zeit: Er setzte sich für Toleranz u. ein verinnerlichtes Christentum ein. Nach Tübingen vermittelte er nicht nur die Kenntnis wichtiger Autoren der ausländ. Literatur (u. a. als Übersetzer Tommaso Campanellas – Von der Spanischen Monarchy. o. O. 1620 – u. des ital. Satirikers Trajano Boccalini), sondern auch die älteren u. zeitgenöss. Impulse der dt. Mystik, des Spiritualismus, der religiösen Dissidenten u. der z.T. paracelsisch beeinflussten Hermetik. Seine in der Universitätsbibliothek Salzburg erhaltene Bibliothek bezeugt die ungewöhnl. Weite seines geistigen Einzugsbereichs (u. a. besaß er Werke von Meister Eckhart, Tauler , Schwenckfeld , Weigel , Aegidius Gutmann, Castellio, Sudermann ).
Auf den jungen Johann Valentin Andreae hatte B. beachtl. Einfluss. Sein Anteil an der Rosenkreuzerbewegung u. deren Schriften ist nicht endgültig geklärt. Zugeschrieben wird ihm der aus Boccalinis Ragguagli (1612/13) stammende Vorspann zur rosenkreuzerischen Fama Fraternitatis (Kassel 1614) über die »allgemeine Reformation der ganzen Welt«.
Als Anhänger des von Johann Arndt propagierten »Wahren Christentums« geriet B. schon früh – ebenso wie der ihm brieflich u. persönlich verbundene Kepler – in Konflikte mit den Vertretern des in Tübingen tonangebenden orthodoxen Luthertums. B.' Konversion zur kath. Kirche (öffentlich 1635) u. sein Einsatz auch für die polit. Interessen der kaiserl. Partei war eine Konsequenz dieser Auseinandersetzungen. Zuletzt wirkte B. an der Universität Ingolstadt. (Wilhelm Kühlmann)
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