Stephan 1830 Bemerkungen

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Kaspar Johann Nepomuk Stephan,
Bemerkungen über erhebliche Irrungen in Betreff einiger Lebensumstände des [...] Paracelsus
1830

Text

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Bemerkungen über erhebliche Irrungen in Betreff einiger Lebensumstände wie auch über bunte Fabeleyen von verschiedenen Todesarten und Sterbearten des Doctors Aureolus Philippus Theophrastus Bombastus von Hohenheim, genannt Paracelsus, zugenannt Germanus Suevus Arzinas und Helvetius Eremita, † zu Salzburg.
Vorerinnerung

Die Nachrichten über den Doctor Theophrastus Paracelsus bey diesen und bey jenen Berichterstattern von ihm sind so verschiedenartig und einander vielfältig so widersprechend, daß man sich darüber sehr wundern muß. Kurt Sprengel sagt in seinem Versuch einer pragmatischen Geschichte der Arzeneykunde (III. Theil. 2. Auflage. Halle 1801. S. 336) unter andern: Die Lebensumstände dieses seltsamen Mannes sind eben so dunkel und es gibt eben so widersprechende Erzählungen, als von dem Leben der meisten Goldkünstler und Theosophen dieses (des 16.) Jahrhundertes.

 Jacobi Bruckeri historia critica philosophiae (Lipsiae 1766. Tom. IV. Pars 1. Seite 646) erwähnet des besagten Doctors als eines unglücklichen Philosophen und verirrten Theosophen; sie bedauert jedoch den Mangel einer richtigen Lebensbeschreibung desselben; sie sagt ejus vitam a nemine hactenus accurate perscriptam fuisse, merito miramur. Theophrastus Leben kennen Viele irrig! Andere haben von der Todesart Theophrast’s falsche Nachrichten gelesen oder gehört. Viele wissen den wahren Sterbeort nicht. Mehreren ist der ursprüngliche Begräbnisplatz nicht bekannt. etc. etc. Jene und diese sprechen darum, wenn sie des einen und des anderen erwähnen, von demselben nur irrig. Selbst unter den Gelehrten, welche eigens vom Doctor Paracelsus schrieben, ist die grellste Uneinigkeit; so, daß der auffallendste Widerspruch obwaltet. Darum halte ich es für zweckmäßig, daß Für und Wider derselben mitzutheilen und so die einsichtsvollen Leser zu veranlassen, selbst ein Urtheil zu fällen.

I. Herkommen des Doctors Theophrastus Paracelsus.

Dr. Thomas Erastus beschuldigte des Theophrastus Paracelsus, daß er sich fälschlich für einen Sprößling der von Hohenheim ausgegeben habe; daß es in der Gegen Mariä Einsiedel (wo Paracelsus geboren wurde) kein solches Geschlecht gebe, auch daß man vermuthe, Par. sey aus der Hefe des Pöbels hervorgewachsen. (Erastus de medicina Paracelsi. Basilae 1572 in 4. Pars I. Seite 237.) Daniel Sennert, Doctor und Professor der Medicin an der Universität zu Wittemberg, sagt in Betreffe des Herkommens Theophrast’s: Refert Thomas Erastus: in Eremo Helvetiorum nullos esse Paracelsos, nullos Hohenheimios, nullos Bombastos, nullos denique vel nobiles vel ignobiles, qui eum ut sanguine junetum agnoscant; audivisse se, ibi aliquando vixisse paedagogum, hominem exterum et quod ille natus sit in loco, quem vocant Altum Nidum, unde fortasse Paracelsum denominaverint (De Chymicorum cum Aristotelicis et Galenicis consensu ac dissensu. Wittenbergae 1629 S. 31.) Also Erastus behauptet: zu Einsiedeln in der Schweiz gebe es keine Paracelse, keine Hohenheime, keine Bombaste, endlich keine Adliche oder Unadliche, welche ihn als Verwandten anerkennen; er sagt, er habe gehöret, da habe einst ein Schulmann gelebt, ein Mensch von Anderwärts her und zwar von dem Orte, welchen man hohes Nest nennt, woher man vielleicht den Paracelsus benennet haben mag. Aber Niemand hatte behauptet, daß es vor der Ankunft des Wilhelm Bombast von Hohenheim zu Einsiedeln daselbst eine Familie Bombast von Hohenheim gegeben habe. Woher und wozu Erast’s Läugnen, daß Theop. Par. von Einsiedeln gewesen sey?!

 Aber Erastus war Theophrast’s abgesagter, höchst leiden-

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schaftlicher Feind!! Es ist gewiß, daß nur die Leidenschaft (Kurt Sprengel S. 338 sagt) dem Erastus jene Behauptung in den Mund legen konnte! Denn was konnte Paracelsus davon haben, wenn er versichert, er sey aus Einsiedeln 2 Meilen auch von Zürch geboren? Aber, was Sprengel nicht bemerket hat, Theophrast’s von einem Notar aufgesetztes Testament spricht von „seinen nägstgesipten Freunden, so zu Ainsidln in Schweitz wohnhaft seyn sollen.“ (Vergl. Lorenz Hübner’s Beschreibung der Stadt Salzburg. 1792 I. Theil. Seite 338. (Auch die Quitung des Apts von Ainsiedeln Anwalgts (Anwaldes des Abbtes von Einsiedeln) den Leibsaal Theophrasti Mutter Belangendt (Vergl. Hübner S. 335.) spricht für Einsiedeln. Konrad Geßner, Arzt zu Zürch, sagt: Theophrastus Bombastus ex Hohenheim, natione Germanus Eremita, utriusque medicinae professor, alicubi se Paracelsum vocat. (Bibliotheca universalis sive catalogus omnium scriptorum locupletissimus, authore Conrado Gesnero, Tigurino doctore medico. Tigur. 1545. Blatt 614. Seite 2.) Geßners Behauptung ist der malitiösen Behauptung des Erastus vorzuziehen. Denn 1) Geßner war Zeitgenosse des Paracelsus und ließ sein Werk vier Jahre nach dem Tode desselben erscheinen. 2) Auch war Geßner Theophrast’s Landsmann; er war Arzt zu Zürch, von welcher Stadt Maria Einsiedel nur vier Stunden entfernt ist. Aus jener und dieser Ursache konnte Geßner die Wahrheit wissen. Daß er sie auch sagen wollte, dafür bürget uns sein unbefangenes Urtheil über Paracelsus, welche Unbefangenheit und Wahrheitsliebe ihm Ehre machen. Erastu’s Absprechen hat auch darum keinen Werth, weil er bey der Bestreitung der Paracelsischen Medicin und Chirurgie sich nicht immer an die Sache hielt, sondern die Persönlichkeit des Autors angriff. Er vergaß ganz der Maxime gerechter Kritiker: Non quis, sed quid! Daran, ob Paracelsus von einem Hohenheim stammte, oder nicht, hätte dem Erastus wohl füglich Nichts liegen sollen! — Anders, als Erastus (welcher 1583 starb) urtheilte in Betreffe des Herkommens Theophrast’s der Rechtsgelehrte Nicolaus Reusner. Nach ihm (Icones sive imagines virorum literis illustrium. Argentorati 1587) war Paracelsus nobili editus familia. (In der Ausgabe 1590 blieb diese Angabe hinweg.) Lauter Zeugnisse für Theophrast’s adeliches Herkommen gegen Erastus! Philippus Theophrastus hat sich also, wie aus dem Gesagten erhellet, dieses Prädikat nicht ohne Grund beygelegt. Sennert (S. 31) sagt: ipse se appellat Philippum Theophrastum Bombastum ab Hohenhaim seu Paracelsum, ex nobilissima et antiquissima Familia in Eremo Helvetiorum. Daß es schon vor dem Vater desselben Theophrastus Paracelsus eine und zwar eine sehr alte Familie Bombast von Hohenheim zu Einsiedeln in der Schweiz gegeben habe, möchte ich mit Sennert gegen Erastus eben nicht behaupten. Aber daß es anderswo wirklich ein adliches Geschlecht Bombast von Hohenheim gegeben habe, ist gewiß. Die schwäbische Chronik von Martin Crusius (Frankfurt 1733. II. Theil hat an verschiedenen Orten (Seite 410 Spalte 1 S. 456 Sp. 2. S. 457 Sp. 1) das adliche Schloß Hohenheim (nachmahls Eßlingerhof oder Weiler) nächs dem Dorfe Plieningen bey Stuttgart angeführt. Lorenz Westenrieders historischer Kalender für 1801 (München Seite 282) sagt: „Theophrastus stammte aus der schwäbischen Familie Bombast ab, welche sich von dem Gute Hohenheim bey Plieningen im Würtembergischen Bombaste von Hohenheim nannte.“ — Einiger solcher Bombaste will ich hier erwähnen. Eines derselben erwähnte Schenk, in seinen observat., lib. 1. S. 15. — Im Jahre 1468 reisete Eberhard Graf von Würtemberg nach Palästina. In seinem Gefolge waren 24 Edelleute, unter welchen Georg Bombast war. Er war ein Johanniter Ritter. (Crusius S. 88 Sp. 1.) — Von einem andern Georg von Hohenheim, genannt Bombast, liest man im Verzeichnisse der Johanniter-Ordens-Meister, daß er dieses im Jahre 1553 geworden ist. (Vergl. Iselin’s historisches Lexikon, Artikel: Johanniter.) Er war früher bey der Wahl und Krönung des römischen Königs und nachmahligen Kaisers Ferdinand I. zu Frankfurt.) — Noch will ich die edle und jugendsame Frau Anna von Hohenheim genannt Bombastin, geborne Schlingen von Canstatt (Crusius, S. 262) anführen, welche am 6. Februar 1546 starb und zu Plieningen begraben wurde. — Lauter Beweise, daß es eine adliche und zwar vornehme Familie Bombast von Hohenheim gegeben hat.

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II. Großvater und Vater wie auch Mutter des Doctors Theophrastus Paracelsus.

Sennert (S. 31) sagt da, wo er vom Herkommen des Theophr. Par. spricht, unter Andern: genus Paracelsi. Parentes ejus qui fuerint, ad rem multum non facit. Sennert hat vollkommen Recht. So wenig daran liegt, wer Theophrast’s Vorfahrer gewesen seyen, so wenig hat doch einer der Leser eine Abneigung, jene doch etwas kennen zu lernen.

 a) Großvater. Er soll α) nach Einigen ein Johanniter-Ordens-Meister gewesen seyn, obwohl unverehelichet, dennoch einen Bastard oder unehelichen Sohn Nahmens Wilhelm, den nachmaligen Vater des Theophrastus, erzeuget haben. Aber der erst 1553 Johannier-Ordensmeister gewordene Georg von Hohenheim, Bombast genannt, war wohl nicht Vater des Wilhelm. Letzterer heirathete schon 1492. — Aber eben darum war jener Georg nicht Großvater Theophrast’s.

 β) Nach dem deutschen Merkur (1776 Jul. S. 86) soll der Großvater Theophrast’s ein Teutsch-Ordensherr gewesen seyn. Aber diese Benennung läßt zweifelhaft, ob ein Ordensmeister oder ob nur ein gemeiner Ordensritter gemeint sey. Schon diese Unbestimmtheit macht die Angabe verdächtig. De erste Fall hatte nicht Statt. Denn im Verzeichnisse der Deutschordensmeister in dem Iselin’schen histor. Lexikon (Artikel Deutscher Orden) kommt kein Bombast von Hohenheim vor. Der zweyte Fall hatte schwerlich Statt. Er ist wenigstens nie erwiesen worden. Eine muthmaßliche Hindeutung auf die einst nicht ungewöhnliche (öffentlichen und heimlichen) „Ehen“ geistlicher und vollends nur halbgeistlicher Personen *) ist schlechterdings kein Beweis! —

 b) Vater. Er hieß Wilhelm Bombast von Hohenheim. So nannte ihn der Sohn Theophr. Paracelsus, wie auch der Magistrat der Stadt Villach in seinem Zeugnisse; desselben ist auch gedacht in dem (3. und 1/2 Bogen kleinen) von Michael Toxites in klein 8. herausgegebenen und vom Herrn von Murr im neuen Journal für Kunst und Literatur (II. Theil) wie auch von Lorenz Hübner in seiner Beschreibung der Stadt Salzburg (1792 I. Theil Seite 336 bis 340) wieder abgedruckten Büchlein „Testamentum Philippi Theophrasti Paracelsi, des hocherfahrnen Teutschen Philosophi und Baider Artzney doctoris.“ — Weittern Innhalt dieses Büchleins hast du auf der andern Seiten dieses Plats Hierinn findest du, lieber Leser, wer Theophrastus und seine Eltern gewesen, wo sie gelebt und gestorben, und was er verlassen. Vormahls nie in Truck geben. Cum gratia et Privilegio Caesareo. Straßburg 1574.“

 In diesem Büchlein befinden sich „1) Urkundt oder Kundschaftbrief der Stadt Villach von Theophrasti Paracelsi Vaters leben und sterben 2) Testamentum Paracelsi canonisatum. 3) Inventarium Baracelsi. 4) Quittung des Apts von Ainsidln Anwalgts (Anwaldes des Abtes von Einsideln) den Leibfaal (Sterbfall) Theophrasti Mutter belangendt.“

 Wilhelm war ein Edelmann aus Schwaben und zwar aus dem Würtembergischen; mit Fleiß studierte und erlernte er die Medicin, wurde licentiatus medicinae und Landarzt oder Arzt auf dem Lande; auch besaß er eine damahls vortreffliche Bibliothek und benützte sie fleißig. So wurde er in seiner Art ein Gelehrter. Helmont (S. 222 Sp. 2) sagt: pater Paracelsi in medicum trivialem, bibliotheca insigni divitem, evasit. (den medicum trivialem übersetzte ich nicht durch gewöhnlichen oder gemeinen Arzt.) Wilhelm hat sich im Schweizerlande und zwar mit Kantone Schwytz angesiedelt, nähmlich zu, oder vielmehr bey Maria Einsiedeln. Da hat er 1492 geheirathet und seinen Sohn Theophrast erzeuget, welche dann 1493 geboren wurde. Wilhems Aufenthalt kann von nun an nur kurz gewesen seyn. Er zog nach Villach, dieser damahls fürstbischöflichen Bambergischen Stadt im österreichischen Lande Kärnthen, und ließ sich als Arzt nieder. Daselbst soll seinem dreyjährigen Sohne Theophrast, also 1496, ein Unglück (wovon jedoch später) begegnet seyn. Wilhelm erfreute sich, seiner Geschicklichkeit wegen, einer guten Aufnahme. Er wirkte da 32 Jahre lang. Wie beliebt er gewesen sey, erhellet aus der oben (sub Nr. 1 angeführten) Zufriedenheitsbezeugung des Magistrates der Stadt Villach. Für die Liebe und Güte, welche dem Vater Wilhelm von den Ständen Kärnthens 32 Jahre lang erwiesen worden waren, hat der Sohn Theophrast in der Zueignung seiner Chronik Kärnthens den Kärnthner Ständen nachmahls (1538) verbindlich gedanket. Vater Wilhelm hatte sich auch die Bildung seines Sohnes Theophrast angelegen seyn lassen, wie ihm dieser dankbar nachgerühmet hat.

 Dennoch hat dieses, von einem löblichen Magistrate so ehrenvoll ausgezeichneten, Ehrenmannes ehrlichen Nahmen die Hydra Bosheit scheußlich zu bemackeln oder zu beschmutzen getrachtet! Man hat ihn, den Vater Theophrast’s, jedoch nur in der abscheulichen Absicht beschimpfet, um dadurch seinem Sohne dem Doctor Theophrastus Paracelsus mehr als einen Schimpf anzuthun oder Schmach zuzufügen! Denn 1) man hat vorgegeben, daß ein Sanct-Johanniter-Ordens-Meister, also ein unverehelichter Herr, der Vater des Wilhelm, daß also Wilhelm nur ein Bastard oder unehelicher Sohn jenes Ordensmeisters gewesen sey. Aber dadurch, daß ich vom Vater Wilhelms die ihm gemachte oder zugefühgte Beschimpfung, einen Ba-

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*) Das Testament Theophrasts hat 1540 Hanns Kalbßor ain beheyratheter Clerik Salzburger-Bisthums aufgesetzt. Vom Wolf Dietrich spricht Zauners Chronik von Salzburg VIII. Theil Seite VIII. und 89. —
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stard erzeuget zu haben, glücklich abgewendet habe, rechtfertigte ich zugleich den Sohn Wilhelm gegen die ihm zugefügte Schmach einer Bastardabkunft! Johann Baptist von Helmont (opera omnia Francofurti 1682 Seite 222 Spalte 2 und Ex bibliopolio Hafniensi 1707 S. 222 Sp. 2) sagt daher mit Unrecht: pater Paracelsi Equitem Tentonicorum Magistri nothus. Wenn auch noch der deutsche Merkur 1776 Jul. S. 86 behauptete, der Vater des Paracelsus solle ein Bastard des besagten Edelmannes gewesen seyn; so hat er freylich nur eine Sage angeführt. Aber wie konnte der umsichtige Herausgeber, jene Sage erst zu prüfen, unterlassen?! Wie konnte er sie aufnehmen?! Sie war und ist ja eine Erdichtung oder Lüge! — Indem Par. väterlicher Seits von adlicher Abkunft war; so ist die Behauptung in Mezgeri hist. Salisburgensis 1692 S. 550: Fuit plebeis modicaeque sortis parentibus, zur Hälfte falsch! — —

 1) Man hat dem Wilhelm nachgesagt oder vorgeworfen, daß er seinen Sohn Theophrast kastrirt habe. So log man immerfort, um den Vater zu injuriren, und den Sohn auch als einen Eunuchen zu beschimpfen!! —

 c) Mutter Theophrast’s.

 Ihr Herkommen ist mir nicht bekannt. Sie muß in ihrem ledigen Stande eine Person von gutem Leumunde und Herzen gewesen seyn. Darum wurde ihr die Aufsicht über das Krankenhaus der Abtey Maria Einsiedel anvertrauet. Ihrer hat der Abteyprocurator Wesener in einer Quittung gelegenheitlich erwähnet. (Vergl. Murr, S. 183, 276. Sprengel, S. 339.) Wahrscheinlich hat Wilh. von Hohenheim sie in ihrem Dienste im Spitale als eine recht sorgenvolle Krankenwärterinn gelernet, und ihrer liebevollen Krankenpflege wegen lieb gewonnen. Er hat sie 1492 geheirathet, wenn anders sein und ihr (wie ich glaube) 1493 geborner Sohn Theophrastus ihr erstes Kind gewesen ist.

III. Philipp Theophrast’s verdächtigte, ja geradezu geläugnete, Geburts-Legitimität in Schutz genommen.

Andere Feinde desselben, als die besagten, lassen nicht den Vater Wilhelm, sondern den Sohn Theophrastus einen Bastard eines Commenthurs (Commandeurs) des Duetschen Ordens zu Adenau: oder Ardenaw in der Eyffel gewesen seyn. Ein solcher, welcher dieses behauptete, war Matthäus Quade in seiner Schrift von der deutschen Nation Herrlichkeit. Für seine Behauptung führte er jedoch nur den Umstand an, daß in der Kirche zu Anna die Wappe des Commenthurs gefunden werde. Also Suden’s gelehrter Critikus (Leipzig 1706. III. Theil. Seite 997) und Lorenz Hübner (S. 346.) Aber Quade’s Behauptung hätte Suden’s gelehrter Kritikus nicht ohne kritische Bemerkung erzählen sollen. Doch er verstand sich auf historische Kritik nicht im mindesten! Der gelehrte Kritikus war nur ein unkritischer Gelehrter! Gegen die Legitimiät des zu Maria Einsiedel in der Schweiz legitim gebornen Sohnes des Doctors Wilhelm Bombast von Hohenheim kann die Wappe eines Herren aus dem Deutschen-Orden, welche sich in der Kirche zu A—: in der Eyffel befindet, schlechterdings Nichts beweisen. (Dagegen würden die Kirchenbücher der Pfarrey zu A. etwas bewiesen haben.)

 Solche, wie Quade’s Behauptung, grundlose Erzählungen oder Vorgeben nöthigen mich zur Verwerfung der so albern erlogenen Mähre oder Fabel.

IV. Wider eine unstatthafte aus der vorgeblichen Geburts-Illegitimiät Theophrast’s sophistisch gezogenen Consequenz.

Im Wahne, durch bloße Behauptungen oder allenfalls durch eitle Schein-Gründe die Bastard-Geburt Theophrasts erwiesen zu haben, haben seinetwegen jene, welche seine Ansichten des damahligen Medizinal-Wesens und seine abweichenden Theorien bestritten, gemeinet oder gewähnet, von der Sache Theophrasts absehen und die Person desselben angreifen zu dürfen, um durch Personalitäten die Sache selbst niederzudrücken. Aber nur die Maxime: non quis, sed quid kann bey gelehrten Streitigkeiten gelten und muß befolgt werden. Man muß Gründe entgegenstellen und sie kaltblütig oder ruhig abwägen. Man darf, statt sie zu prüfen, nicht die abwägenden Personen schmähen.

Gründe für und Gründe gegen
wäge du und laß mich wägen.
Schelte nur die Waage nicht! —

Aber wie gewisse Polemiker ihre Lehr- oder Schulmeinungen, wenn sie diese nicht mehr vertheidigen konnten, durch Verketzerungen der ihnen widersprechenden und ihnen weit überlegenen Personen zu retten suchten und so sich zu helfen meinten *); so nahmen Theophrast’s Gegner ihre Zuflucht zu Beschimpfungen desselben, sogar zu Verläumdungen seines Vaters, ja sogar zur Verunglimfung des Großvaters, eines untadeligen Edelmannes. Man kennt den Weid-Spruch: heroum filii — noxae! So glaubten Theophrast’s Feinde, von seiner vorgeblich illegitimen Geburt eine Consequenz auf die Unstatthaftigkeit seiner medizinischen Ansichten und Lehren machen zu dürfen. Aber diese sophistische Consequenzmacherey führte sie doch nicht zum Ziele ihrer erbärmlich egoistischen Umtriebe gegen Theophrastus Paracelsus. Neben obigem Waldspruche gielt doch gewiß auch der umgekehrte Satz: noxarum filii heroes! Für die Wahrheit dieses Satzes liefert die Geschichte sehr viele Beweise. Auch Theophrastus Paracelsus war in einer gewissen Hinsicht ein Heros. Wie der Heros Herakles oder Herkules den Stall des Augias säuberte und die Lernäische Sumpfhydra erlegte; so hat Theophrast’s Kampf wider das herkömmliche Medicinalunwesen vielen Wust weggeräumet und viel gutes z. B. mittels seiner chemischen Bemühungen bewirket. Obgleich sein angebliches System nur ein medicinisch chirurgisches Chaos war und obschon in seinen schriften viel Wust ist; so muß, ungeachtet sein System mit allem seinem Guten als völlig unbrauchbar schon längst veraltet ist, in der Spreu seiner nun unnützen Schriften doch manches Goldkörnchen vorkommen, welche man in dem Geschreibsel anderer Ärzte, Chirurgen und Chemiker vergebens suchen würde, wie die Literärgeschichte der Medicin etc. der Wahrheit zur Steuer behauptet, während seine Gegner und ihre Schriften längst vergessen sind!!!

 Dr. Thomas Lieber nannte sich lieber Erastus. Wie ungerecht wäre die Consequenzmacherey, a) daß Lieber ein Kind der Liebe gewesen sey und b) daß deswegen seine Schriften völlig Werthlos seyn müßten!! Aber er änderte seinen Nahmen Lieber nicht darum, weil er ein Bastard war, in den gleichbedeutenden Nahmen Erastus ab. Wenn er ein Bastard gewesen wäre, so wären darum seine Schriften nicht schlechter gewesen, als sie waren.

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*) Sie heilen, statt Gründen, sich mit Teufeln!!! —
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V. Von den Namen des Aureolus Philippus Theophrastus Bombasts von Hohenheim, genannt Paracelsus, Germanus Suevus Arpinas und Hevetius Eremetia zubenannt.

In folgender Schrift erscheinen folgende Namen: Philosophia Theophrasti Bombast ab Hohenheim, Suevi Arpinae Germani Eremitae ad Athenienses(?) Bei Heinrich Smetius (Miscellanea medica. Francofurt 1611. S. 683) heißt unser Doctor Aureolus Philippus Theophrastus Paracelsus Bombastus ab Hohenheim Eremita Helvetius. Aus beiden Namens-Angaben habe ich obiges vollständiges Verzeichniß der Namen des Doctors Theophrastus Paracelsus ergänzet. In meiner Namen-Angabe habe ich die Namen nur etwas anders geordnet.

 Bei Einigen kommt der Name Aurelius vor. Vergl. Reusner 1587. (Aber in der Edition 1590. S. 100 heißt er Aureolus). Vergl. auch Melchior Adam 1620 S. 28. — Bei Andern heißt unser Doctor aber Antonius. Vergl. Joh. Fabricii hist. biblioth. suae. P. V. S. 32. — Er selbst hingegen nennt sich Aureolus, z. B. in seinem Buche vom Tartarus. — Woher oder warum er diesen Namen angenommen habe, ist ungewiß; nach Einigen darum, weil er bey dem heil. Hieronymus Lib. I. contra Jovianum gelesen habe: extat aureolus Theophrasti liber. (Vergl. Reimmann, V. Th. S. 154. Acta philosophica, vol. 1. S. 7.) Abgesehen davon, daß da ein älterer Theophrastus gemeinet sei, so ist diese Namens-Deduction darum nicht wahrscheinlich, weil Paracelsus die alten Schriftsteller verachtete und sie nicht las, noch viel weniger den heil. Hieronymus, dessen Werke ja in sein Fach nicht einschlugen. Hat er sich, oder hat man ihm den Nahmen Aureolus vielleicht als einem Adepten oder vorgeblichen Goldmacher gegeben?!

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 Der Name Philippus kommt in seiner Schrift de nova methodo medendi vor.

 Den Namen Theophrastus (Gottes-Redner oder Gottbegeisterter Sprecher) hat Paracelsus, wie er versichert, schon in der heil. Taufe bekommen. Es ist also eine Unwahrheit, wenn Lorenz Westenrieders historischer Kalender für 1801 (München S. 282) sagt, daß Paracelsus sich Theophrastus nannte und zwar nur aus Eitelkeit! — Im geographisch-topographischen Wegweiser durch die östreichische Monarchie von J. K. H*** (Kaschau 1824) wird, da, wo von Salzburg die Rede ist, (S. 14) Theophrats erwähnet, statt Theophrast’s.

 Bombast von Hohenheim waren seine Geschlechts- oder Familien-Namen. Der Name Bombast bezeichnete die adeliche Familie, von welcher Paracelsus seine Abstammung herleitete. Mathäus Quade (Teutscher Nation Herrlichkeit) sagt, daß Paracelsus ein Edler aus dem Geschlechte von Brombast gewesen sey. Dasselbe sagt Lorenz Hübner in seiner Beschreibung der Stadt Salzburg, 1792 I. Bd. Seite 346. Aber die Schreibung Brombast ist fehlerhaft. Denn das adeliche Geschlecht hieß Bombast. Hohenheim bey Plieningen in Schwaben, und zwar im Würtembergischen war das Gut dieser Familie, wie die schwäbische Chronik von Crusius und Lorenz Westenrieders historischer Kalender für 1801 (München, S. 282) sagt. — Eine Linie oder ein Zweig dieser schwäbischen Adels-Familie hat sich im Elsaß niedergelassen. Vergl. Conring de med. hermet. lib. 2. p. m. 338 etc. Paracelsus stammte jedoch von der schwäbischen Linie ab. Deßwegen ist einzelnen Bänden seiner Schriften die Aufschrift vorgesetzt: Philippus Theophrastus Bomnbast Hohenheimensis Suevorum, ex panegyris nobilium Arpinas, ex Conföderatorum Eremi Eremita. Doctor Theophrast hieß also mit dem Geschlechts- oder Familien-Namen Bombast, und zwar von Hohenheim. Nachmals beliebte es ihm, den Beysatz ab Hohenheim oder Hohenheimensis in die vox hybrida oder in das griechisch-lateinische Zwitter-Wort Paracelsus abzuändern. Konrad Geßner (1545 am angeführten Orte, Blatt 614 S. 2) sagt: Theophrastus Bombast ab Hohenheim natione Germanus Eremita, utriusque medicinae professor, se alicubi Paracelsum vocat. — Und Leo Suavius sagt: cognomen „Paracelsus“ aliquando assumsit, quum proprium esset Bombast. (Compendium medicinae Theophrasti Paracelsi, Basileae 1568. Seite 12). — Bey Reußner (1587 am angef. Orte) heißt er Paracelsus, aliàs Bombastius, ab Hohenheim; statt: Bombastus ab Hohenheim, aliâs Paracelsus. In der Edition 1590. heißt Paracelsus S. 100 nur Aureolus Philippus Theophrastus Paracelsus — Helmont (1707 S. 222 Sp. 2) nennt ihn Aureolum Philippum Theophrastum a Bombast. Paracelsus selbst unterschrieb sich am Ende der Dedication seiner Werke (Opera. Edit. I. Tom. II. S. 149) Aureolus Theophrastus ab Hohenheim. (Vergl. Brucker, a. a. O. 1766. S. 647) Theophrastus übersetzte Hohenheim in Paracelsus. Brucker (a. a. O.) sagt: non dubium est, nomen Paracelsi et ab Hohenheim synonymum esse et more illius aetatis ex germanico patronymico factum fuisse Paracelsi appellationem partim graecam partim latinam. Scriptorum enim Titulus id nos docet, in quo nomen ejus ita exprimitur: Philippus Theophrastus Bombastus ab Hohenheim, dictus Paracelsus. (Fragm. med. Tom. V. opp. p. 134). Mich wundert, daß Theophrast, ein abgesagter Feind des Gebrauches gelehrter Sprachen und ein entschiedener Gebraucher der teutschen Sprache in seinen Lehr-Vorträgen zu Basel es über sich gewinnen konnte, seinen erhlichen teutschen Namen zu entteutschen! — Doch das war damals Mode, unter welche sich zu beugen Theophrastus schwach genug war! Aber daß er seinen Namen Hohenheim in die vox hybrida oder in das griechisch-lateinische Zwitterwort Paracelsus (also schlecht) übersetzte, wundert mich an dem der griechischen Sprache nicht und der alteinischen zu wenig kundigen Theophrastus nicht im mindesten. Ungeachtet Theophrastus selbst sich einen Hohenheim nannte, nennt ihn doch Jöcher in seinem Gelehrten-Lexikon (im Artikel Paracelsus) Par. von Hohenstein. Ja Haller (biblioth. med. pract. II. Band. S. 2) hat sogar das Zeugniß eines Lorenz Zollweger, Amtmannes in Appenzell beygebracht, daß Par. eigentlich Höchener geheißen habe. Herr v. Murr (neues Journal für Kunst und Literatur. II. Theil. Seite 179) scheint dieses für einen Druckfehler (statt Hohenheim) zu halten. Aber Kurt Sprengel (S. 338) sagt, dagegen streite der sonst äußerst korrecte Druck der Haller’schen Bibliothek. Aber der Schreibung „Höchener“ widersprechen a) Theophrast’s eigene bestimmte Aussage und Schreibung Hohenheim, b) die unzweydeutigen Zeugnisse seiner Zeitgenossen z. B. des Konr. Geßner, welcher kurz nach dem 1541 erfolgten Tode des Paracelsus sein schon früher und zwar schon zu Theophrast’s Lebzeiten größtentheils fertiges Werk 1545 herausgab. — Paracelsus nannte sich Germanus, weil er mittels seines Vaters aus Teutschland stammte. Er hieß sich Suevus, weil er mittels desselben ein Schwabe war. Von seinem Vaterlande Schweitz nannte er sich Helvetius. Nach seinem Geburtsorte Einsiedel hieß er sich Eremita.

VI. Vom Vaterlande und Geburtsorte des Paracelsus.

Paracelsus war aus der Schweiz gebürtig. In seiner sechsten Vertheidugng sagt er: Von der Natur bin ich nicht subtil gesponnen; es ist auch nicht der Schweitzer Art, welche unter Tann-Zapfen aufwachsen.

 Mezgeri historia Salisburgensis 1692 Seite 550 behauptet: Fuit patria Hohenheimensis Helvetius. — Der gelehrte Critus von Hermann Suden (Leipzig 1703 III. Theil. Seite 997) sagt: sein Geburtsort war das Dorf Hohenheim oder Einsiedel im Zürcher Gebiethe. — Zimmermann (von der Erfahrung in der Arzneykunde I. Th. Zürch 1763 S. 118) sagt, Paracelsus sey aus dem Kantone Appenzell gewesen. Halle (am angeführten Orte) erwähnet des Zeugnisses Lorenz Zollwegers, eines Amtmannes in Appenzell, daß Paracelsus aus Gaiß im Kantone A. gebürtig gewesen sey. — Schröckh erwähnte in seiner Lebens-Beschreibung berühmter Männer (1. Th. S. 43) der Meinung, daß Hundweil oder Huntswyl im Kantone Appenzell der Geburts-Ort Theophrast’s gewesen sey. Auch Bouginé (Handbuch der allgem. Literär-Gesch. Zürch. VI. Th. S. 180) nennt diesen Ort. — Kurt Sprengel (S. 338) sagt, er wisse nicht, worauf sich diese Meinung gründe.

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 Auf Nichts! Denn Paracelsus war aus dem Kantone Schwyz gebürtig. Denn in diesem liegt der Ort Maria-Einsiedel, bei welchem Theophrast’s väterliches Haus und sein Geburtsort stand. Es stand an der über das tiefe Ufer der wilden Sil gebauten „Teufels-Brücke“ etwa 1 Stunde von Einsiedeln. Das Haus wurde seiner Baufälligkeit wegen 1814 abgebrochen. Ein neues Haus war aufgeühret, als ich auf einer Ferien-Reise durch einen Theil der Schweitz 1815 dahin kam. Wenn Paracelsus da, bey Maria-Einsiedeln, geboren wurde, so irren jene, welche ihn zu Maria-Einsiedeln selbst, und noch mehr jene, welche ihn anderswo geboren seyn lassen. Solche sind z. B. a) das allgemeine historische und geographische Lexicon von Iselin, Beck und Buxtorf V. Theil Basel 1744 S. 568. b) Jöchers allg. Gelehrten-Lexicon. Leipzig 1751 III. Th. Spalte 1245 c) Bougine’s Handbuch der allg. Literär-Gesch. Zürch 1790 II. Th. S. 259 d) Jägers und Mannerts Zeitungs-Lexicon I. Th. Nürnberg 1805 S. 631 e) Leben und Lehr-Meinungen berühmter Physiker am Ende des XVI. und Anfange des XVII. Jahrhunderts, herausgegeben von Taddä Rixner und Thaddä Siber. Sulzbach 1819 1. Heft. f) Der Aufmerksame, Grätz 1820 Nr. 33 Seite 2 Spalte 2. — Alle diese ließen den Paracelsus zu Einsiedeln selbsten geboren worden seyn. — g) Bouginé, welcher im II. Theile ihn zu Einsiedeln geboren worden seyn läßt, läßt im VI. Theile denselben zu Hundsweil (Huntswyl) geboren worden seyn. — h) Das neue Zeitungs- und Conversations-Lexikon (Wien 1812 IV. Band S. 113) hat durch die Äußerung, Paracelsus sey in der Nähe von Zürch geboren, doch den eigentlichen Geburts-Ort desselben, nämlich Maria Einsiedeln 4 Stunden, oder Zürch nicht bestimmet.

 Selbst in Betreff Mariä-Einsiedls fehlet es nicht an verschiedenen Äußerungen über diesen Ort. Das besagte allg. hist. und geogr. Lexicon von Iselin, Beck und Buxtorf, so wie Jöchers Gelehrten-Lexicon nennen Einsideln ein Städtlein. Maria-Einsiedel ist aber nur ein Flecken.

 Da die etwa eine Stunde betragende Entfernung des väterlichen Hauses und des Geburts-Ortes unsers Theophrastus von dem Orte Maria-Einsiedeln gewisser Massen Nichts beträgt, so wurde sie nicht in Anschlag gebracht. Deßhalb stimmt Theophrasts Aussage für Maria-Einsiedel als für seinen Geburtsort, darum sprechen die Zeugnisse seiner ortskundigen Zeitgenossen unzweydeutig für Maria-Einsiedel. Paracelsus selbst nennt den Ort Einsidlen, in regione Helvetiorum. Oft heißt es sich deßwegen auch Eremita. Auch Andere nannten ihn so. So z. B. hat der bekannte Desiderius Erasmus von Roterdam, welcher mit Paracelsus gleichzeitig zu Basel gelebt hatte, dem Theophrasto Eremitae geschrieben. — Für Einsiedel spricht auch Theophrast’s vom besagten Hanns Kalbßor, „aus Kaiserlicher Gewalt offner Inventation berüfften und requirirten Notari“ aufgesetztes Testament. In diesem heißt es: „Zum vierdten, Seinen nägstgesetzten Freunden, so zu den Ainsidln in Schweitz wohnhafft sein sollen, Legiert und verordnet (er, der Testamentmacher) Zehen Gulden in Münz.“ (Vergl. Hübner a. a. O. S. 338.) Toxites lieferte überdieß die Quittung eines gewissen Peter Wesener, Procurators (Anwaldes) der Abtei Maria Einsiedeln, in welcher dieser bezeuget, daß die nächsten Verwandten des Paracelsus zu Einsiedeln ihm zehn Floren (10 Gulden), welche ihm Par. übermachte, ausbezahlet hätten. (Sic?) Wesener nennt den Testator Par. seinen lieben Vetter. Gelegenheitlich wird der Mutter des Paracelsus gedacht, daß sie die Aufsicht über das Kranken-Haus der Abtei zu Einsiedeln geführet habe. (Murr S. 185. 276. Kurt Sprengel S. 339.) Das waren gewiß lauter Verwandte mütterlicher Seits, da Theophrast’s Mutter zu Einsiedeln lebte, als Wilh. Bombast (von Hohenheim im Würtembergischen) sie daselbst heirathete und mit ihr den Theophrastus erzeugte. Sie war als eine gewesene Unterthanin des Fürst-Abtes zu Maria-Einsiedel nicht auch wie Wilhelm Bombast von Hohenheim frey, sondern eine gelbae ad scripta. mich versicherte Herr Brodhagen, Decan (Prior) der Abtei Maria Einsiedel, daß man aus dem Tauf-Register wisse, Paracelsus sey dem Kloster eigen (leibeigen?) gewesen. Nach meiner Überzeugung kam dieses daher, weil seine Mutter von gemeiner Herkunft und die vom Edelmanne Wilh. Bombast von Hohenheim mir ihr, als einer unadeligen Person vollzogene Heirath, eine Miß-Heirath war, wegen welcher sie fortwährend dem Kloster „eigen“ blieb, ja wegen welcher Heirath selbst der Sohn, obschon von väterlicher Seite adelig, doch mütterlicher Seits von gemeiner Herkunft, aus dem Bereiche des Fürst-Abtes von Einsiedeln, dem Kloster „eigen“ wurde und war!

VII. Geburtsjahr.

Es wird von Verschiedenen verschieden angegeben.

 a) 1483. Melchior Adam (am ang. Orte, S. 28) erzählt: est non nemo, qui Theophrastum natum velit anno 1483 die 10. Nov. Aber Adam selbst ist anderer Meinung.

 b) 1493. In diesem Jahre lassen den Theophrastus geboren seyn α) besagter Melch: Adam; β) Heinrich Smetius (miscellanea medica. Francofurti 1611 Seite 683) sagt: natus videtur vel anno 1493 finituro, vel 1494 non diu inchoato. γ) Pauli Freheri theatrum virorum eruditione clarorum (Norimbergae 1688 Spalte 1225) sagt: natus anno 1493. δ) Iselin’s etc. etc. historisches etc. Lexikon (V. Theil 1744. Seite 568 Spalte 1) sagt, daß Paracelsus 1493 geboren worden sey. ε) Brucker (hist. critica philosophiae 1766. IV. Band 1. Theil S. 647) sagt: natus est 1493. Aber er setzt bei: sunt, qui alium annum natalem illi assignant; quidam enim (apud Teissierium) annum 1443 vel 1449 ponunt, alii (apud Adamum) 1483, fidem tamen non merentur.

 Rixner und Siber (1819) stimmen (S. 3) für das Jahr 1493.

 1494. Sennert (1629. Am angef. Orte, Seite 35 Spalte 2) sagt: natus es circa annum 1494. Der Ausdruck circa läßt unbestimmt, ob Par. vor oder nach dem Jahre 1494 geboren worden sei.

VIII. Von der vorgeblichen Kastration oder Entmannung Theophrast’s in seiner Kindheit und von der daher rührenden vorgeblichen Bartlosigkeit desselben im Mannesalter.

Erastus, Helmont, Quade etc. redeten von jener Verstüm-

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melung auf verschiedene Weise. Denn man fabelte 1) von einer zufälligen Entmannung.

 a) Helmont (1707 S. 22 Spalte 2) sagt: trivium sus castraverat. — Rixner und Siber haben S. 27 nacherzählend geschrieben, Paracelsus sey im dritten Jahre seines Lebens durch ein Schwein entmannet worden. Auch Hofrath Osiander, Prof. der Med. zu Göttingen, hat auf seiner Reise nach Salzburg 1817 Theophrast’s Schedel dahier gesehen und bei dieser Gelegenheit geäußert, daß Theophrast durch ein Schwein entmannet wurde. So berichtete der Correspondent von und für Teutschland 1817 Nr. 347. Seite 1476.

 b) Andere lassen das Unglück durch Gänse geschehen sey. Aber gegen diese Annahme äußerte sich Hr. Phi. Vonend, Pfarrer zu St. Martin bei Villach, im Archiv 1827 Nr. 40 {korrigiert aus: 4} Seite 231 Spalte 1 also: „Theophrastus, ein mürrischer Weiberfeind, huldigte nie der schalkhaft lächelnden Cypris. Seine Zeitgenossen geben als Ursache an, er sei, da er als Knabe in Kärnthen die Gänse gehütet habe, durch einen zufall combabisiret worden. Aber dieses wiederfuhr dem jungen Paracelsus kaum. Denn a) in der Villacher Gegend werden keine Heerden Gänse geweidet und b) sein Vater, ein ansehnlicher Bürger, würde auch nicht seinen Sohn zum Hüter bestellet haben. Die Enthaltsamkeit des Theophrastus scheint nur eine Folge seiner sonderbaren Meinung α) über die liebende Annäherung beyder Geschlechter und β) über die Befruchtung des Weibes gewesen zu seyn. Gottfried Arnolds Historie 1715 S. 429.“ — Andere fabelten 2) von einer absichtlichen Castration.

 a) Einer, Erastus, sagt, daß diese That von einem Soldaten verübet worden seyn solle; er sagt, man habe ihm erzählet, puero, cum in Carinthia anseres pasceret, a milite testes (testiculos) exsectos esse. Erasti disp. de medicina Paracelsi, P. 1 pag. 237. Daraus hat es Brucker S. 649 nacherzählet. Aber der besagte Erastus gehörte unter die erbittertesten und boshaftesten Feinde des Paracelsus, welche sein Leben mit allen möglichen Verächtlichkeiten und Beschimpfungen entehret haben! Mit Recht hat Conring das ganze Vorgeben unter die boshaftesten Verläumdungen gezählt (Teutscher Merkur 1776. Julius S. 90.)

 b) Matthäus Quade sagt sogar, daß Theophrast’s Vater selbst ihn in der Jugend habe ausschneiden lassen. Dieses erzählt Sudens gelehrter Kritikus (oder unkritischer Gelehrter!) S. 998. Sieh Merian. — Lorenz Hübner S. 346 hat jene vorgebliche That, eine so arge Unthat, unkritisch nacherzählet! —

 Diese so verschiedenartigen Erzählungen von der Entmannung Theophrast’s müssen schon bei gewöhnlichen Lesern den Verdacht, daß keine lautere Wahrheit erzählet sei, erregen. Um so mehr müssen jene verschiedenartigen Erzählungen in den Augen prüfender Leser nur als blauer Nebel, oder nur als leerer Dunst erscheinen.

 Weil jedoch alle jene Fabeleien bald als Nichts oder in ihrer Nichtigkeit erscheinen mußten, hat man sie, um sie zur Scheinbahrkeit zu prägen, mit neuen Fictionen auszustaffiren gesucht. Aber wie der Kenner sich vom Flittergolde oder von dem goldähnlichen Kupferkies nicht täuschen läßt, so haben die Fabler ihr Mährchen vergeblich als Wahrheit zu constatiren, oder zu erwahren d. i. zu vergewissen gesucht! Sie haben auf Mährchen nur Mährchen gehäufet, so ihr Gebäude nur auf Sand gebauet, oder eitle Luft-Schlösser errichtet. Ihre neuen Mährchen waren, a) Paracelsus habe als Mann keinen Bart gehabt, b) sein noch vorhandener Schedel sey in seiner Formation nicht sowohl einem männlichen Kopfe gleich, als vielmehr nur einem weiblichen ähnlich.

 Für die Gewißheit der Entmannung Theophrasts (in seiner Kindheit) würden diese zwei Umstände allerdings zwei neue und zwar bündige Beweise liefern; ja man könnte mit dem zweiten Beweise die Zweifler und sogar die Ungläubigen ad oculum überzeugen, wenn die zwei Umstände nur nicht selbst den Fehler hätten, daß der erste unwahr, und der zweite zweifelhaft ist. Es ist nothwendig, dieses zu erweisen.

 Ad a) Dem Herrn von Murr (S. 182) hat Kurt Sprengel (S. 339. Note 67) nachgesprochen: „so viel ist gewiß: Paracelsus hatte keinen bart und haßte das weibliche Geschlecht.“

 Da, wo im Korrespondenten von und für Teutschland vom Schedel des Paracelsus und von dem Prof. Osiander die Rede ist, heißt es, daß Paracelsus nirgends mit einem Barte abgebildet wurde.

 Aber nach der Erzählung vieler Bericht-Erstatter (z. B. Suden’s, Seite 1006) hat Paracelsus selbst von seinem Barte gesprochen, indem er da, wo er gegen die Ärzte zu seiner Zeit loszog, sagte: Ihr Herren Medici! Mein Bart hat mehr, als euere Akademien erfahren! — Nach Kurt Sprengels Geschichte (S. 346) hat Paracelsus behauptet, daß alle hohen Schulen nicht so viel als sein Bart erfahren haben! — Da hat Paracelsus gewiß nicth vom Mangel an Bart, oder von Bartlosigkeit gesprochen. Mit einem Geständnisse der Bartlosigkeit würde er, statt die Universitäten verächtlich zu machen, nur sich selbst lächerlich gemacht haben! Eben darum wollte und konnte er nicht sagen, daß er „nicht viel,“ noch viel weniger aber, daß er keinen Bart habe.

 Somit ist der erste Beweis, daß Paracelsus entmannet worden sey, als nichtig erwiesen! Der vorgebliche Umstand hatte nicht Statt, ist also kein Beweis; er ist nicht einmahl ein Scheinbeweis. Das habe ich theils aus Theophrast’s Munde oder Feder, theils aber auch ex absurdo des vorgeblichen Beweises zur Genüge erwiesen. 

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 Ad b) Professor Osiander würde nach der Versicherung des Correspondenten von und für Deutschland den Schedel und die Knochen für weibisch (weiblich) gehalten haben, wenn er nicht gewiß wüßte (gewußt hätte), daß keine Verwechslung vorgefallen. Sonach ließ Osiander Theophrast’s Schedel nicht etwa einem weiblichen etwas ähneln oder ähnlich seyn, sondern völlig gleichen. Er erklärte das Räthsel daraus, daß Paracelsus in früher Kindheit entmannet wurde, wodurch bekanntlich Menschen und Thiere sich verweiblichen und z. B. ein Ochs einen Kuhkopf und Kuhhörner bekomme, ein Kapaun in seinem Körperbaue sich mehr der Henne nähere, und ein Kastrat ein weibliches Oval-Gesicht, einen weiblichen Hals u. s. w. erhalte; schon Erastus, ein Zeit-Genosse (?) des Paracelsus, sage von ihm, man könne das ihm als Knaben widerfahrne Unglück ihm am Gesichte ansehen.

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 Aber die Weiblichkeit der Formation eines Schedels ist niemahls so unbezweifelbar, als wie es die Formation des Beckens weiblicher Skelette ist. So wie der bloße Anblick eines und des andern Gesichtes und zwar nur des Gesichtes, z. B. bey vielen ja bey den meisten Kindern männlichen und weibliches Geschlechtes, selbst bei Knaben und Mädchen, ja sogar noch dann und wann bey Jünglingen und gereiften Jungfrauen *) nicht immer auch gewiß das Geschlecht (als gewiß männlich oder als gewiß weiblich) erkennet, sondern es zweifelhaft lassen muß; so ist es auch mit vielen Schedeln!! Ihr Geschlecht läßt sich nicht immer absolut und unzweifelhaft bestimmen. Wenn die Formation abweichet, wenn die Formation männlicher Schedel an etwas Weibliches glauben macht, wenn die Formationen weiblicher Schedel (wie manche weibliche Gesichter männliche Züge haben) etwas Männliches verrathen oder anzudeuten scheinen; so ist ein von der Formation des Schedels unsers Theophrast hergenommener Schein, daß an demselben eine gewisse Weiblichkeit oder doch etwas Weibliches unverkennbar sey, darum wohl noch kein Beweis der Unmännigkeit (nicht der Unmännlichkeit) des Theophrastus Paracelsus, welche durch Kastration entstanden wäre. — Dazu kommt, daß es ungewiß ist, ob die Beschauung des Schedels, welcher zu Salzburg als Theophrast’s Schedel gilt und gezeiget wird, von der Identität überzeuge. Die Beschauung führet nicht nur zu keiner Gewißheit, sondern erreget vielmehr einen erheblichen Zweifel! Nicht darum, weil nach der Ausgrabung des Schedels und bey dem Verschließen desselben in die Pyramide 1752 auf eine (bey Reliquien übliche) Authentica oder Verificirung der Ächtheit des Schedels vergessen worden ist oder seyn mag, weßwegen sie fehlet; sondern aus einem ganz anderen Grunde, welchen ich jedoch erst später und zwar sonderbar genug in der Abtheilung XV: „Erwähnung der vielerley Fabeleyen von verschiedenen Todesarten des Paracelsus“ angeben kann und werde.

IX. Literärische Bildung Theophrast’s.

Seine erste literärische Bildung erhielt Theophrastus Paracelsus von seinem Vater Wilhelm Bombast v. Hohenheim, von welchem wir hörten oder vielmehr lasen, daß er ein licentiatus medicinae und so ein nach seiner Art gelehrter Mann war, welcher überdieß eine damahls vortreffliche Bibliothek besaß. Wilhelm unterrichtete seinen Sohn Theophrast mit großer Sorgfalt in der Heilkunde, Chirurgie und in der damahls üblichen Alchymie, welche man statt der eigentlichen Chemie eifrigst betrieben hat. Weil Theophrast eine besondere Neigung zur Alchymie hatte, hat ihn sein Vater zur weiteren Ausbildung auf die Universität zu Basel und zu den in der Alchymie berühmte testen Männern in die Lehre geschickt. Zu andern reisete Paracelsus elbst. Solche durch ihre Alchymie berühmte Männer waren: 1) Johannes Trithemius, damahls Abt zu Spanheim, nachmahls zu Würzburg, von welchem unser Paracelsus verschiedene alchymistische Arkana (wie man sie nannte) erlernete; 2) Sigmund v. Fugger zu Schwatz, einige Stunden unter der tyrolischen Hauptstadt Innsbruck; dieser lag als Goldmacher dem Studium und Treiben der Alchymie sehr fleißig ob, nahm über dieses zur Beförderung derselben viele Gelehrte und Künstler in Dienst; auch von Fugger lernete Paracelsus mancherley alchymistische Geheimnisse. — Hierauf besuchte Theophrastus Paracelsus noch andere durch die Alchymie berühmt gewordene Männer, um von ihnen Arkana zu lernen! — Obwohl Theophrastus Paracelsus irgendwo sich rühmet, keine Lehrer gehabt zu haben; so nennt er doch selbst anderswo mehrere. Daniel Sennnert (de Chymicorum cum Aristotelicis et Galenicis consensu ac dissensu. Witebergae 1629. Seite 34 Spalte 2) sagt: Ipse lib. 1 de Podagricis, titulo de Limbo, negat se habuisse Praeceptores; Chirurgiae magnae liibro 2 tract. 3 cap. 1 tamen refert, se insitutum fuisse non solum a parente Wilhelmo ab Hohenheim, sed et praeceptores agnoscit 1) Episcopum Schettagiensem Scheid, 2) Erhardum Episcopum Laventaliensem, 3) Nicolaum Episcopum Hipponensem, 4) Episcopum Matthaeum Schacht, Suffraganeum Frisingensem, 5) Abbatem Spanheimiensem et 6) alios. In der Aufzählung besagter Männer kommt bey einem andern (mir eben jetzt nicht mehr erinnerlichen) Bericht-Erstatter von Theophrast`s Leben etc. .etc. ein Bischoff Setthagius vor. Aber einen Bischof Nahmens Settthagius hat es in der ganzen Christenheit niemahls gegeben! Woher ich dieses wisse und warum ich es so kathegorisch behaupte, wird vielleicht Einer oder der Andere kopfschüttelnd fragen wollen. Dem Bericht-Erstatter hat nur der ihm irgendwo vorgekommene Ausdruck Episcopus Setthagius jenes Qui pro Quo gespielet! Theophrast gebrauchte den Ausdruck Episcopum Schettagiensem. Vielleicht wußte er es aus Schriften nicht besser; vielleicht hörte er das Wort Seccoviensem nur nicht recht aussprechen oder betonen. Er hätte Episcopum Seccoviensem (Bischof von Seccau in Steyermark) schreiben sollen. Er nannte den Seckauer-Bischof Scheid. Zauner (Chronik von Salzburg. III. Th. S. 191) nennt ihn Mathias Scheidt; Schmutz (historisches topographisches Lexikon von Steyermark, III. 567) Mathias von Scheidt. Den Erhardum Episcopum Laventaliensem hätte Paracelsus füglicher Erhardum oder Eberhardum episc. Lavantinum nennen sollen. Dieser Bischof, Nahmens Paumgartner, war auch Domherr zu Salzburg. Er wurde 1489 Bischof von Lavant (zu St. Andrä im, Lavantthale in Kärnthen) und starb 1510. Er war, wie es im Intelligenz-Blatte von Salzburg 1803 Nr. 20 Spalte 307 heißt, ein gelehrter Theolog und Schriftsteller. Von den übrigen, vom Paracelsus genannten Gelehrten muß in der Kürze wegen schweigen. — Paracelsus hat auch dei Schriften verschiedener Naturforscher benützet. (Vergl. Suden S. 998.) Auch machte er mehrere Reisen, um sich neue Kenntnisse zu erwerben. Schon in seiner frühen Jugend machte er eine große Reise durch Deutschland, Italien, Frankreich, und 

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*) Man erinnere sich an den Homerischen Achilles. Als Zubereitungen zum trijanischen Kriege gemacht wurden, schickte ihn seine Mutter an den Hof des Königks Lykomedes auf der Insel Skyros. Er hatte sich weiblich gekleidet. Auch hätte man nicht am Gesichte den Jüngling aus den Prinzessinen erkannt. Nur der List gelang es, zu machen, daß er seine weibliche Rolle plötzlich vergaß und sich als kriegerischen Jünglich verrieth.
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Spanien. Auch reisete er nach Pohlen, Siebenbürgen, Kroatien etc. etc. Er besuchte hohe und niedere Schulen, Bibliothekn, berühmte Männer, sogar Menschen gemeinen Schlages; selbst von Juden, Zigeunern, Marcktschreyern, Barbierern, Badern und alten Weibern will er sonderbare Heilmittel erlernt haben. Ich will ihn selbst sprechen lassen. In der Vorrede seiner chirurgischen Bücher und Schrifften (Straßburg 1605 und 1618) sagt Paracelsus selbst: „Ich hab die hohen Schulen erfahren lange Jahr bey den Teutschen, Italienern, Frankreichischen und den Grund der Arzney gesucht, mich nicht allein derselben Lehren und Geschirften, Büchern ergeben wollen, sondern weiter gewandert gen Granaten, Lizabon, durch Hispanien, Engelland, durch die Mark, durch Preußen, Littaw, Pollandt (Pohlen-Land), Ungern, Walachy, Sibenbürgen, Crabaten, Windisch-Mark, auch sonst andere Lender mit noth zu erzählen, und in allen den Enden und Orten fleißig und emsig nachgefragt, Erforschung gehabt gewisser und erfahrener warhafften Künsten der Arzeney; nicht allein bey den Doctoren sondern auch bey den Scherern, Baden, gelehrten (?) Ärzten, Weibern, Schwarzkünstlern, so sich des pflegen, bey den Alchimisten, bey Klöstern, bey Edlen und Unedlen, bey den Gescheiden und Einfeltigen.“ — Auf seinen Reisen konnte er, welcher in seinen mißlichen Geldumständen wohl nur zu Fuße reisen konnte, keine Bücher sammeln und mit sich in der Welt herumschleppen. Aber auch, wenn er sich irgendwo (wie z. B. zu Basel und zuletzt zu Salzburg) bleibend niedergelassen zu haben schien, sammelte er keine Bücher; er hatte vielmehr gegen alle Bücherlesen einen Widerwillen! Nach seinem Tode waren 1) die Bibel, 2) eine Konkordanz, 3) die interpetationes Hieronymi super evangelia und 4) acht Arzeney-Bücher, α) ein gedrucktes und β) sieben geschriebene, sein ganzer Bücher-Vorrath! Den gelehrten Sprachen, der griechischen und lateinischen, war Paracelsus ab- oder unhold; jene verstand er nicht, diese zu wenig! Er hat (um seinen Widerwillen und seine Unwissenheit zu bemänteln oder zu beschönigen) den Grundsatz augestellt, ein Deutscher sollte durchgehends deutsch reden und schreiben.

X. Anstellung und Wirkungskreis des Paracelsus zu Basel.

Er wurde 1527 als Physikus oder Stadtarzt und Professor der Arzeney zu Basel angestellet. Diese medicinische Professur hat er seines großen Ruhmes wegen erhalten, welchen er sich durch Kenntnisse und glückliche Kuren verzweifelter Krankheiten erworben hatte. Die Besoldung dieses Professors war groß. Geßner (1545) sagt: erat amplo stipendio conductus. Paracelsus lehrte aber nur drey Jahre. Er gerieth da in ein liederliches Leben und verachtete die Lehrkanzel, welche er deßhalb vernachlässigte. Indessen soll er auch da verzweifelte Krankheiten glücklich kurirt haben. Gerade einer solchen glücklichen Kur wegen gerieth er jedoch in große Verdrüßlichkeit. Der kranke Kanonikus oder Domher Kornelius v. Lichtenfels versprach für seine Heilung 100 Gulden. Kein Arzt wußte ihm zu rathen und zu helfen. Da machte Paracelsus den Siechling mit 3 Pillen gesund. Dieser wollte nun sein Versprechen nicht erfüllen; aber Paracelsus, welcher das Ausbedungene foderte, klagte wider ihn. Jedoch die Richter sprachen ein dem Paracelsus ungünstiges Urtheil. Darüber erzürnte sich dieser so, daß er heftige Worte ausstieß, ja (wie Einige behaupten) etliche derbe Schriften erscheinen ließ. Aus Besorgniß, deßhalb gar eingezogen zu werden, und auf Anrathen besorgter Freunde, verließ er Basel heimlich.

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XI. Unstätes Leben des Doctors Theophr. Paracelsus.

Herr Phil. Vonend, Pfarrer zu St. Martin bey Villach in Kärnthen, sagt im Archiv 1827 Nr. 40, Seite 230, Spalte 2: „In Villach verlebte den größten Theil seines Lebens ein Mann, mit welchem in der Geschichte der Arzneykunde ein neuer Abschnitt beginnt.“

 Aber Herr Vonend sagt Seite 231, Spalte 1 selbst: „Paracelsus ging in die weite Welt, um seine Kenntnisse zu berichtigen und zu erweitern; er durchwanderte viele Länder, und merkte auf Alles, was ihn auf eine Spur, um die Geheimnisse der Natur zu belauschen, bringen konnte.“

 Schon mit dieser Äußerung hat Herr Vonend seine erste Behauptung gewisser Massen zurückgenommen.

 Noch mehr muß sie als übertrieben erscheinen, wenn man den Paracelsus und seine Zeitgenossen hört. Wenn Theophrast’s Behauptung, „er habe alle Winkel in Asien und Afrika durchkrochen,“ auch nur eine, nach seiner Art und Gewohnheit marktschreyerische Windbeuteley, Aufgeblasenheit, Großthuerey, Aufschneiderey, Ruhmredigkeit, Prahlerey oder ein leeres Vorgeben ist; wenn auch Helmont darin, daß Paracelsus nach Arabien und Ägypten gekommen sey, irret; so ist es doch unbezweifelt, daß Paracelsus viele und weite, darum vieljährige Reisen gemacht hat. Folglich kann Paracelsus nicht zu Villach den größten Theil seines Lebens zugebracht haben. Wenn es auch wahr ist, daß Paracelsus von Maria Einsiedeln schon vor oder in dem dritten Jahre seiner Kindheit nach Villach kam; so hat ihn doch sein Vater Wilhelm schon in früher Jugend zur weiteren Bildung auf Akademien und zu Gelehrten geschicket. Nach seiner nur kurzen Anstellung zu Basel wanderte Paracelsus weit und breit herum. Nur einmahl, nämlich 1537 kam er noch auf kurze Zeit nach Villach. Im Jahre 1538 war er zu St. Veit in Kärnthen. So kann folglich die Behauptung, Paracelsus habe den größten Theil seines Lebens zu Villach verlebet, nicht bestehen.

 Paracelsus sagt in der Vorrede seiner chirurgia magna, daß er lle Akademien oder Universitäten Deutschlands, Frankreichs und Italiens besuchet habe; er versichert daselbst, Belgien, Spanien, Portugal, England, Dänemark, Schweden (Finn- und Lapp-Land), Lithauen, Preußen, Pohlen, Ungern, die Wallachey, Illyrien, Kroatien, ja alle Nationen der Erde bereiset zu haben. In manchen Ländern, nahmentlich in Lithauen, Preußen und Pohlen wurde er nicht gelitten; in den Niederlanden hat er nicht gefallen. Wenigstens hat er in seinem Fragmente de morbo Gallico gesagt: expellebant me ex Litvania, Borussia, Polonia; non placebam Belgis, non Universitatisbus, non Monachis, non Judaeis. Aus Lern-Begierde soller sogar zu den Ägyptiern und Arabern gereiset seyn und sich bey denselben zehn Jahre verweilet haben, wie Bicker in seinem Hermes redivivus schreibt. (Vergl. Sennert a. a. O., S. 35, Spalte 1; und S. 36, Spalte 1 und 2). — Auf jenen Reisen hat er, wie er sagt, 1) die Alchymie, 2) die Astrologie, 3) die Kabbala, 4) die Magie 5) mit der Chiromantie, 6) der Physiognomie, 7) der Nekromantie, 8) der Pyromantie 9) mit der Geomantie, 10) dem Sortilegium, 11) der Krystallomantie und 12) mit anderen Arten erlernet. Bey wem? Er sagt, daß er 1) nicht nur Ärzte, sondern auch 2) Chirurgen, 3) Bader, 4) alte Weiber, 5) Schwarzkünstler, 6) Alchymisten, 7) Mönche, 8) edle und gemeine Leute um außerlesenere Heilmittel und erporbte Arkana oder Geheimnisse befragt, die Zubereitungen derselben und ihre Erfolge in Heilungen beobachtet habe. Paracelsus sagt, da er über Medicin viel und lange gedacht hatte, habe er sie für eine ungewisse Kunst gehalten und verlassen und andere Geschäfte getrieben. Wie viele Jahre er letztes gethan habe, sagte er jedoch nicht. zuletzt, sagte er, habe er doch wieder die Medicin zu Handen genommen. Zu jenen Reisen wurden nach Smetius S. 685 wenigstens sechs Jahre erfordert. Nach diesen Reisen mußte er das, was er auf denselben beobachtet und erfahren oder erlernet hatte, doch erst selbst practisch bey gleichen ihm verkommenden Krankheiten erproben und den Werth der neuen Heilkunst durch einzelne Kuren bewähren. Dazu mußten, meint Smetius, vier oder fünf Jahre verwendet werden. Wenn jene sechs und diese (wenigstens) vier, zusammen zehn Jahre, von dem 26ten Lebensjahre, in welchem er nach Semtius zu Basel erschien, abgezogen werden; so bleiben nur 16 Jahre übrig. Sonach ging Paracelsus etwa schon im 16ten Lebensjahre von Villach auf Reisen. Wenn man auch die ersten 3 Kinderjahre des Paracelsus, welche er mit seinen Ältern zu Maria-Einsiedeln verlebet hatte, ehe er mit ihnen nach Villach kam, von den 16 Jugendjahren des Paracelsus noch hinweg-

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rechnet; so folget, daß er zu Villach nicht den größten Theil seines Lebens zugebracht haben könne.

 Nach zehnjährigen zum Theile abenteuerlichen Umherwanderungen mit einer beynahe ganzen Odyssee widriger Zufälle, welche gewisser Maßen den Abenteuern des Ulysses und denen des Äneas ähnelten, kam Paracelsus nach Deutschland zurück. Auch er hätte ausrufen können: post varios casus, post tot discrimina rerum venimus in patriam!! Doch selbst nach jenen Abenteuern hatte Paracelsus, jedem Abenteurer gleich, noch immer keine bleibende Stätte. Wie unstät er auch noch nach seiner Rückkunft bald da, bald dort, bald anderswo, immer nur kurze Zeit gelebt habe, erhellet aus folgender Zusammenstellung der nur da und dort genannten Jahre und Orte seines überall höchst kurzen Aufenthaltes oder vielmehr schnellen Verschwindens.

 1525. Conrad Geßner läßt in seiner bibliotheca universalis sive catalogus omnium scriptorum locupletissimus (Tiguri 1545) den Paracelsus schon 1525 zu Basel geblühet haben. Aber Suavius (1568 S. 12) schreibt: a Gesnero falso scriptum, eum anno MDXXV Basileae floruisse. Doch es scheint, dem Suavius habe nur der Ausdruck floruisse mißfallen. Denn er selbst sagt, daß Paracelsus schon 1525 einige Monathe zu Basel lebte; er sagt nämlich: ubi quidem legendo et medicando aliquat menses transegit.

 1526 war Paracelsus zu Basel. In der Dedication seiner 7 Bücher de gradibus et compositione receptorum nannte er sich utriusque medicinae doctorem et Physicum ordinarium Basiliensem; er schrieb besagte Zueignung seiner 7 Bücher zu Basel und zwar 4 Idus Nov. 1526. (Vergl. Smetius 1611, Seite 685.)

 1527 war er auch zu Basel. Denn in diesem Jahre wurde er vom Stadt-Rathe zur Erklärung der Physik, Medicin und Chrirurgie mit einer ansehnlichen Besoldung eingestellet. Das sagt, er selbst in seinem Programma ad medicinae studiosos, Basileae Nonis Junii 1527. Das Programma ist am Anfange des 2. Bandes Paramirica. (?) Die Vorrede seiner Archidoxa schrieb er Basileae 4. Idus nov. 1527. (Vergleiche Smetius. S. 684). Aber Paracelsus blieb zu Basel nur kurze Zeit. Wegen seines unlücklichen Processes gegen Kornelius von Lichtenfels, welcher ihm die für seine Heilung versprochene Belohnung nicht geben wollte und vom Stadtgerichte geschützet wurde, schimpfte Paracelsus auf diese Justiz-Behörde. Als die Freunde des Paracelsus Gefahr für ihn ahneten, riethen sie ihm, sich von Basel zu entfernen. Paracelsus flüchtete sich in den Elsaß.

 1528 war er zu Kolmar im Elsaß. a) Da schrieb er die Vorrede zu seiner chirurgiamagna am 11ten Juny 1528. (Vergl. Smetius S. 684). b) Daselbst dedicirte er den 3. Theil besagter Chirurgie dem Konrad Wickram am 8. July 1528. (Vergl. Smetius S. 684).

 1531 war er zu S. Gallen in der Schweiz. Da hat er dem Joachim Vadian am 15. März 1531 sein Buch Paramirum zugeeignet. (Vergl. Smetius S. 684. Sennert Seite 36, Spalte 1.)

 1535 war er im Schweizerischen Badeorte Pfeffers, wie aus seinem über dieses Bad geschriebenen Buche (1. Theil, Seite 1116) erhellet. (Vergl. Sennert S. 36, Spalte 1.)

 1536 war er a) zu Müncherode und b) zu Augsburg. Denn er hat den ersten Theil seiner chirurgia magna dem römischen Könige und nachmahligen Kaiser Ferdinand I. Muncheradii 7. Maji 1536 dediciret. (Vergl. Smetius, S. 684.) Im nähmlichen Jahre hat er demselben Fürsten von Augsburg aus am 11. August den 2. Theil besagter chirurgia gewidmet. (Vergl. Smetius, S. 684. Sennert, 36. Sp. 1.)

 1537 kam er endlich nach Kärnthen und zwar nach Villach. Da hat er seine Bücher von der Natur der Dinge dem Johann Winkelsteiner zugeschicket. (Vgl. Smetius S. 684. Sennert S. 36 Sp. 1.) Doch Paracelsus hielt sich zu Villach nur zu kurze Zeit auf, als daß Hr. Pfarrer Vonend sagen könnte, Paracelsus habe zu Villach den größten Theil seines Lebens zugebracht.

 Denn schon 1538 {korrigiert aus: 1638} lebte Paracelsus zu St. Veit in Kärnthen. Dieses erhellet aus seiner Chronik Kärnthens und aus seinen Vertheidigungs-Schriften. (Vgl. Sennert, S. 36. Sp. 1.) Zu S. Veit besuchte ihn der polnische Leib-Arzt Albert Basa auf seiner Rückreise aus Italien und war Augen-Zeuge einer vom Paracelsus schnell und glücklich vollbrachten Kur eines sterbens- oder tödlich-kranken Menschen. (Vergl. Melchior Adam, S. 33. Suden {korrigiert aus: Soden}, S. 1001)

 Um 1541 kam Paracelsus nach Salzburg, wo er in diesem Jahre am 24. September starb.

 Zwischen obigen Jahren hatte sich PAracelsus noch in anderen, oben nicht bezeichneten Ortschaften herumgetrieben! Nach Sennert’s Bericht oder Erzählung (S. 36 Sp. 1) hat Paracelsus sein Wesen in der Schweiz, in Elsaß, in Schwaben, Kärnthen, Österreich, Mähren und in benachbarten Orten getrieben.

 Aus Allem erhellt die Irrigkeit der Behauptung, Paracelsus habe den größten Theil seines Lebens zu Villach zugebracht. Paracelsus war vom ewigen Juden nur dadurch verschieden, daß er sein unstätes Leben und seine Lauf-Bahn (1541) endigte.

 Wie durch obige Angabe der Gegenden und Orte, wo Paracelsus ein unstätes Leben wie auf einer beständigen Lauf-Bahn zubrachte, die Irrigkeit der Behauptung des Hrn. Pfarrers Vonend (Paracelsus habe den größten Theil seines Lebens zu Villach verlebet) erwiesen ist; so wird durch obige Angabe der Jahre 1525 bis 1541 noch eine andere irrige Behauptung wiederleget. Im deutschen Merkur 1776 Jul. Seite 90 heißt es: „da sich keine einzige von des Paracelsus Schriften findet, welche vor seinem Sterbe-Jahre 1541 erschienen, so ist sehr wahrscheinlich, daß er bey seinen Leb-Zeiten Nichts davon hat drucken lassen.“ Die vielen bey Gelegenheit der Angabe obiger Jahre 1525 bis 1541 genannten Bücher überzeugen Jeden vom Gegentheile der Behauptung in deutschen Merkur. Die irrige Behauptung wäre, wenn jener Verfasser Theophrast’s literärische Thätigkeit besser gekannt hätte, unterblieben! In der so beweglichen Gemüths-Eigenheit Theophrast’s lag gewiß nicht Zauder oder Aufschieben, noch viel weniger gar Unterlassen! Wenn er nur gezaudert und alles erst besser überarbeitet hätte, was er schrieb oder diktierte!! — 

[p. 411]


XII. Warum oder wie Paracelsus nach Salzburg gekommen seyn mag!?

Nachdem er sich beinahe durch sein ganzes Leben höchst unstät in der Welt umhergetrieben hatte, kam er auch nach Salzburg. Ob nur einem Zug-Vogel gleich d. i. ohne Absicht, stabil zu bleiben? Oder absichtlich nur auf kurze Zeit? Oder mit dem Vorsatze, sich fest niederzulassen und zu verbleiben? Fragen, zu deren kategorischer Bejahung oder Verneinung es in der Chronik Salzburgs an entscheidenden Gründen fehlet. — Es ist möglich a) daß er nur durchreisen wollte, daß ihn, während er im Wirths-Hause zum weißen Roß im Kai ein kleines Stübchen bewohnte, eine tödtliche Krankheit und ein schneller Tod wider einen Willen am Durch- und Weiterreisen für immer hinderten. — Es ist aber auch möglich, b) daß er sich bleibend niederlassen wollte — und zwar α) entweder in der Hoffnung, bey dem 1540 zur Regierung Salzburgs gelangten, Ernest, Herzoge von Baiern, sein bleibendes Glück zu machen, weil dieser Fürst als ein Natur-Forscher imd amaligen Zeit-Geiste dem Adepten als der beste Beförderer seiner chemischen Unternehmungen geschienen haben mag, weshalb es dem Adepten der Mühe werth scheinen konnte, seinen Wanderstab nach Salzburg zu setzen und bey 

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diesem Mäcen erst sein Glück zu versuchen, dann zu bleiben; β) oder er kam, weil der Fürst ihn zu sich beschieden hattte. In diesem zweite Falle ist aber ungewiß, 1) ober der Fürst den Paracelsus als Artzen geschätzet, 2) oder ob er, ein Natur-Forscher, nur den Adepten liebgewonnen hatte, durch welchen er in gewisse Arkana zu bringen gehoffet haben mochte. Ernest (3. August 1500 geboren) war mit seinem Bruder Ludwig zu Burghausen erzogen und hatte den Johann Aventinus (Thurmayr aus Abensberg), diesen weiland berühmten Geschichtschreiber Bayerns, zu seinem Lehrer im Latein, in den schönen und in den mathematischen Wissenschaften, worin er vom Joh. Av. vortrefflich unterrichtet wurde. Jn der Folge hatte sich Ernest besonders auf Mathematik verleget, mit welcher damals die Astrologie verbunden war. Aber ganz vorzüglich hat Ernest sich bald die Mineralogie zu seiner Lieblings-Wissenschaft gewählet. Er hatte es in dieser so weit gebracht, daß er zu seiner Zeit für einen der größten Kenner des Mineral-Reiches gehalten worden ist. Dieses bezeuget die Geschichte; dieses bezeuget insbesondere ein Zeit-Genosse, der berühmte Johann Albrecht v. Widmanstadt, österreichischer Kanzler. Vergl. dessen Biographie von G. Waldau. Gotha 1796 S. 72. Und: Valentini Rotmari annales academiae Ingolstadiensis. Pars. I. Seite 103.) Rixner und Siber S. 25 sagen: „Paracelsus fand an dem Erzbischofe von Salzburg (Administrator des Erzbisthums Salzburg) Ernest, Pfalzgraf zu Rhein und Herzog in Baiern, einen Freund und Gönner, welcher ihn zu sich rief.“ Es ist allerdings möglich, vielleicht wahrscheinlich, daß dieser große Kenner der Mineralogie den Chemiker und Adepten Paracelsus wirklich zu sich berief. Ich lasse es dahin gestellet seyn, ob er es wirklich that. Denn Möglichkeit ist noch keine Wirklichkeit. Aber auch die Wahrscheinlichkeit ist noch nicht Wahrheit. Mir macht 1) der Umstand, daß der vom Fürsten „berufene“ Arzt und Adept in einem Wirths-Hause und zwar „im kleinen Stübel daselbsz, darin dieser Zeit dick (oft) ernannter Testamentmacher (Paracelsus) beherbergt gewesen“ (Hübner’s Stadt Salzburg, 1. Band, S. 339) gleichsam nur untergebacht war, einige Bedenklichkeit gegen die kategorische Behauptung Rixners und Sibers. Ich finde 2) zu dem die Behauptung nirgends in der Chronik Salzburgs ausgesprochen. Darum bin ich der Meinung, Paracelsus sey nur als Strich-Vogel nach Salzburg gekommen!! —. —.

XIII. Von dem Todes-Jahre des Theophrastus Paracelsus.

Das Todes-Jahr wird von Verschiedenen verschieden angegeben.

 1., Im Buche: orbis terrae partium succinta explicatio a Michael Neandro (Lipsiae 1586 Bogen J. Seite 1. und Lipsiae 1597. Seite 129) heißt es: Theophrastus moritur 1551. Zum Belege der Annahme dieses Jahres ist die Aufschrift des Denkmahls Theophrast’s mit der Jahres-Zahl MDLI angeführt. Aber in der Aufschrift kommt nicht diese Zahl vor, sondern MDXXXXI. also 1541. Also ist Neanders Angabe des Jahres 1551 nicht begründet.

 2., Herr Hofrath Schultes, Prof. zu Landshut, hat in dem 1. Theile seiner Reise durch Salzburg, wo er vom Gesundheits-Bade in der Gastein sprich, Seite 67 behauptet: „Theophrastus Bombastus schrieb darüber sein Baden-Büchlein im Jahre 1563“. — Aber Schultes irret, wenn er ihn im Jahre 1563 nicht nur noch leben sondern sogar noch Bücher schreiben läßt. Wahrscheinlich wurde er irre durch den von Vierthaler in seinen Reisen durch Salzburg S. 261 angeführten Titel der Schrift: „Aureoli Theophrasti Paracelsi schreiben (Schreiben) von tartarischen Krankheiten, nach dem alten nammen (Namen), Vom (vom) Gries, sand (Sand) und stein (Stein). Sampt dem Baderbüchlin, wie daß der from Herr Paracelsus selbs mündlich seinen Secretarius zu schreiben angegeben (angegeben hat). Basel 1563“ Vergleich Emik S. 289. — Paracelsus schrieb das Buch von den tartarischen Krankheiten schon 1538. (Vergl. Rixner und Siber. S. 12.) also nicht erst 1563. Aber schon daraus, daß dem Paracelsus auf dem Titel besagter Schrift der Titel Herr beigeleget ist, ist doch Jedem gewiß, daß diese Auflage 1563 nicht mehr unter seinen Augen im Drucke erschien.

 Paracelsus ist, wie es auf seinem Denksteine zu Salzburg klar genug erscheinet, im Jahre 1541 gestorben. — Die Abschrift der Aufschrift bey Hübner (Stadt Salzburg. 1. Band S. 334) ist irrigm, weil die Abscrhift keine treue Kopie der Aufschrift ist. In der Aufschrift erscheinet nähmlich das Jahr MDXXXXI (1541). Aber in Hübner’s Kopie heißt es MDXXXI. (1531) Doch letztes ist nur ein Schreib- oder Setzer- (vulgo Druck-) Fehler. Denn Hübner selbst hat schon auf der nächsten Seite die wahre Jahrs-Zahl 1541 geschrieben. 

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XIV. Alter des Theophrastus Paracelsus.

Wie das Todes- oder Sterbe-Jahr verschieden angegeben wurde, so sind auch die Angaben des Alters nothwendig verschieden.

a) 47 Jahre werden von folgenden Schriftstellern behauptet.

1) Nach Reusner, sowohl in der Ausgabe 1587 als auch in der Auflage 1590, starb Paracelsus 47 Jahre alt.
2) Nach Smetius, 1611 (S. 684) war Paracelsus 47 Jahre alt. Denn er sagt von diesem: 1526 fuit, ut colligere licet, aetatis 32. Aber Smetius verschweiget den Grund, warum er sagt: ut colligere licet. Wenn Paracelsus im Jahre 1526, wie Smetius sagt,32 Jahre alt war, dann war er im Jahre 1541 (wo er starb) 47 Jahre alt gewesen, folglich 47 Jahre alt gestorben. Wirklich hat derselbe Smetius behauptet: obiit anno aetatis suae 47, puta, nondum completo, testibus epitaphiis. Davon, daß 1611 da nicht von Epitaphien gefabelt werden konnte, abgesehen, findet man auf dem Epitaphium Theophrast’s Alter nicht mit dem Jahre 47 angegeben.
3) Bucholcer 1612 S. 556 sagt bey dem Jahre 1541: Paracelsus 24. Septemb. aet. 47 (obiit).
4) Sennert 1629 S. 36 Spalte 1 sagt vom Paracelsus: mortuus est anno aetatis 47.
5) Iselin’s historisches Lexikon 1744 läßt den Paracelsus ebenfalls in seinem 47. Jahre gestorben seyn.
6) Jöcher’s Gelehrten-Lexikon 1751 (III. Theil Spalte 1126) sagt auch, daß Paracelsus 47 Jahre alt geworden sey.
7) Brucker 1766 S. 647 sagt: ex inscriptione imaginis ejus, quae operibus ejus omnibus praefigiturm, constat, eum anno tantummodo 47 vivendo attigisse; obiit autem, ejus epitaphio teste, anno 1541; ex quo sequitur, illum anno 1593 lucem primum aspecisse. Aber eben aus akkurater Berechnung ergibt sich, daß der 1493 geborne Paracelsus 1541 nicht 47 Jahre alt wurde.
8) Auch nach Westenrieder’s historischem Kalender (für 1801. München, S. 285) starb Paracelsus in einem Alter von 47 Jahren.

b) 48 Jahre werden von den nachbenannten Geschichtschreibern als gewiß und entschieden ausgesprochen.

1) Melchior Adam 1620 (Seite 28) sagt: aet. 48. Und (S. 30): anno aetatis suae duodequinquagesimo inchoato. Also nachdem PAracelsus sein 48. Jahr begonnen ahtte.
2) Paul Freher 1688 behauptet: inter vivos esse de 1541, 24. Sept. aet. an. 48. (D. Pauli Freheri Theatrum virorum eruditione clarorum. Noribergae 1688. S. 1226.)
3) Judas Thadd. Zauner 1803 sagt: Paracelsus starb in einem Alter von 48 Jahren. (Zauners Chronik von Salzburg. V. Theil. 1803. S. 239.)
4) Rixner und Siber 1819 sagen: er starb im 48. Jahre

c) 58 Jahre kommen bey Neander vor. Dieser behauptet: moritur anno aetatis suae 58.

d) Wie alt muß Paracelsus gar erst nach Schultes geworden seyn, welcher jedoch weder das Geburts- noch das Sterbe-Jahr des Paracelsus nannte, ihn aber noch 1563 leben, und sogar noch schriftstellern lies! Aber was ihn irre führte, wissen wir schon! —

 Der im Jahre 1493 geborne und 1541 gestorbene Doctor Theophrastus Paracelsus starb im 48. Jahre, wie aus folgender arithmetischen richtigen Berechnung

 1541
 1493
———
  . . 48
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erhellet. Jeder Elementar-Schüler würde das Rechnungs-Exempelchen eben so fehlerfrey schreiben. Wie konnte dennoch Brucker S. 655: ex epitaphio liquet, eos, qui 48 annos natum (alt) obiisse dicunt, errare! Aber Theophrast’s Epitaphium nennet nicht dessen Lebens-Jahre; es nennet desselben Sterbe-Jahr 1541. Wenn Paracelsus 1493 geboren worden ist; so folgt, daß er in dem auf dem Epitaphium genannten Jahre 1541 nicht 47 sondern 48 Jahre alt war. Das Epitaphium, welches Brucker gegen Andere anführt, spricht gegen ihn selbsten! Wenn Paracelsus nach der tradition communis im Jahre 1493 geboren worden ist; so war er 1541 (welches Jahr zu Anfang seines Testamentes genennt und auf seinem sogleich nach dem Tode 1541 gesetzten Denkmahle *) als sein Sterbe-Jahr ausdrücklich bezeichnet wird) in seinem 48. Lebens-Jahre. Hiermit wird jedoch keineswegs behauptet, daß Paracelsus komplette 48 Jahre verlebet habe und 48 komplette Jahre alt gestorben sey.

XV. Erwähnung der vielereley Fabeleyen von verschiedenen Todes-Arten des Paracelsus.

Einige fabelten Vieles von zweyerley Todes-Arten Theophrast’s, und zwar a) vom Vergiften, b) vom Halsbrechen desselben. Hören und würdigen wir diese Fabeleyen und Meinungen

 a) vom Vergiften desselben;

 1.) von Anderen. Croll sagt, ipsum (qui per naturam et artem suam diu vivere potuisset) veneno adversariorum sublatum.

 Aber Doctor Sennert sagt S. 48: Quod Crollius scribit, ipsum adversariorum veneno sublatum, nullius est momenti! Worauf gründet sich Sennert’s Urtheil? Er sagt es: de fide enim ejus relationis, quae nullo teste nititur, non satis constat!

 Auch Joh. Georg Keyßler (neueste Reisen durch Deutschland etc. Hannover 1751 S. 45) hat die vorgebliche Vergiftung nicht nur für eine Fabel sondern für eine alberne Fabel erklärt. Er sagte nähmlich: „man erzählt hier (zu Salzburg) von den Umständen seines Todes die alberne Fabel, daß, als er gemerket, wie er von seinem Apotheker Gift empfangen und es zu spät sey, dessen Wirkung zu hintertreiben, er dieses Apothekers Bildniß an die Wand gemahlt und mit magischer Kunst durch einen Pistolen-Schuß es also getroffen habe, daß der abwesende Apotheker auch zugleich auf der Stelle todt geblieben sey.“

 Ungeachtet die Erzählung schon an und für sich als eine unglaubliche Mähre erscheint und obschon die Sage als eine alberne Fabel erkläret worden ist, erschien doch wieder oder auf’s Neue noch im Jahre 1825 in dem Archiv für Geschichte etc. Nro. 81 (Seite 522 Spalte 2) „die Sage von Theophrasti Paracelsi Tod. Als Theophrastus durch einen Apotheker, aus Neid vergiftet, sein unabwendbares Ende fühlte, mahlte er mit magischer Kunst dieses Apothekers Bild an die Wand, schoß mit einer Pistole darnach und der wirkliche Apotheker verblich alsbald eines gähen Todes.“ Aber die Fabel ist zu albern, als daß man sie widerlegen wollen könnte!!! —. —. —.

 2) Vom Selbst-Vergiften Theophrast’s α) mittels Diamanten-Staubes. Helmont sagt: sunt, qui illum toxico sublatum ajunt. Doch dieß wäre noch zu allgemein gesprochen; er setzt darum bey: supponunt, illum adamantis pulvere peresis intestinis, interemtum. Solche Muthmaßer meinten also, Paracelsus sey an einem von ihm selbst zu seiner Medicin verfertigten Diamanten-Staube oder Diamanten-Pulver gestorben. Doch was an einem gepulverten oder in den feinsten Staub aufgelösten Diamanten sey, ist ungewiß und zweifelhaft.

 β) Mittels schädlicher ja sogar giftiger Gase oder Dämpfe oder Dünste, welche während seinen chemischen Experimenten in seinem pharmaceutischen Laboratorium aufstiegen und von ihm unvorsichtig, also unwillkürhlich eingehauchet worden seyn können. Besagter Helmont erkläret sich darüber (S. 741 Sp. 2) also: ego viri ab adolescentia circo chymica arcana solliciti immaturam mortem admiror nullatenus. Maxime vitae suae incurios nimia curiositas indagandarum scientiarum diu noctuque auxit. Nam quem mortalium non inficiant carbonum suffitus? aquarum fortium, gradantium et arsenicalium? itemque antimonialium, nova indies examinato? quae per longa anuroum taedia experiundi, nondum experti haurimus, de malignitate eorum non nisi per experientiam seram admoniti etc. Die Art und Weise, sich Theophrast’s zu frühen Tod zu erklären, ist in Helmont’s angeführter Äußerung jedoch nur hypothetischer und problematischer Art; er meint nur, daher könne Theophrast’s zu früher Tod rühren; er sagt nicht kethegorisch und assertorisch, daß er daher wirklich gekommen ist. Da Helmont nicht mit Gewißheit oder Zuverlässigkeit sprach, so beruhet seine Erklärung auf keinem historischen Grunde d. i. auf keinem Factum, welches er gewiß nachgewiesen haben würde, wenn ihm ein solches bekannt gewesen wäre. Aus Mangel einer historischen d. i. auf einem Factum beruhenden oder auf mehreren Thatsachen begründeten Erklärung, welche in besagter Art Helmont nicht gegeben hat, lasse ich desselben Erklärung des zu frühen Todes Theophrast’s auf ihrem Werthe oder Unwerthe beruhen und dahin gestellet seyn. Darum davon sapienti satis!

 b) Vom Halsbrechen Theophrast’s.

 1) In dem Buche: Theophrastus redivivus etc. von Elias Johann Heißling (Zoffingen 1660. Hamburg 1663 in Quart) heißt es: Paracelsus war neben anderen Doctoribus nebst seinen heimlichen Widersachern auf einem Gastgeboth gewesen; daselbsten ward er von der Doctoren, Diener und andern auf ihn bestellten sicariis ergriffen, von einer Höhe abgestürztet und ihm also der hals gebrochen worden; denn auf keine andere Weise hat man ihm sonst beykommen können. Hatte also der selige Mann eines plötzlichen unversehenen und erbärmlichen Todes mit gesundem Herzen sterben müssen.“ (Vergl. Spaziergänge in den Umgebungen von Salzburg von Grafen Friedrich Spauer, Domherrn. Salzburg 1813 I. Band S. 158.) Man sagt, der berühmte Anatom Dr. Sömmering, geheimer Rath und Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu München, habe bey genauer Beschauung des (ihm

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*) Dieses ist nun der untere Theil des jetzigen Denkmahles, dessen oberer Theil (die Pyramide mit Theophrast´s Bildniß) erst 1752 verfertiget wurde, und eine neue Zuthat ist! –.
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von dem seither gestorbenen Doctor Weissenbach, Director und Professor der medicinisch-chirurgischen Schule zu Salzburg, schickten) Schedels die Bemerkung gemacht, daß er wirklich am rechten Schlafbeine einen tödtlichen Spalt habe. (Vergl. Spaur.) Sömmering ließ den Schedel für sich in Gyps abdrucken. — Auch in dem Buch: Reise durch Bayern, Salzburg, Tyrol, die Schweitz und Würtemberg von Dr. Stein, Prof. zu Berlin (Leipzig 1829 Seite 112) heißt es: „Sömmering entdeckte am Schlaf eine Fissur als Spur eines gewaltsamen Todes.“ — In den Jahren 1793 bis 97 habe ich als Salzburgger Seminarist oder Alumnus das Monument des Doctors Theophrastus Paracelsus im Vorplatze des Sanct Sebastianskirche oft gesehen. Aber erst 1816 sah ich mit dem Herrn Benedict Pillwein, nun k. k. Rechungsofficialen zu Linz, und mit Herrn Jos. Kirchdorfer, Registranten zu Salzburg, auch den Schedel und einige andere Gebeine, welche im Monumente Theophrast’s verschlossen waren und aufgewahret wurden. Meinem Gedächtnisse mißtrauend lasse ich, damahls einen tödtlichen Spalt gesehen zu haben, dahin gestellet seyn. Seit dem brande 1818 ist der Schedel nicht mehr in dem doch unversehrt gebliebenen Monumente Theophrast’s, sondern in dem nächst an der St. Sebastianskirche stehenden Bruderhause, einem Spitale für alte und gebrechliche Leute. Der Untermeister des Bruderhauses durfte besagten Schedel zu sich nehmen! Nun hat ihn die Witwe desselben! Im October 1829 ließ ich ihn mir zeigen, um den fatalen Spalt am rechten Schlafbeine zu sehen. Aber den tödtlichen oder tödtenden Spalt sah ich mit keinem Auge. Was ich sah, sah und sehe ich am rechten und linken Schlafe eines jeden Schedels. Was ich an dem besprochenen Schedel sah, war die gewöhnliche, fissura sphenoidalis oder die an jeglichem Schedel beyder Seits vorkommende Spalte des Keilbeines. Da diese von Natur aus vorkommt; so kann man sie nicht als einen an dem Schedel erst verursachten Spalt erjkären. Was ich sah, war und ist also nicht durch einen Schlag oder Sturz u. dgl. verursachet, sondern eine ganz natürliche Erscheinung an allen Schedeln. Genau, wie die Spalte an dem besehenen Schedel, ist die Abbildung der naturgemäßen und darm allgemeinen fissura sphenoidalis oder der Spalte des Keilbeines in Loders anatomischen Tabellen, Tab. IV. Fig. 3 Zahl 19. Wenn an dem von Sömmering besehenen Schedel mehr als besagte fissura zu sehen war und ist, wenn am Schedel wirklich eine Verletzung vorkommt; so folgt daraus doch nicht eine gewaltthätige Todesart Theophrast’s. Denn die Verletzung des Schedels kann ja gar nicht wohl erst nachmahls nähmlich von einem Stosse mittels des Grabscheites bey dem Ausgraben der Gebeine Theophrast’s 1752 entstanden seyn. Ich bin nicht der Erste, welcher diese Möglichkeit ausspricht. Ich behaupte im Gegentheile die Wirklichkeit der erst 1752 geschehenen Beschädigung des Schedels bey der Ausgrabung desselben. Daß der Schedel nicht schon zu Lebzeiten Theophrast’s die vorgebliche Spalte erhielt, daß Theophrast nicht den Hals gebrochen und die Hirnschale eingefallen hat, erhellt doch wohl aus den Worten seines vom Notarius Hanns Kalbßor aufgenommenen Testament: „in mein und benannter Zeugen gegenburt (Gegenwart) ist persönlich erschienen Herr Theophrastus von Hohenhaim etc. wiewohl schwachs leibs, an einem Raißpetl (Reisebettchen) sitzendt, aber der vernunft, Sinnen vnd Gemüts ganz aufrichtig (mächtig.) Damit er ohn Testament und Ordnung seiner zeitlichen Güter von dieser welt nicht abschide, so hat derselb mit vernehmblichen worten ganz freymüthig und aus rechtem wissen, von niemands dahin bedrangt (gedrungen oder genöthiget) sein benennig (Benennung, Erklärung) wesentlich geschöfft (geschöpfet, von sich gegeben?) {schließende Klammer ergänzt} und letzten willen dazumal bekendt, gethan und aufgericht, aller maß und form, wie hernach begriffen.“ Wer, zwar körperlich schwach, aber bey voller Besinnung und im Besitze seiner Geisteskräfte ist, der ist nicht ein Mahl durch einen betäubenden Schlag oder Sturz bewußtlos geworden; viel weniger noch hat er den Hals gebrochen! — Das Gerde von einem tödtlichen oder tödtenden Spalte seiner Hirnschale an einem Schlafbeine und die Sage vom Halsbrechen sind, weil jener Hirnschalen-Spalt und dieses Halsbrechen niemahls Statt hatten, Ausgeburten phantasirender Gehirne und unmögliche Fabeleyen. Denn Jemand, welcher den Hals gebrochen hat, kann unmöglich mit Geistesgegenwart und bey vollen Besitze seiner Vernunft noch testiren, wie Paracelsus testiret hat. (Sein Testament stehet in der Beschreibung der Stadt Salzburg von Lorenz Hübner 1792 I. Band Seite 336 bis 340.) — Somit ist psychologisch und physiologisch kklar, daß Paracelsus nicht auf besagte gewaltthätige Art umgekommen ist.

 Noch will ich eines Umstandes erwähnen. Wenn Sömmering am rechten Schlafe des Schedels einen tödtlichen Spalt bemerkte, welchen ich am hiesigen Schedel (wie gesagt) schlechterdings nicht auch bemerkte, weil der vorgeblich gewaltthätige Spalt am hiesigen Schedel ganz und gar nicht existirt; wenn er dagegen ein rundes etwa Erbsen großes Loch am linken Schlafe nicht bemerkte und davon, als von einer tödtlichen Verletzung nicht aussprach; so hat er durch das Bemerken jenes Spaltes und durch das Nichtbemerken dieses Loches in mir einen Zweifel an der Identität des ihm von Weissenbach geschickten und des nun hier befindlichen Schedels erreget. Der Von W. an Sömmering geschickte Schedel war also ein ganz anderer als der hiesige ist; und der hiesige ist nothwendig ein anderer als der, welchen Sömmering bekommen hatte. Ich sage nicht, daß Sömmering den Original-Schedel behalte und statt desselben einen andern nicht einmahl gleichen Schedel untergeschoben habe. Ich sage auch nicht, daß Jemand, welchem Sömmering etwa das Geschäft des Einpackens und des Zurückschickens aufgetragen haben mag, jenes Falsum begangen habe. Ich glaube sogar, daß der Original-Schedel wirklich nach Salzburg zurückgekommen ist. Dessen ungeachtet ist Theophrast’s Schedel nicht der, welcher bey den Meisten noch dafür gilt! Der vestorbene Dr. Weissenbach war so gefällig, den Original-Schedel auch Anderen anzuvertrauen. Er war aber auch bey der Wiedererlangung desselben nicht zweifelsüchtig und hegte gegen Andere kein Mißtrauen, daß er den Schedel genau besehen hätte, um sich von der Identität und vom Nicht-Austausche zu überzeugen. Dazu war er auch zerstreut; so, daß er vielleicht auf den Nahmen dieses oder jenes Schedel-Ausbitters gänzlich vergessen und die Ein-

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forderung unterlassen hätte, wenn er nicht von Jemanden absichtlich oder zufällig an den Schedel etc. etc. erinnert worden wäre. So haben wir also zu Salzburg Theophrast’s Schedel und haben ihn dennoch nicht! der hiesige Schedel Theophrast’s ist demnach das Ding, das nicht ist! Die Sache ist nicht mehr rätselhaft. Denn das Räthsel ist gelöset.

 2) Der bekannnte Reisende und 1829 zu Salzburg gewesene F. W. Sieber aus Prag, in seiner (bey der deutschen Bundes-Versammlung zu Frankfurt eingegebenen) Schrift die Heilung des Hundswuth betreffend 1829 Seite 10, sagt, „daß die Ärzte Salzburgs den Theophrastus Paracelsus Aureolus Edlen v. Hohenheim die Treppe des Spitals, in welchem er Kranke heilte, hinabwurfen, wie sein Schedel bezeuget oder beweiset, und sie gestehen.“ {Abführungszeichen ergänzt} — Wenn Paracelsus, sey es bey einem Gastgebothe oder im Spitale, die Stiege hinabgeworfen wurde und den Hals gebroch hat; so konnte sein Schedel dieses doch nicht bezeugen. Denn gesetzt, aber nicht zugegeben, daß der Schedel einen gewaltthätig bekommenen Spalt hätte; so konnte der Spalt ja doch eben so gut durch einen sehr derben Schlag oder mittels heftigen Stossens verursachet worden seyn. Aber noch viel weniger konnte der Schedel beweisen, daß er seinen tödtlichen Spalt von den Ärzten selbsten bekommen habe. Zwar sagt Sieber, daß die Ärzte gestehen, „daß die Ärzte Salzburgs den Paracelsus die Treppe hinabwurfen.“ Aber diese Äußerung Siebers hat zwey Fehler: 1) sie ist zweydeutig, weil sie a) die Ärzte zu Theophrast’s Zeiten oder b) die jetzigen Ärzte Salzburgs jene Unthat gestehen läßt. Sie {korrigiert aus: sie} ist aber auch 2) unwahr, weil a) weder jene b) noch diese Ärzte es gestehen. Daß a) jene Ärzte es gestehen, hat Sieber durch Nichts erwiesen oder auch nur im mindestehen durch einen seichten Beweis (sey es auch nur ein nichtiger Scheingrund) wahrscheinlich gemacht. Niemahls haben jene Ärzte als vorgebliche Anstifter oder als angebliche Thäter jene Unthat eingestaden, aus dem einfachen Grunde, weil sie eine Unthat nicht gestehen konnten, indem sie diese Unthat nicht mittelbar durch Anstfiften thun ließen und ebenfalls nicht unmittelbar oder selbst durch eigene Gewaltthätigkeit thaten! Daß aber b) die jetzigen Ärzte Salzburgs die vorgebliche Unthat ihrer Vorfahrer gesehen, hat Siebenr sicher nicht behaupten wollen. Wenn er es aber doch wollte, so hat er es doch nicht gekonnt. Er hätte die und die, welche es gestehen, nennen müssen. Aber eben dieses hat er nicht gekonnt. Darum ist seine Behauptung, wie in Ansehung der dem Paracelsus gleichzeitigen Ärzte, so — in Ansehung der jetzigen Salzburger Ärzte unwahr *).

 Auch von dem (mit den Buchstaben H. H. unterschriebenen Recensenten der „Geschichte der Universität Basel, von ihrer Gründung bis zu ihrer neuesten Umgestaltung, von Marcus Lutz, Pfarrer zu Lafelfingen. Aarau bey Christen 1826“ in der Jenaischen allgemeinen Literatur-Zeitung 1829 Nro. 37 wurde (Sp. 291) behauptet, „das Paracelsus zu Salzburg ermordet worden sey.“ — Die vorhin angeführten Erzähler suchten ihren Behauptungen durch Angabe dieser und jener Mordthat-Umstände zu Hülfe zu kommen. Aber dieser Recensent hat nur behauptet! Αντοσ εϕα! {Griechisch prüfen! Αγτοσ ??} Er meinte, seine Ermordungs-Erzählung nicht erst durch Angaben der näheren Umstände wahrscheinlich machen zu müssen. Nach Art der vorigen Erzähler hätte er Umstände erdichten können, z. B.: Paracelsus sey erstochen oder ertränket oder erdrosselt oder aufgehänget etc. worden. Aber dadurch würde er seine Mähre doch nicht zur Wahrheit gemacht haben; so wenig als die vorigen Erzähler ihre Fabeleyen durch die von ihnen angegebenen Umstände auch nur im mindesten verficirten!

 Obige so sehr von einander verschiedene lectiones variantes

a) in Ansehung der Mordmittel,
1) des Vergiftens,
2) des Halsbrechens,
b) in Rücksicht der Orte,
1) bey einem Gastgebothe,
2) im Spitale,

müssen bey Jedem gegen die Behauptungen, daß Paracelsus eines gewaltsamen Todes gestorben sey, einen wohlgegründeten Verdacht erregen.

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*) F. W. Sieber hat sich seitdem 1829 wieder nach einem fremden Welttheile eingeschiffet und zwar Amerika, um das Allegany-Gebirg in Nord-Amerika zu bereisen.
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XVI. Warum hingegen ich glaube oder vielmehr woher ich wisse, Paracelsus sey eines natürlichen Todes gestorben.

Videre Verum atque, uti rest est, dicere. Terentius, Heautorumenos.

 Das Paracelsus eines natürlichen Todes gestorben sey, weiß ich 1) aus dem kurz vor seinem Tode von einem Notarius aus kaiserlicher Gewalt aufgesetzten Testamente, also urkundlich oder actenmäßig. 2) Ich glaube den bald nach dem Tode Theophrast’s schreibenden Erzählern, weil sie, was sie versicherten, wohl wissen konnten und auch die Wahrheit sagen wollten. — Nun zur Sache selbst.

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 1) es ist actenmäßig, also gewiß, daß Paracelsus eines natürlichen Todes gestorben sey. Hier ist mein Beweis. Der Notarius Hanns Kalbßor, welcher mit Zeugen den letzten Willen Theophrast’s aus dem Munde desselben vernahm und dessen Testament aufsetzte, hat im Eingange dieses amtlichen Actenstückes geschrieben: „in mein, offen (öffentlichen) Notari, und hernach benennter Zeugen, darzu sonderlich erfordert und erpetten, gegenburt (Gegenwart) ist persönlich erschienen der Herr Theophrastus etc., wiewohl schwachs leibs, an ainem Raißpettl (Reise-Bettchen) sitzendt, aber der Vernunft, Sinnen und Gemüts ganz aufrichtig (aufgerichtet? mächtig?) damit er dann ohn Testament vnd Ordnung seiner zeitlichen Güter von dieser welt nicht abschiede, so hat derselb mit vernemblichen worten ganz freymüthig vnd aus rechtem wissen, von niemands dahin bedrangt (gedränget, gedrungen) sein benennig (seine Benennung, Bestimmung, Willens-Verordnung) wesentlich (selbst oder wie es sich gehört?) und letzten Willen dazumahl bekandt, gethan und aufgericht, aller maß und form, wie hernach begriffen (in der Art und Weise, wie nun folget). Von erst beuilcht er sein Leben, Streben und arme Seel in schutz und schirm Gottes etc. etc. — Zuletzt heißt es von Paracelsus: Bathe (bat) darauf mit eigem Mund nachbenennt Leuth(,) vorbegriffener aller und jeder (aller und jeder vorgekommenenen Testaments-Punkte oder Artikel) eingedenk und zeugen ze seyn (zu seyn), daneben mich offenen (öffentlich angestellten) Notari mit Ersuchung meines Amts angelangt etc“. Dann werden die Zeugen namentlich angeführet. (Theophrasts Testament findet man in Lorenz Hübners Beschreibung der Stadt Salzburg 1792. 1. Bd. S. 336 bid 340). Bey solcher Bewandniß oder Gestalt der Sache, nähmlich bey solchem leiblichen und geistigen Befinden Theophrast’s, wie es im Eingange des Testaments angegeben wurde, ist nicht möglich, daß Theophrast den Hals gebrochen habe etc. Dagegen ist eben aus dem Eingange des (am 21. Sept. 1541) aufgenommenen) besagten Testaments erwiesen, daß er nur an Leibesschwäche gelitten habe, an welcher er dann auch nach einigen Tagen (am 24. September) gestorben ist. Er starb also keines gewaltsamen sondern eines natürlichen Todes. (Paraelsus hatte zu unordentlich gelebt und sich geschwächet).

 2) Auch nachmahlige Schriftsteller, welche es wissen konnten und die Wahrheit sagen wollten, versicherten, daß Paracelsus eines natürlichen Todes gestorben sey.

 a) Reusner (icones sive imagines virorum literis illustrium 1587 und 1590. Seite 100) sagt: sine optato vitam cum morte commutavit. Wenn das Lebensende Theophrast’s, weil es schon im 48. Jahre desselben eintrat, aus diesem Grunde ihm nicht schon in diesem Lebensjahre erwünscht seyn konnte und nicht erwünschet war; so war es doch wenigstens ein natürlicher Tod.

 b) Matth. Quade (compendium universit etc. Coloniae 1600. S. 487) läßt den Paracelsus auch sine optato gestorben seyn.

 c) Doctor Daniel Sennert 1629 (am angeführten Orte S. 48) sagt: Paracelsi mors. Diu ante mortem convulsus contractusque vixit. — Und: probabilis est, eum mortem praematuram sibi crapula et ebrietate attraxisse. — Alle Freunde und Feinde Theophrast’s haben darin, daß er meistens ganz und gar besoffen war, mit einander überein gestimmet. Ein Wüstling, welcher in den gemeinsten Kneippen mit Fuhrleuten und dergleichen um die Wette soff, ja sie übertroff, welcher also und meistens ihrer Meister auf seine Gesundheit unsinnig loststürmte und sie zu Grunde richtete, muße sich dadurch schwächen und erkranken. Das ist ja ganz in der Natur des menschlichen Körpers gegründet. Er soff unnatürlich, erkrankte und starb deshalb lang vor der natürlichen Zeit. Nur darum, weil er nicht eines gewaltsamen Todes von Andern starb, sagte ich, daß er eines natürlichen Todes gestorben sey.

XVII. Von einem vorgeblichen und vom wirklichen Sterb-Orte des Theophrastus Paracelsus.

Man nimmt gewöhnlich an, daß eine Ortschaft, in welcher Jemand begraben liegt, auch dessen Sterbe-Ort gewesen sey. Aber keine Regel ohne Ausnahme! In dem Städtchen Domnau, Dommau, Dompnau oder Domnow in Preußen (5 Meilen von Königsberg gegen Heilsberg) ist Paracelsus nicht gestorben, ungeachtet er ¼ Stunde von Domnau begraben liegen soll, welches aber nur eine Fabel ist! Doch davon etwas später etwas umständlicher.

 Theophrast’s Sterbe-Ort war Salzburg. Dieses ist gewiß; denn:

 1) in dieser Stadt wurde am 21. Sept. 1541 sein Testament niedergeschrieben. (Vergl. Hübner’s Beschreibung der Stadt Salzburg. 1. Band, S. 339.)

 2) Zu Salzburg ist Theophrast’s Grabstein, welchem man sein Alter ansieht. (Er ist nun der untere Theil des Denkmahles Theophrast’s. Der obere theil, die Pyramide, ist eine spätere Zuthat, nähmlich vom Jahre 1752.)

 Außer diesen urkundlichen Beweisen, daß Paracelsus zu Salzburg gestorben sey, verdienen auch die Äußerungen einiger Schriftsteller angeführt zu werden, welche Salzburg Theophrast’s Sterbe-Ort nennen. Ich führe sie an, nicht sowohl, um mit ihren Äußerungen etwas zu beweisen, als vielmehr in der Absicht, an manchen derselben Einiges zu berichtigen.

 a) Sennert (1629. Seite 36 Spalte 1) sagt: Salisburgi mortuus est.

 b) Smetius 1611 (S. 683) behauptet: diem obiit Salisburgi in nosocomio. Nach Smetius starb Paracelsus zu Salzburg im Kranken-Spitale. (Vielleicht verstand er unter diesem das sogenannte Bruder-Haus bey St. Sebastian.) {Klammer ergänzt} Aber es ist nicht richtig.

 c) Brucker (1766 S. 655) sagt: in xenodochio s. Sebastiani vivis eretpus est. Nach Brucker starb Paracelsus in einem Armenspitale (es heißt gewöhnlich Bruderhaus) bey der Kirche St. Sebastian zu Salzburg. Aber auch dieses ist nicht richtig.

 d) Kurt Sprengel (S. 350) sagt: „er {Anführungszeichen ergänzt} starb zu Salzburg im Hofspital zu St. Stephan.“ — Aber zu Salzburg gibt es kein Spital St. Stephan. Wahrscheinlich wollte er sagen: zu St. Sebastian. Sprengel citirt in der Note 2)

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 Adami pag. 32. Aber Melchior Adami spricht S. 30 vom Tode Theophrast’s und sagt von letzem: sepultus est in nosocomio ad St. Sebastianum. Somit hätte Kurt Sprengel seinen St. Stephan in St. Sebastian abändern sollen. Aber auch dann hätte er in der Angabe des Sterbe-Ortes Theophrast’s noch immer weit geirret!

 e) Irrten und irren ja sogar Einheimische!

 aa) Hübner (1792. 1. Band. S. 334 und Auszug 1794. S. 109) hat da, wo er die Linzer-Gasse beschrieb, von einem Hause gesagt: „das Eckhaus, worin Philippus Theophrastus 1541 gestorben ist. Wenigstens bezeuget das dessen Porträt, welches in (an) der Außenwand des obersten Geschosses dieses Hauses auf Seite der Linzer-Gasse gemahlt, nebst der Unterschrift seines Namens und des Jahres seines Hinscheidens zu sehen ist.“ — „Philippus Theophrastus Paracelsus von Hohenheim geboren zu Einsiedln anno 1493 starb in diesem Hause 1541.“

 bb) Vierthaler (Reise etc. 1799. S. 180) sagt: Noch weiset man den Fremdlingen das Haus, das (welches) er (Paracelsus) {führende Klammer ergänzt} bewohnte.

 f) Kein Wunder, wenn so irregemacht Auswärtige nun fortfahren, vom Sterbe-Orte Theophrast’s irrig zu sprechen!

 aa) Rixner und Siber (S. 25) sagen vom Paracelsus: „er wohnte in einem Eckhause der Linzer-Gasse.“ Dann führen sie die Aufschrift des Hauses an, nach welcher Dr. Paracelsus „in diesem Hause starb.“

 bb) Zober (der deutsche Zuschauer. 1822 S. 207) sagt: sein Bildniß sahen wir auf (in) der Linzer-Gasse an dem Hause, worin er 1541 starb.

 cc) Stein (Reise durch Bayern, Salzburg etc. 1829. S. 112) sagt: sein Bildniß sieht man am Eckhause der Linzer-Straße (Linzer-Gasse), wo er gestorben ist.

 Aber Paracelsus ist im besagten Hause Nro. 397, der Aufschrift und des Bildnisses ungeachtet, nicht gestorben.

 Hübner führte eine Urkunde an, welche ihn eines Besseren hätte belehren können. Auch Vierthaler hätte aus der Urkunde lernen sollen.

 Sowohl die Kirche St. Sebastian und das angebaute Armen-Spital oder sogenannte Bruder-Haus Nr. 447 als auch das besagte Eckhaus Nr. 397 sind in der Linzer-Gasse und auf dem rechten Ufer des Salza oder jenseits der Salza-Brücke. Aber der Urkunde zufolge starb Paracelsus auf dem linken Ufer oder diesseits der Brücke.

 Die fragliche Urkunde ist Theophrast’s, vom Notarius Hanns Kalbßor aufgesetztes oder niedergeschriebenes, Testament. Am Ende desselben heißt es: „Beschehen (Geschehen) in der Behausung vnd Wirthshaus zum weißen Roß genannt im Chay (Kai) gelegen und im klainen Stübel daselbsz, darin dieser Zeit dick ernannter (oft genannter) Testamentmacher beherbergt gewesen.“ (Vergl. Hübner, 1792. S. 339.) Das Stadt-Viertel Kai liegt auf dem linken Ufer des Salza. In demselben Testamente und zwar im 1. Artikel heißt es: „Sein Begrebniß hat ihme (sich) gedachter Doctor allhier zu St. Sebastian enthalb der Prücken außerwelt“ (jenseits der Brücke auserwählet). — (Vergl. Hübner, 1792. S. 367). Sonach ist das Wirthshaus zum weißen Rosse im Kais diesseits der Brücke oder auf dem linken Salza-Ufer der Sterbe-Ort des Theophrastus Paracelsus gewesen. Aus diesem Grunde sagt Zauner in seiner Chronik von Salzburg, V. Theil, Seite 239 bis 240: „Paracelsus bewohnte ein kleines Stübchen im Wirthshause zum weißen Roß im Kai und machte darin am 21. Sept. 1541 sein Testament, worauf er nach 3 Tagen daselbst starb.“ — Somit kann das besagte Eckhaus Nr. 397 in der, zur St. Sebastianskirche führenden Linzer-Gasse enthalb d. i. jenseits der Brücke oder auf dem rechten Salza-Ufer nicht Theophrast’s Sterbe-Ort gewesen seyn. Er würde, wenn er enthalb der Brücke testiret hätte, nicht gesagt haben, daß er sich seine Begräbniß-Stätte „enthalb“ auserwählt habe. Seine Auswahl wurde berücksichtiget. Seine Leiche wurde vom Kai-Viertel über die Brücke getragen und im St. Sebastians-Freyhofe enthalb der Brücke begraben. (Nachschrift) Wo im Kai jenes Wirthshaus gestanden sey, weiß man jetzt nicht mehr. Vielleicht wurde das Haus zur Zeit, als nachmahls {korrigiert aus: nochmals} Fürsterzbischof Wolf Dietrich mehrere Häuser zusammenkaufte und abbrechen lies, abgetragen. Vielleicht stehent es noch und die Wirthgerechtigkeit wurde auf ein anderes Haus jenseits der Brücke Nr. 474 (Wirthshaus zum weißen Rößl) transferirt. Vielleicht stand das Wirthshaus zum weißen Roß im Kai nur in einem Seitengäßchen dieses Stadtviertels, nähmlich in der sogenannten Hundsgasse, worin es wenigstens ein Mahl ein Haus „beym Roß in der Wiege“ genannt, gegeben hat. In demselben ist nachmahls, 1625 am 11. August, die Pest ausgekommen. Hübner, 1792. 1. Band. S. 509. Note. — Es ist möglich, daß Paracelsus früher einmahl in jenem Eckhause der Linzergasse jenseits der Brücke gewohnet habe. Aber in demselben ist er ganz gewiß nicht gestorben. (Wenn alle absurde und unwahre Aufschriften mit Recht einer strengen Kritik der Polizey seit geraumer Zeit unterworfen würden; {korrigiert aus: wurden;} so ist obige falsche Aufschrfit einer Revision {korrigiert aus: Revison} höchst bedürftig! Möchte darum eine schickliche und baldige Abänderung oder vielmehr eine völlige Vernichtung jener erdichteten d. i. erlogenen Sterbenachricht verfüget und ausgeführet werden, damit man nicht länger geäffet werde)!! —

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XVIII. Von einem vorgeblichen und vom wirklichen Grabe des Doctors Theophrastus Paracelsus.

Das (sich auf Hartknochs Preußen, und auf Brands Reise-Beschreibung S. 46. wie auch auf Tromsdorf beziehende oder berufende) allgemeine historische Lexikon (Leipzig 1730. II. Bd. S. 92) sagt: „Domnau eine kleine Stadt in Preußen. Eine Viertelstunde von hier soll der berühmte Theophrastus Paracelsus begraben liegen. Weil aber dieser nicht in Preußen, sondern in der erzbischöflichen Stadt Salzburg verstorben, so hält man dieß billig für eine Fabel.“ Dennoch sagt Göcking in seiner vollkommenen Emigrations-Geschichte von denen aus dem Erzbisthum Salzburg vertriebenen und in dem Königreich Preußen größtentheils aufgenommenen Lutheranern (Frankfurt 1737. II. Theil. S. 50) noch, daß eine kleine Viertelstunde von Domnau der berühmte Theophrastus Paracelsus begraben liegen soll. Göcking verschweigt jedoch, daß es eine Fabel sey! Quae mihi sic narras, Göcking, incredulus odi! — Iselin’s historisches und geographisches allgemeines Lexikon (Basel 1742. III. Band. S. 134) erklärt jenes Vorgeben als eine Fabel. — Der historisch-politisch-geographische Atlas der ganzen Welt oder geographisch- und critisches Lexikon, aus des spanischen Geographi Bruzen de la Martiniere dictionnaire geographique etc. (Leipzig 1745. IV. Theil. S. 492.) sagt: Domnau. Einige geben wiewohl irrig vor, daß Theophrastus Paracelsus hier sein Laboratorium gehabt habe und unter einem gewissen Stein daselbst begraben liegen soll. —

 Theophrast’s Leiche wurde zu Salzburg begraben. Dessen ungeachtet ist man in Ansehung des Begräbnis-Platzes noch verschiedener Meinung. Die vielen, von einander so sehr abweichenden, lectiones variantes beweisen es.

 Der Aufmerksame (Grätz 1820. Nro. 33.) sagt: zu Salzburg liegen seine gebeine im Hospitale des heil. Sebastian begraben. Aber nicht in dem Hospitale oder im Bruder-Hause (wie jenes gewöhnlich heißt) wurde Paracelsus begraben, sondern in dem Freyhofe oder Gottes-Acker beym Bruderhause.

 Mezger (hist. Salisb. 1692. Seite 550) sagt: sepultus est in cömeterio sacro.

 Göcking (am angeführten Orte, S. 17 und 124) sagt: „auf dem Kirchhofe zu St. Sebastian liegt der berühmte Theophrastus Paracelsus begraben.“ Derselbe bestimmt aber seine Behauptung in Ansehung des eigentlichen Plätzchens etwas näher oder er gibt dieses etwas genauer an, indem er sagt: er hat seine Ruhestätte nicht auf dem Gottes-Acker; man hat ihn naher an der Kirche begraben, wo die Anderen liegen, von denen man nicht eigentlich weiß, was sie geglaubt habe.“ *)

 Dessen ungeachtet hat der deutsche Merkur 1776 July S. 88 behauptet, daß „er auf dem Gottesacker des Hospitales (des sogenannten Bruderhauses bey der Kirche) St. Sebastian begraben liegt.“ — Er sollte geschrieben haben, daß Paracelsus in dem Gottes-Acker bis 1752 begraben lag. Auch Vierthaler (Reise etc. S. 180) sagt: „man weiset den Fremdlingen die Stätte, wo er begraben liegt.“ — Aber man zeigt ihnen im Vorplatze der Kirche nur die Stätte, in welche aus dem Grabe seine Gebeine erst 1752 gebracht worden sind, nähmlich eine Pyramide an einer Wand.

 Schultes, Hofrath und Professor zu Landshut, sagt in seiner Reise, II. Theil, 1804, S. 238 von Paracelsus. „Bekanntlich ist dieser Vorläufer Röschlaubs zu Salzburg in einer Capelle an der Kirche zu St. Sebastian begraben.“ — Auch Elise von der Recke, geborne Reichsgräfin von Medem, läßt in ihrem Tagebuch einer Reise durch einen Theil Deutschlands und durch Italien (Berlin 1815 S. 27) das Grab in einer Capelle an der St. Sebastians Kirche seyn. Aber Beyde irren. Vom Grabe selbst weiß Niemand mehr etwas. Was Beyde Theophrast’s Grab nennen, ist nur sein ehemahliger Grabstein und eine Pyramide vom Jahre 1752. Beyde Denkmahle sind aber nicht in einer Capelle, sondern vor und außer der Capelle des heiligen Philippus Nerius, an der vom Gottes-Acker zur Kirche führenden Stiege, rechts, an der Wand, der Capelle gegenüber. — Die epitome geographiae Cluverianae nova (Nürnberg 1733 S. 247) läßt Theophrast’s Grab gar in der Kirche St. Sebastian seyn. — Der geographisch-topographische Wegweiser durch die österreichische Monarchie von J. K. H. *** (Kaschau 1824 S. 14) sagt, daß man das Grab Theophrats (Theophrast’s) in der Kirche St. Stephan zeigt. Aber wie viele Irrthümer! Denn 1) Niemand zeigt das Grab, 2) es war niemahls in, sondern an der Kirche; 3) das versetzte Grabmahl ist nicht in der Kirche, sondern vor besagter Capelle; 4) die Kirche heißt nicht St. Stephan, sondern St. Sebastian.

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*) Wie konnte Göcking ein anders Mahl (da, wo er von Domnau in Preußen spricht) vom Begräbnißorte Theophrast´s anders sprechen?! – –
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XIX. Von Denkmahlen des Doctors Theophrastus Paracelsus.

1) Von dem Doppel-Monumente zum Angedenken des Paracelsus (in Salzburg.)

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 a) Von den zwey Bestandtheilen dieses Doppel-Monumentes.

 α) Eine viereckigte rothmarmorne Platte ist der ursprüngliche d. i. zur Zeit des Begräbniß Theophrast’s ihm zu Ehren zuerst in die Mitte des Freyhofes, aber zur Zeit der Erbauung der Gabriels-Kapelle an die Kirchhof-Mauer und zwar zunächst der Kirche gesetzte Denkstein. Auf denselben ist Theophrast’s Lob eingegraben. Die Schrift ist lapidarisch d. i. zu ihr sind lauter große Buchstaben gebrauchet worden. Dieser Denkstein ist nun der untere Theil des Doppel-Monumentes Theophrast’s.

 β) Eine stumpfe Pyramide hat eine spätere Entstehung. Sie wurde erst 1752, als Theophrast’s Gebeine aus dem Grabe im Freyt- oder Kirchhofe erhoben und hieher übersetzet wurden, verfertiget und aufgestellet. Sie stehet auf der besagten Marmor-Platte, ist also der obere Theil des Doppel-Monumentes. Auch die Pyramide ist beschriebem jedoch nicht ganz lapidarisch, sondern auch mit Kursiv-Buchstaben. In der Mitte der Pyramide ist hinter einem metallenen, mit Theophrast’s Bildnisse bemahlten, Thürchen ein Behältniß; in demselben wurden die Gebeine Theophrasts, als sie 1752 aus dem Grabe desselben erhoben worden waren, beygesetzet und verwahret; seit Jahren sind sie aber nicht mehr in diesem Behältnisse! Noch Lorenz Hübner (1792 I. Theil S. 533) sind die Pyramide und ihre Piedestal von schönem weißem Marmor. Vierthaler (Reise etc. 1799. S. 180) erwähnet nur der Pyramide; auch er läßt sie von weißem Marmor seyn. Auch Rixner und Siber (1819 S. 26) sprechen dem Lorenz Hübner nach und von schönem weißem Marmor; auch Hacker (1824) hat ihm nachgesprochen. Aber die Pyramide ist von röthlichweißem und das Piedestal von rothem Marmor.

 Wirklich ist dieses Denkmahl ein ehrenvolles Monument!! Hübner ruft S. 334 aus: „Ewig Schade, daß das unrühmliche Andenken dieses Patrons der Goldmacher der Vergessenheit entrissen ward!! — Aber da Paracelsus nicht nur als ein Alchymist und Goldmacher galt, sondern auch als Reformator der Arzneykunde eine obgleich nur vorübergehende Epoche machte, und als Arzt Aufsehen erregte; so ist obiges Urtheil Hübners doch wohl einseitig. Dieses einseitige, wegwerfende, Urtheil kann mich nicht zum Schweigen vom Doppel-Monumente bringen; und zwar auch aus dem Grunde, weil viele ältere Scribenten und sogar Lorenz Hübner (welcher doch so lange zu Salzburg lebte und das Denkmhal so oft aber nie recht sah) die Aufschrift nicht treu genug mittheilten.

 b) Treue Abschrift der In- oder Aufschrift des Doppel-Monumentes.

 α) An dem obern Theile desselben oder an der erst 1752 gesetzten Pyramide, und zwar.

 αα) Ober dem Bildnisse des Theophrastus Paracelsus:

PHILIPPI THEOPHRASTI PARACELSI qui tantam orbis Famam ex auro chymico ADEPTUS est(,) effigies et ossa(,) donec rursus circumdabitur pelle sus. Job., C. 19.

ββ) Unter dem Bildnisse Theophrast’s heißt es:

SUB REPARATIONE ECCLESIAE MDCCLII EX SEPULCHRALI TABE ERUTA

HEIC LOCATA SUNT.

β) An dem untern oder ursprünglichen d. i. zur Zeit der Begräbniß Theophrast’s verfertigten Theile des Doppel-Monumentes heißt es wörtlich, ja buchstäblich, also:

CONDITUR HIC PHILIPPUS THEOPHRASTUS INSIGNIS MEDICINE DOCTOR, QUI DIRA ILLA VULNERA, LEPRAM PODAGRAM, HYDROPOSIM ALIAQ(ue) INSANABILIA COR- PORIS CONTAGIA MIRIFICA ARTE SUSTULIT AC BONA SUA IN PAUPERES DISTRI- BUENDA COLLOCANDAQ(ue) HONERAVIT. ANNO MD XXXXI DIE XXIIII SEPTE- MBRIS VITAM CUM MORTE

MUTAVIT.

Unter dieser vielleicht nur zu sehr lobrednerischen Aufschrift ist Theophrast’s Wappe: ein silberner, mit 3 schwarzen Kugeln der Länge nach besetzter Querbalken. Unter demselben stehen die Worte:

PAX VIVIS . REQUIES AETERNA SEPULTIS.

Melchior Adam (1620) konnte nur von dem ursprünglichen Denksteine wissen. Er hat (S. 30 und 31) dessen Inschrift in fortlaufenden Zeilen geschrieben. Auch sonst ist seine Copie der Aufschrift nicht treu genug. Er schrieb MEDICINAE. Aber in der Urschrift fehlt, nach dem vor älters vielfältigen Gebrauche das A. Er schrieb hydropisim, anstatt hydroposim. (Indessen kommt seine Schreibart der Rechtschreibung hydropsim näher.) Er hat aliaque und collocandaque geschrieben, da doch beyde Worte mit dem Buchstaben Q endigen. Statt dem fehlerhaften Worte honeravit schrieb er erogavit. Anstatt mutavit hat er commutavit geschrieben. Er schrieb: Laus Deo: pax vivis, requies aeterna sepultis. Bey Laus Deo machte er die Anmerkung: Alii Aurea pax vivis. Aber die Originalschrift hat weder jenen noch diesen Afang. Alles, was ich gegen die Schreibung des Melchior Adams sagte, gilt auch gegen Suden’s (1706 III. Theil Seite 1016 und Bruckers Copie (1766 S. 655). Brucker sagt in einer Anmerkung von dem Epitaphium: additum est ejus operibus unde plerique, qui de Theophrasti agunt, repetunt. Daß die Herausgeber der Werke Theophrast’s sich nicht um eine völlig treue Abschrift der In oder Aufschrift an Ort und Stelle bewarben, zeuget von Mangel an Akkuratesse! — Brucker sagt noch: scriptum esse a monacho vel sacrificulo quodam parumque ponderis habere judicat Clericus hist. medic: 862. Ob die Aufschrift von einem Mönche oder von einem Priester herrühre, ist wohl etwas gleichgültiges! Auch Layen schrieben ihr Latein nicht immer schön, nicht ein Mahl fehlerfrey. Auch in neueren Zeiten schrieb man es schlecht, wenigstens schwülstig. Beyspielshalber erinnere ich nur an die im Freyhofe zu St. Sebastian links an einem Wege zur Rotundacapelle (in der Mitte desselben) befindliche Lobschrift auf dem Grabe des ehemaligen Advocaten und nachmahligen Professors Judas Th. Zauner. Die panegyrische Schrift rührt von dem als guter Lateiner so sehr gepriesenen Augustiner und Professor Aloys Sandbichler† her. Doch ich komme zu Theophrast’s besprochenem Doppel-Monumente zurück. Eine Abbildung ist in der Kunst und Musikalienhandlung Benedict Hacker’s zu sehen und zu haben. Schwarz kostet sie 15 Kreuzer Conventions-Münz Wiener Währung oder 18 Kr. rheinisch, koloriret aber 20 Kr. C. M. W. W. oder 24 kr. rhn.

 c) Vom Orte des Doppel-Monumentes Theophrast’s.

 Wie die Stätte des Grabes verschieden angegeben wurde, so wurde auch der Ort des Denkmahls Theophrast’s verschieden angegeben; jedoch nicht in der Entfernung wie Domnau und Salzburg, sondern alle zu Salzburg und zwar größtentheils zu St. Sebastian in Salzburg. Von dem Denksteine, welcher bey dem Grabe im Freythofe zuerst in der Mitte dann an der Kirchenmauer angebracht war, sprechen jene Schriftsteller, welche vor der Öffnung des Grabes und vor der Wegnahme der Gebeine Theophrast’s aus demselben, vor der Errichtung des neuen Monumentes und vor der Verwahrung der Gebeine Theophrast’s in diesem (also vor

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dem Jahre 1752) gelebt haben. Aber selbst diese älteren Schriftsteller erstatteten ungleiche oder verschiedene Berichte vom Orte des alten Denkmahls, welches sich ihrer Zeit noch im Freyt- oder Kirchhofe befand. 1) Suavius (1568. S. 14) sagt: epitaphium D. Theophrasti ad Templi murum erectum, lapidi insculptum. 2) Helmont (1682. S. 713. und 1707. S. 141 Spalte 2) sagt: in muro ad S. Sebastiani aram. Also in der Mauer bei dem Altare Sancti Sebastians, welcher sich damahls wahrscheinlich auch da befand, wo nun in einem Winkel des Freythofganges ein neuer St. Sebastians Altar stehet. 3) Paul Freherus (1688 S. 1227) sagt: epitaphium ad templi numen erectum. Das Wort numen ist ganz gewiß ein Schreib- oder ein Setzer-Fehler, statt murum. 4) Mezger (hist. Salisb. 1692 S. 550) sagt: epitaphium, lapidi in murum ecclesiae templi majoris supra tumulum immisso, incisum. Mezger sagt da, daß der Stein in die Mauer der Kirche des größeren Temples angebracht worden sey. Wenn er da, wo er der ecclesiae templi majoris gedachte, die, — St. Sebastianskirche im Gegensatze der Rotunda-Kapelle in der Mitte des Gottesackers meinte, so mag man obige zwey Worte wohl gelten lassen. Wenn er aber die Sebastianskirche an und für sich, von allem Gegensetze derselben abstrahirend, gemeint hat, so sind obige Worte pleonastisch.

 Ich komme nun zu den Scribenten, welche des Denkmahles eines und desselben Gegenstandes) seit 1752 verschieden erwähnen oder gedenken.

 α) Nach den Berichten oder Erzählungen einiger Scribenten soll das Denkmahl Theophrasts im Vorhause(?) der St. Sebastianskirche seyn.

 αα) Vergleiche Lorenz Hübner, 1792 I. Band. S. 333.

 ββ) Rixner und Siber’s Leben und Lehrmeinungen berühmter Physiker, 1819. Seite 25.

 β) Nach den Versicherungen anderer Scribenten soll Theophrast’s Monument sich in einer Kapelle an der St. Sebastianskirche befinden.

 αα) Vergleiche Vierthaler, Reise durch Salzburg. S. 180.

 ββ) Frau von der Recke, geb. Gräfinn von Medem S. 27.

 γ) Andere sagen das Denkmahl sey in einer Kapelle, ohne jedoch zu sagen, ob sie eine solche an oder ob sie eine Seitencapelle in der Kirche meinen. Vergl. Rudolph von Jenny’s Handbuch für Reisende in dem österreichischen Kaiserstaate 1822 I. Theil S. 131.

 δ) Nach Andern ist Theophrast’s Monument vorgeblich sogar in der St. Sebastianskirche. Welche Schriftsteller ich meine? Ich nenne

 αα) Auswärtige, d. i. solche Männer, deren Heimath Salzburg nicht war, welche sich auf Durchreisen im Drange kurzer Zeit nicht um alles Sehenswerthe bekümmern und umsehen konnten; auch solche, welche durch Lectüre geographischer Bücher oder mittels eingeholter Nachrichten von Salzburgs Sehenswürdigkeiten wider ihren willen beirret wurden.

 ααα) Herr Franz Sartori sagt: In einer Kapelle der St. Sebastians-) Kirche sieht man das Grabmahl des berichtigten Theophrastus Paracelsus von Hohenheim.

 βββ) In Jägers und Mannerts geograph. oder Zeitungs-Lexicon (III. Band 1811 S. 173) heißt es: „Im Kloster St. Stephan stehet des Theophrasti Paracelsi Grabmahl“ — Aber ein Kloster dieses Nahmens gab und gibt es zu Salzburg nicht. Darum ist es wahrscheinlich, daß Jäger und Mannert sagen wollten, Theophrast’s Monument sey in der Kirche St. Sebastians.

 γγγ) Der geographisch-topographische Wegweiser durch die ganze österreichische Monarchie von J. K. H. *** (Kaschau 1824 S. 14) sagt, daß man in der Kirche St. Stephan (St. Sebastian’s) das Monument Theophrats (Theophrast’s) zeigt.

 ββ) Inländische irren und beirren Andere, wenn sie sagen, das Monument sey in der Kirche St. Sebastians. Dieß sagt Spaur in seinen Reisen durch Oberdeutschland. Zweytens Bandes erstes Bändchen. Passau 1805. S. 112.)

 Wie doch selbst oder sogar in Inländer schreiben konnte, daß Theophrast's Monument in der Kirche sey! Es ist außer derselben und zwar an der Wand des Vorplatzes, der an die St. Sebastianskirche gebauten Kapelle des h. Philippus Rerius. Zwischen dieser Kapelle und jener Wand mit dem Monumente ist die Treppe, welche von der St. Sebastianskirche zum Freythofe oder Gottesacker und von diesem zurück zur Sebastianskirche führt.

 d) Von dem Worte Grabmahl als von einer falschen Benennung des Monumentes.

 Vierthaler (Reise etc. 1799 S. 180) und Jäger (georgraphisch-historisch-statistisches Zeitungslexikon, neu bearbeitet von Konr. Mannert, III. Theil Landshut 1811. Seite 173 Spalte 1) wie auch Frau von der Recke (1815 S. 27) und Rudolph von Jenny (1822 1. Band S. 131) dann auch Zober (der deutsche Wanderer. Halle 1822 S. 207) lassen das Monument ein Grabmahl seyn. Aber weil bey dem Monumente nicht auch das Grab oder die Grabstätte ist; so kann das Monument kein Grabmahl seyn. Es ist ein Denkmahl.

 2) Von Abbildungen als Denkmahlen des Philippus Theophrastus Paracelsus.

 a) Auf dem Monumente oder Denkmahle zu St. Sebastian. Lorenz Hübner (Salzburg 1792 I. Band S. 335) sagt: „Beyläufig in der Mitte der Pyramide ist das Porträt des Theophrastus en Buste in der Kleidung eines schwarz gekleideten Mönchs gemahlt.“ Auch Weilmeyr (Salzburg, die Hauptstadt des Salzachkreises 1813 S. 45) sprach von einem Porträt en Buste. Was Jener (ohne genaue Autopsie fabelte, das hat ihm dieser gleichfalls ohne genaue Autopsie) nachgesprochen! Aber Theophrast's Bildniß ist keine Büste oder nicht en Buste zu sehen. Es ist auf Blech gemahlt. Wie Hübner (ohne rechte Autopsie) vom Costüme eines schwarz gekleideten Mönches fabelte, so hat ihm der Baireuther Pfarrer Pflaum (von aller Autopsie zu weit entfernt) nachgebethet. Sieh Ludwig Pflaum's geographische Skizze vom Königreiche Bayern. 1811. S. 50). (Pflaum sprach in dieser Skizze darum auch von Salzburg, weil es 1811 Bayerisch war.) Hübner hat, wenn er den Paracelsus im Costüme eines Mönches und zwar eines schwarz gekleideten Mönches (eines Benedictiners') abgebildet seyn ließ, sich entweder geirret oder gescherzet! Wie Dr. Schultes den mystificirenden Paracelsus einen Vorläufer des Dr. Röschlaub nannte, wollte Hübner denselben Paracelsus (welchen er S. 334 den Patron der Goldmacher nannte) vielleicht durch eines Mönchskleidung nur mystificiren! Aber Theophrast's Kleid ist keine Kutte, auch ist es nicht schwarz. Es ist nur eine dunkelfarbige und nach einem sonderbaren damahls gewöhnlichen Zuschnitte gemahlte Kleidung: (Ich sah schon mehrere und zwar sehr verschiedenartige Abbildungen Theophrast's, seiner alchymistischen Attribute und seiner nun ungewöhnlichen Kleidungsarten.)

 b) An dem Hause Nr. 391, einem Eckhause der Linzer Gasse, und zwar der St. Andreaskirche gegenüber, siehet man den Dr. Paracelsus in gelber Kleidung abgebildet.

 c) Joseph Rosenegger, Gutsbesitzer am Birgelstein außer der äußern Vorstadt Stein, besitzt ein auf Holz gemahltes Bildniß des Paracelsus. Es ist in seinen 30er Jahren und dennoch mit derben oder rohen Gesichtszügen abgebildet.

 d) Auch in Holz- und Kupferstichen ist Theophrastus mehrmahlen abgebildet worden. Mir sind jedoch nur folgende acht zu Gesicht gekommen, deren vier ich selbst eigenthümlich besitze.

 aa) Theophrast's Bildniß ist in seinem lateinischen Buche Labyrinthus. Von dieser Abbildung sagt Suavius, (1568 S. 14: effigies ostendit staturam proceram, faciem gravem cum fronte ampla, sincipite calvo, mediocri capillo: circa quam (effigiem) erat inscriptio ei familiaris quamque frequenter solebat usurpare: Alterius non sit, qui suus esse potest. Ich habe besagtes Buch Labyrinthus nicht gesehen: darum weiß ich nicht, ob eine mir eigenthümliche Abbildung Theophrast's mit dem besagten Spruche desselben, dem Bilniß desselben im Buche Labyrinthus gleich oder nur ähnlich sey. Jener Spruch stehen auf meinem Blatte oben an: vorne am Rande herab stehet folgende Übersetzung des Spruches: EINS ANDERN KNECHT SOL NIMANT SEIN DER FV̈R SICH BLEIBEN KAN ALLEIN

[p. 460]


 Unter dem lateinischen Spruche und ober dem Kopfe Theophrast's stehet folgende (nicht ganz erhaltene) Aufschrift: Effigies vera Aureoli Philippi Theophrasti Paracelsi, nati anno — — —. Wahrhaftige Contrafactur deß weitberühmten und hocherfarn — — — — von Hohenheim, beyder Arczteney Do. — — — — Vor seinem rechts sehenden Gesichte ist seine Wappe: ein Schild mit einem Querbalken, auf welchem drey Kugeln und um welchen acht Kreutze angebracht sind. Daneben, auf einem einer Schreibtafel ähnlichen Quadrate, — heißt es:

Aus seinen Prophezeiungen.
Der Doctor mit seinem roten Hutt
einaugig flickt im sebs ein Mutt
mit paternostern, gulden ringen
vnd andern narten stolcze Dingen
steck im Labyrinthischem strick
Kan nit vor sich noch hinterrück,
Erstarret vber meinem Waffe
Der sidenstück, gleich eine affe,
Vnn (und) der geschraubt meins schwertes Knopf
zerbrich sinn (sein) Hirn, Vernunft und Kopf.

Paracelsus hält in beyden Händen ein Schwert; mit der rechten hält er den „Geschraubt“ d. i. eine Kugel ganz oben am Griffe des Schwertes. An dem „Geschraubt“ stehet das Wort AZOTH. Fast scheint es, die Kugel sey hohl und der Azoth gleich einem spiritus familiaris in dieselbe gebannet. Helmont am angeführten Orte S. 223 Spalte 1 hat in seiner daselbst befindlichen historia Tartari des Paracelsus (§. 4. und zwar am Ende dieses §) von dem nicht mehr forschungslustigen und seine Theorie der Arzneykunde durch neue chemische Experimentirungen nicht mehr vervollkommenden Paracelsus geschrieben: quanquam ingenio raro uatus, tamen dono Azoth selicior quam indagatione Theoriae. Unter besagtem einer Schreibtafel ähnlichem Quadrate und vor dem Bildnisse Theophrast's ist ein Mann mit einem Rosenkranze abgebildet. Unter beyden stehet das nicht mehr ganz erhaltene Gebeth: GOT SEI LOB, FRID DEN MENSCHEN NV, DEN ENTSCHLAFNEN die ewig Ruh. Diese 3 letzten Wörter machen wahrscheinlich das Ende des Gebethes, welches an die Worte auf dem Denksteine Theophrast's: Pax vivis, requies aeterna sepultis, erinnert! — Doch genug davon.

 bb) Ein anderes Bild stellet den Paracelsus nur mit seinem Schwerte vor, an dessen Kugel jedoch nicht auch das Wort Aroth ersichtlich ist. Die Unterschrift lautet: Effigies Aureoli Theophrasti ab Hohenhaim sue aetatis 47. Und: Omne donum perfectum a Deo, imperfectum a diabolo. Diese mir eigenthümliche Abbildung Theophrast's ist also im vorletzen Lebensjahre desselben, also im Jahre 1540 oder nach einem in diesem Jahr verfertigten Bildnisse verfertiget worden.

 cc) Auf dem Titel- und auf dem nächsten Blatte des Werkes: Theophrasti Paracelsi chirurgische Bücher und Schriften (Straßburg 1605 und 1618. Fol.) sind zwey verschiedene Abbildungen Theophrast's.

 dd) eine Abbildung desselben ist auch auf dem Tittelblatte des Werkes: Aureoli Philippi Theophrasti Bombasts Paracelsi opera. Straßburg 1616. Fol.

 ee) Pauli Freheri Theatrum virorum eruditione clarorum (Noribergae 1688) liefert in den zu pag. 1208 etc. gehörigen Bildnissen in der vorletzten Stelle die Abbildung Theophrast's.

 ff) Ein Bildniß desselben ist vor dem Juliushefte des deutschen Merkus 1776 zu sehen. Darunter stehet Joh. H. Lips fecit 1776 und G. M. Kraus delineavit.

 gg) Eine Abbildung des Paracelsus mit der zum Theile fehlerhaften Unterschrift PHILIPUS THEOPHRASTUS PARACELSIS wurde nach einem Bildnisse desselben, welches ANNO ETATIS SUE 34 verfertigt worden war, von einem Salzburger gestochen. Er unterschrieb Carl Schneeweis sculp.

 Oben im rechten Winkel ist ein Ochsenkopf und im linken ist der Querbalken mit den drey Kugeln angebracht. Paracelsus hält in der rechten Hand eine Rose. Auf allen übrigen Abbildungen ist sein Kopf bloß. Hier ist er mit einer Pelzbande bedeckt. Wie kam es, daß Paraeclsus da mit einem geistlosen oder mit einem äußerst dummen Gesichte abgebildet worden ist?! — Die Kupferplatte zu diesem Bildnisse besitzet Kaufmann Kaiser zu Salzburg, welcher sie von dem Kaufmanne Ranftl geerbet hat. (Von diesem erbte er auch Manuscripte Theophrast's. Jener oder Er hat diese Handschriften des Paracelsus an das Kloster Kremsmünster verkaufet.)

 hh) Nach einem gemahlten mit einem mir unerklärbaren Mahler-Monograme und mit der Zahl 1572 bezeichenten Bilde ist der Kupferstich verfertiget, welcher vor dem Buche „Leben und Lehrmeinungen berühmter Physiker am Ende des XVI. und am Anfange des XVII. Jahrhunderts, herausgegeben von Rixner und Siber“ (I. Heft, Salzbach 1819) angebracht ist. Der Stich ist äußerst fein. Er gereichet dem Kupferstecher zur großen Ehre. Dieser unterschrieb sich Carl Mayer etc. Nbg. Unter dem Bildnisse heißt es:

Theophrastus Paracelsus.
Es sind den Menschen mancherley Gaben gegeben von Gott, einem jeden nach seiner Wirkung aber durch einen Geist. I. Corinth. 12. 1572. Gleichwie Dürrer in der Mahlerey
Also dieser in der Ertzney,
Vor und nach ihnen niemand tratt
Der in ihrer Kunst ihnen gegleichet hat;
Mus er darum vom Teufel seyn?
Das sey ferne; ach nein, ach nein!

Wenn Rixner und Siber sagten, daß die Gemüthsart des Paracelsus rauh war, so sagt ihr Recensent in der Münchner allg. Literaturzeitung 1820 Nr. 73 Seite 582 Spalte 1: „dieses scheint auch sein schön gestochenes Porträt bezeichnend auszudrücken.“ — Aber mir scheint es nicht auch also! Vielmehr muß ich sagen, daß, je öfter ich dieses mir eigenthümliche Bild betrachte, mir immer desto mehr und mehr Gutmüthigkeit aus dieser Abbildung Theophrast's erscheint.

 3) Von einer Münze zum Andenken Theophrast's oder von einer Denkmünze zum Angedenken desselben habe ich nur in der Salzburger-Zeitung 1813 Nr. 211 S. 870 Spalte 2 etwas und zwar nur dieses gelesen: „Es soll eine Münze auf Theophrastus Paracelsus gepräget worden seyn.“ — Es wird aber nicht auch gesagt, 1) ob mit dem Porträte Theophrast's 2) mit welcher Aufschrift, 3) von wem und wo, 4) ob sie nur von Silber oder auch von Gold und 5) in welchem Werthe sie gepräget worden sey. Wo, in welcher (kaiserlichen oder königlichen oder fürstlichen oder Privat-) Münzensammlung gibt es eine solche Denkmünze? Eine nähere Nachricht von einer solchen Münze wäre erwünschet.

XX. Von dem Schedel und anderen Gebeinen des Philippus Theophrastus Paracelsus.

Nicht unter, wie Pflaum 1811 S. 50 sagt, sondern hinter dem Bilde auf einem aus Blech verfertigten Thürchen eines Behältnisses in der Pyramide am Denkmahle des Paracelsus wurden „dessen Gebeine,“ wie Pflaum sagt, aufbewahret. Aber nun befinden sie sich in der Verwahrung bey der Untermeisterinn des Bruder-Hauses. (!) — Die Redens-Art „dessen oder seine Gebeine“ ist ein kollectiver d. i. eine Gesammtheit oder Allheit bezeichnender Ausdruck und führet zum Irrthume, als ob sich da alle Gebeine des Paracelsus befänden, da doch nur einige aufbewahret werden; nähmlich dessen Schedel und etliche Knochen. Ein Deutscher, in dessen Kopfe es wohl nicht richtig seyn oder ein Spleen spucken mochte, soll für den(!) Schedel so viele Ducaten als er fassen könnte, angebothen haben!!! —

Bibliography

Stephan, Kaspar Johann Nepomuk: ‘Bemerkungen über erhebliche Irrungen in Betreff einiger Lebensumstände wie auch über bunte Fabeleyen von verschiedenen Todesarten und Sterbearten des Doctors Aureolus Philippus Theophrastus Bombastus von Hohenheim, genannt Paracelsus, zugenannt Germanus Suevus Arzinas und Helvetius Eremita, † zu Salzburg’, in: Neues Archiv für Geschichte, Staatenkunde, Literatur und Kunst, 2 (1830), No. 38, 39, 42, 50–55, 58 = pp. 299 f., 307 f., 329–332, 394–396, 403 f., 411 f., 420 [recte: 417]–420, 426–428, 436, 457–460.
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