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| Killy=11$Joachim Telle$S. war ein Lizentiat der Jurisprudenz u. Medizin, der an Hohen Schulen (Leipzig 1590, Wittenberg 1598, Rostock 1607) studiert hatte, etwa seit 1609 als Organist in Frankfurt/M. lebte, dann als Notarius in Aschaffenburg (1615) u. sich schließlich in Magdeburg (1618), Hamburg (1620; zu dieser Zeit fürstlich-holsteinischer Medicus), Reval (1622), Lübeck (1623) u. Schleißheim (1626) aufhielt. Spätestens seit 1611 war er ›gekrönter Poet‹; Bekanntschaft hatte er mit Martin Opitz (Frankfurt/O. 1616). </br> Zu seinen Publikationen zählen Newe Teutsche Weltliche Lieder [...] neben [...] Teutschen Täntzen (Ffm. 1609), drei textlich versippte ›Gesangbüchlein‹ (Leibfarbe HertzRose. Hbg. 1620. Holsteinische Mertzenviol. Hbg. 1620. Leibfarbe CreutzRose. Hbg. 1620), ein auf Religionsfrieden drängender Traktat zur aktuellen Bündnispolitik (Discursus politicus. 1618), ein Ratgeber für Reichstagsbesucher (Comitiorum fidus Achates. Lpz. 1621 u. ö.; piratenartiger Nachdruck eines seit 1612 anonym erschienenen Berichts) sowie ein tagespolit. Prognosticon (Augurium portentosum, Das ist: [...] Außlegung der [...] geschossenen Adlern. Darmst. 1623). An den religiösen Dissidenten u. Alchemoparacelsisten S. erinnern sowohl seine (Ps.-)Weigeliana- (Libellus disputatorius. Moise Tabernaculum. Bericht Vom Wege vnd Weise alle Ding zuerkennen. Von der Gelassenheit. Gnothi Seavton. Tl. 3. Magdeb. 1618) u. Paracelsica-Ausgaben (Philosophia de limbo. Magdeb. 1618. Ffm. 1644. Clavis, Oder/ Das Zehende Buch der Archidoxen. Magdeb. 1624) als auch seine nach Vorlage einer dt. Übersetzung entstandene Versfassung einer lat. Rosenkreuzerschrift (Ara Foederis Theraphici.F.X.R. Magdeb. 1618, 1621), aber auch persönl. Beziehungen zu Jacob Böhme (S. beteiligte sich 1622 an einer Disputation zum Thema Gnadenwahl mit Böhme), Balthasar Walther, Joachim Morsius u. Jakob Alstein. </br> Nachruhm sicherte S. insbes. seine Ausgabe eines Traktats aus der Feder eines anonymen Arztes (HeldenSchatz/ Das ist; Naturkündliches Bedencken [...] Daraus [...] zu vernehmen/ was zu [...] Martialischer Außrüstung eines Kriegshelden vnd Ritters [...] gehörig. Ffm. 1615 u. ö.; Freib. i. Br. 1978 [Reprint der Ausgabe Köln/Weimar 1750 bzw. Stgt. 1855]), der eine paracelsistische Deutung der Mitteilungen Homers über die Waffen Achills u. Informationen über ›electro-magische‹, nämlich aus »Electrum magicum« hergestellte Waffen, aber auch über Festmachen, Schießpulver, Feuerwerkerei, über den Gebrauch einer bestimmten ›Waffensalbe‹ zur Fernheilung eines Verwundeten u. andere sympathetisch-magische Heilpraktiken birgt. Der Dreißigjährige Krieg verhalf dem Heldenschatz zu mehreren Ausgaben. Eingedenk der Aufgaben eines frühneuzeitl. ›Hausvaters‹ wandelten Redaktoren das Not- u. Hilfsbüchlein für »Kriegsleuthe« in ein umfängl. ›Arznei- Kunst- und Wunderbuch‹, das eine Vielzahl an prakt. Ratschlägen zur Daseinsbewältigung in Haus u. Hof bot u. sich bis in das 18. Jh. in etlichen Drucken u. einer frz. Übersetzung auf dem Büchermarkt behauptete. – S. figuriert in Walter Ummingers Briefroman Das Winterkönigreich (Stgt. 1994, Nr. 192, 217, 387).
| VL16=6$Wilhelm Kühlmann$'''Vita''' Der Sohn des Gutsbesitzers Albrecht Startze wurde schon als Schüler an der Univ. Leipzig eingeschrieben (1590), studierte, auf Dauer wohl ohne ordentlichen Studienabschluss, in Wittenberg (immatr. 20. 3. 1598) und Rostock (Sept. 1607). Seit 1609 bezeichnete er sich als poeta laureatus, dann als Studenten bzw. Lizentiaten der Jurisprudenz (spätestens 1616 in Frankfurt/O.), seit etwa 1620 auch als Licentiaten der Medizin und „fürstlich holsteinischen Leibarzt“ (Möller 2003, 114 f.). Sein unstetes Leben lässt sich nur aus diversen Erwähnungen sowie aus Passagen und Paratexten seiner Werke lückenhaft rekonstruieren. Nachzuweisen sind Stationen als ‚Organist‘ und Liederdichter in Frankfurt/M. (1609−ca. 1611; Qa 1) und als Notar in Aschaffenburg (ca. 1613−15), ein Besuch in Frankfurt/O. (1616, Wa 1), dann in Leipzig (Polemik gegen den alchemischen Scharlatan Hiob Pfeffer mit Lob des Benedictus → Figulus; Vorrede zu Wd 6), ferner ein Aufenthalt (hier Pläne zu einem Laboratorium collegiale) in Magdeburg (1617/18) sowie in Hamburg (1620), wo er geistliche Lieder drucken ließ. Spätestens in Aschaffenburg begann er seine Laufbahn als Hss.sammler, Kompilator und Herausgeber paracelsistischer und (ps.-)weigelianischer Texte ( Wd ), trat dabei in engeren Kontakt mit dem Theosophen, Publizisten und voluntativen Rosenkreuzer Joachim Morsius ( Wa 2). Zu St.’ Lebens- und Korrespondentenkreis gehörten auch Anhänger Jacob → Böhmes, darunter Christian Bernhard, einer der Kopisten der Böhme-Hss. (Gilly 2007). Nach einem Aufenthalt in Reval (1622; Vorrede zu Wd 8) beteiligte sich St. mit Morsius sowie dem Böhme-Adepten und Arztalchemiker Balthasar Walther (ca. 1558−ca. 1630) an einer Disputation mit Böhme in Striegau um die Weihnachtszeit 1622 bei Johann Theodor von Tschesch (1595−1649), über die ein Sendbrief Böhmes (20. 2. 1623, Nr. 41; Kontakte mit St. aber schon früher; s. Nr. 15 [3. 7. 1621] an Johann Daniel Koschwitz) an Abraham von Franckenberg berichtet ( Qa 2; Telle 1995, hier auch zur Überlieferung). Dann finden wir St. in Lübeck (1623/24), dort mit Walther verwickelt in Auseinandersetzungen mit den örtlichen Theologen (Schneider 1929, 51), und Schleißheim (1626, Wa 3). Sein Lebensende hüllt sich in Dunkel.  </br> '''Werke''' St.’ vielseitiger Begabung und wechselnder intellektuellen Orientierung entsprechend lässt sich sein Werk in verschiedene Gruppen aufteilen. Zu Anfang steht ein Liederbuch des Frankfurter Organisten St. ( Wc 4; 1609). Seine 23 Stücke, strophisch, aber auch madrigalesk konzipiert, mit beigefügten Noten gedruckt in vier Heften für fünf Stimmen, ergehen sich aus männlicher und weiblicher Perspektive in erprobten Liebesmonologen und bieten Rezepte zur Melancholietherapie (Nr. 20). Ein Mädchenlied (Nr. 16) gibt den geistreichen Studenten den Vorzug vor allen ‚Pflastertretern‘; eingestreut sind literarisch-mythologische Reminiszenzen (Hercules und Wolfdietrich, Nr. 4), Erinnerungen an Jacob → Regnarts bekanntes Venuslied (Nr. 5), auch eine Kontrafaktur des Aktäonmythos nach Ovid (Nr. 19). Seine Melodien entnahm St. u. a. Werken des engl. Komponisten Thomas Morley (Vetter 1928; Kümmerling [ Lex ]). Direkt angesprochen und gerühmt werden Lieder des Komponisten Valentin Hausmann (Nr. 11). Ohne Notensatz hat St. später in Hamburg zwei Slg.en geistlicher Lieder ( Wc 9 f.; 1620) publiziert, die, offenbar im Blick auf mögliche Gönner nun an Luther orientiert, ausdrücklich für private Andachtsstunden gedacht waren und dogmatische Korrektheit demonstrieren sollten. Seine Begabung als Knittelversdichter offenbarte St. sonst nur noch in der Übers. einer längeren rosenkreuzerischen Werbeschrift ( Wc 7; 1618) nach einer Vorlage des hermetistisch bewegten, auch von Heinrich → Khunrath beeinflussten Johannes Bureus (zu ihm Gilly 2014, 158; Åkerman 2002). Hier wird die Botschaft der rosenkreuzerischen Fama Fraternitatis (Erstdruck 1614) zum Bild eines imaginären ‚Ordens‘ ausgebaut, in dem wider Zweifler, Feinde und Scharlatane in quasi-mönchischer Frömmigkeit ein universales Wissen zu Nutz und Wohlstand angestrebt wird. In abgenötigter sozialer Vorsicht sollen dabei diejenigen zurückgewiesen werden, [d]ie sagen unverholen frey / Das vn.  </br> St.’ rosenkreuzerische Visionen vereinbaren sich kurz vor Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges schlüssig mit seinen Bemühungen um das Erbe des theol. Dissidenten Valentin → Weigel, sei es in der Ausg. von dessen Kirchenpostille, wenn die Zuschreibung des Vorredners, durch ein problematisches Notarikon signierend, zutrifft ( Wd 1; 1617), sei es in der nicht zu bezweifelnden Edition von Ps.-Weigeliana ( Wd 2−5, dazu die Beschreibungen b. Pfefferl 1991), mit denen er joachimitische Geschichtsspekulationen und eine auf den Spiritualismus des 16. Jh.s zurückweisende, nun auch naturtheol. inspirierte Frömmigkeit gemeinsam hatte. Dies zeigt sich deutlich ebenso an Ps.-Weigels Traktat Von der Gelassenheit ( Wd 5), hinter dem sich, von St. nicht vermerkt, nichts anderes verbirgt als ein schon 1523 von Andreas Bodenstein von → Karlstadt [Nachträge] im Zuge der Tauler-Rezeption publiziertes Werk. Zwar war St. sehr wohl auch an Paracelsus’ naturkundlich-anthropologischer Gedankenwelt interessiert, indem er Ps.-Paracelsus’ zehntes Buch der Archidoxa samt anderen alchemischen Schriften, u. a. von dem Paracelsus-Schüler Georg Phaedro/Fedro († nach 1577, s. CP II, Nr. 71), herausgab ( Wd 8; 1624), doch wirkte spektakulärer die in den Horizont seines Weigelianismus einzurückende frühe Ausg. theol. Schriften des Hohenheimers ( Wd 6; 1618), die eine intime, von St. auch deutlich herausgestellte Kenntnis der arkanen hsl. Überlieferung bekundet. Die Vorrede attackiert Paracelsus-Gegner wie Andreas → Libavius und Johannes Oporinus (Brief an Johannes → Wierus), auch einen Leipziger Scharlatan. Darauf folgen Überlegungen zu den verschiedenen Formen des lapis universalis, dessen höchste Steigerung als Offenbarung Gottes im Licht Naturae et Gratiae aufleuchte. </br> Die dem akademischen wie politischen Konfessionalismus abholde Mentalität der von St. repräsentierten paracelsistischen Theosophen zeigte sich auch dort, wo er seine jur. Kenntnisse nutzbar machte. Dies gilt weniger für ein offenbar gern gelesenes kleines Handbuch zum rechtlichen und zeremoniellen Verfahren der Reichstage ( Wc 11; 1621; zum Typus und zur anon. Vorlage Schubert 1966) als für eine kurz vor Kriegsbeginn verfasste reichsrechtliche Denkschrift ( Wc 6; 1618): Hier macht St. Front gegen den radikalen Calvinismus, geißelt, den Linien der kursächsischen und braunschweigischen Vermittlungspolitik folgend (Abkehr von der prot. Union), konfessionelle Bündnisse im Reich und beschwört den bewährten Augsburger Religionsfrieden. Seine reichspatriotisch bewegte Klage gilt dem durch die um sich greifende parteiliche Publizistik angestachelten gegenseitigen Misstrauen der konfessionellen Lager, nicht ohne warnende Erinnerungen an die Erfahrungen der älteren Religionskriege in Deutschland und Frankreich. </br> Aber nicht mit diesen Werken blieb St. bis zur Mitte des 18. Jh.s im Gedächtnis, sondern mit einem Kompendium ( Wc 5; zuerst 1615) aus dem weiten Feld der Secreta-Literatur, das sich, zunächst für adelige Militärs bestimmt, in immer neuen Erweiterungen bis 1750 zu einem ‚naturmagischen‘ Hausbuch entwickelte (dazu Peuckert 1967; Möller; Tilton 2006). Der Titel nimmt im Gefolge der ‚Mythoalchemie‘ Bezug auf die Homerische Bewaffnung des Achill durch Hephaistos/Vulcanus (Ilias XVIII 457−460), bezieht viele hist. Exempel und literarische Reminiszenzen ein (z. B. Vergil und die Bibel mit Tubalkain, dem mythischen Schmied, als Hüllwort für Vulcanus) und benutzt neueres Sachschrifttum, darunter Johannes → Mathesius Bergpredigten und Giam Portas oft gedruckte Magia Naturalis (Erstdruck 1558). Das Material, aus dem der berühmte Panzer des Achill bestanden habe, entspreche einer Art von Metalllegierung, die von (Ps.-)Paracelsus u. a. in einem Trakat De Electro (zuerst hg. v. Michael → Toxites, 1572) aus dem Umkreis der Archidoxis Magicae Libri VII (Paracelsus, ed. Sudhoff, Bd. XIV, 1933, 437−498; zu den paracelsistischen Quellen Tilton 2006; Textproben u. Paraphrasen: Peuckert 1967, 216−223 bzw. 197−204) zur weiteren Nachahmung erörtert sei. Im diesbezüglichen ersten Teil des Werkes stützt sich St. quasi-plagiatorisch auf ein Ms. (Consilium de Vulcani magica fabricatione armorum Achillis) von Heinrich Khunrath, das über dessen Bruder Konrad (ca. 1555−1614; zu ihm CP III/2, Nr. 162, 967−983) Kg. Karl IX. von Schweden dediziert wurde (Ms. erhalten: Stockholm, KB, Rl 4°, Nr. 138; s. Gilly 2014, 553 f.). St. will in den Besitz dieser Hs. gekommen sein (Vorrede von Ed. 1615), indem ein bei ihm eine Zeit lang wohnender vortrefflicher medicus (einer der Brüder Khunrath?) das Werk in unausgeführter Rohform bei ihm habe liegen gelassen, das nun zum allgemeinen Wohl veröffentlicht werde. </br> ndem sich St. im ersten Werkteil, nicht ohne Warnung vor zauberischen Praktiken, besonders den verschiedenen Mitteln widmet, sich im Krieg ‚festzumachen‘, d. h. vor feindlichen Kugeln zu schützen (dabei auch Reminiszenz an die Liedsage vom Hürnen Seyfried/Siegfried) oder z. B. den feindlichen Degen zum Zerspringen zu bringen, findet er darüber hinaus zu allerlei Präzepten der Human-, aber auch der Veterinärmedizin (Umgang mit den Gebrechen der Kriegspferde). Im zweiten Teil wird der Themenbereich auf Techniken, Winke und Tricks der Artillerey oder Büchsenmeisterey ausgeweitet. Dieser Kernbestand des Erstdrucks wurde zunächst durch St. selbst (4 Tl.e, 1618) und dann über Jahrzehnte hinweg durch Notate ergänzt, die den weiten Bereich der alltäglichen Daseinsbewältigung (z. B. Schlaflosigkeit, Zahnweh, Taubheit oder Impotenz), aber auch der landwirtschaftlichen und handwerklichen Praxis abschreiten. Der vorerst letzte Druck (1750) sollte offenbar der ‚magischen‘ Aura des Opus auch dadurch entsprechen, dass am Ende Formulare und Gebete zur Beschwörung guter und böser Geister angehängt wurden. Eine quellenkundliche und überlieferungsgeschichtliche Detailanalyse im Strom der Secreta- und Hausbuchliteratur bleibt ein Desiderat.
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Revision as of 16:24, 20 April 2024



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