KassUB 2chem19.1 229

From Theatrum Paracelsicum
Author: Johann Eckel
Recipient: Moritz Landgraf von Hessen-Kassel
Date: o.D. 15 April]
Place: no place
Pages: 6
Language: German
Editor: Edited by Julian Paulus
Source: Kassel, UB, 2° Ms. chem. 19[1, f. 229—232 (alt f. 217—220)
Quote as: https://www.theatrum-paracelsicum.com/index.php?curid=516
Names: Johann Krug; Georg Stange; Caspar Hendel; Matthias, Kaiser; Melander; Johann Georg I., Kurfürst von Sachsen; Sternberg, Herr von; Anna of Tyrol; Rudolf II, Holy Roman Emperor
Places: Pressburg; Wien; Prag; Bohemia; Ofen; Graz; Siebenbürgen; Linz


[f. 229r] Durchleuchtiger hochgeborner gnediger fürst vnd herr,

weil e[uer] f[ürstlich] g[naden] mich zu fernerer vndertheniger relation nicht g[nedig], alß hab jch solchs himit gleichwol etwz schrifftlich zu thun in aller schuldiger vnderthenigkeit nit vmbgehn können, wie folgt:

Demnach jch von [Johann] Krugen mit 64 1/2 dicken thalern abgefertigt, der meinung was etwa ferner zu der reise vonnöthen, daß Georg Stang solchs verlegen, welchs jhme dan alhir restituirt werden solte. Oder aber weil Caspar Hendel einen vornehmen reichen bruder zu Preßburgk, welcher keine kinder, vnd diesen seinen Casparn lengst gerne sehen mögen (weil sie einander in mehr als 30 jahren nicht gesehen) daß man bey gedachtem Casp[ar] Hendels bruder ein stück geldes vff nehmen vnd also den Stangen mit herauß bringen köndte &c.

Was dan ermelten Stangen vnd dessen gelegenheit vnd wie jch jhn befunden belangt, als hab jch jhn antroffen zu Wien im Regenspurger Hoff, gar oben in der höhe in der 4. wanderung, da sitzt er zur miedte, mit seinem weiblein vnd einer magd, hat kein kind, auch kein geld, ist ein man von 75 jahren, sonstet ein feiner vnd in vielen sachen ein sehr erfarner verstendiger man, welcher in den vngrischen tyrolischen vnd andern bergwercken sich wol versucht, auch alle secreta derselben vnd des gantzen kayserlichen müntzwesens gar wol weiß vnd verstehet vnd in schrifften bey sich hat, wie jhn dan der kayser (wie er bericht) zum müntzmeister haben wöllen, welchs er aber abgeschlagen. Ist auch ein guter chymicus, wie er dan insonderheit wegen des lap[idis] ph[ilosoph]orum bericht wissen wil vnd sagt, es sey eine schlechte materia, so allendhalben funden werde, darauß könne er machen einen <mercurium> vnd auß selbigen <mercuri>o könne er alle metalla machen vnd diese arbeit bedörffe 4 wochen zeit, sölte [f. 229v] seine erste arbeit sein, so er wölte vor nehmen, wan er her kehme, begehre aber von e[uer] f[ürstlich] g[naden] vor dis stück nichts.

Eß ist aber nicht seine gelegenheit also dort von dannen einen weiten weg zu reisen vnd sein weib vnd sachen hinder sich zu lassen vnd wider hin gen Wien zu ziehen, sondern wan er 200 thaler oder 100 ducaten hat, so wil er mit 100 thalern etwz, so er bey den juden versetzt, wider ein lösen vnd mit den andern 100 thalern mit seinem weib, magd vnd wz er hatt, gantz vnd gar abziehen vnd (wie jch versteh) sein lebtage nit wider in das land kommen, sondern jmmerdar bey e[uer] f[ürstlich] g[naden] oder wo es sein kan in diensten verpleiben.

Caspar Hendels bruder belangend, wie nun Caspar vor Wien ab nach Preßburgk zeucht, deme jch dan den dritten tag nacht gefolget, gesellet sich vff dem schiff ein schelm zu jhm mit guten heuchelishen wortten, so sich vor ein beckers gesellen außgeben, vnd wandert also mit jhme gen Preßburg, wie sie da ankommen vnd mit einander in ein wirdtshauß gehen, so stielt derslebe jhme dem Caspar Hendeln alles wz er hatte, seinen mantel, knapsack, hembd, kragen, büchse, strümpff, schuch &c., das er nurt eine musketengabel behelt, damit er zu seinen bruder geht. Ob dan nun wol Caspar Hendel bey seim bruder sosntet seine sachen verricht vnd ein testament vffgericht worden vnd sein bruder wol ein reicher man, auch selbst andern geld außgeliehen vnd stehend hat, haben wir doch bey jhme auch keine hülffe vnserer hoffnung nach erlangen können, derwegen vnmöglich gewesen dem Stangen dismals auß zu helffen vnd jhr mit zu bringen, vnd ist er nochmahligen erbietens, so jhme 100 ducaten oder 200 thaler verschafft werden, wil er gantz vnd gar dort ab ziehen vnd her kommen, vnd solches müste bald geschehen.

Was sonstet den kayser [Matthias] vnd andern zustand der örter belangt, als ist angeordnet gewesen, dz jhre mayestät gen Prag gewölt vnd zu dem end wein vnd anders hin geschickt vnd allerley bestelt worden, solchs alles aber [f. 230r] ward wider abgeschafft vnd die hingeführte weine zuuerkauffen befohlen: aber nach etzlichen tagen ward wider verordnet vnd bestelt, dz jhre mayestät den 10. may zu Wien vff brechen vnd sich gen Prag begeben wöllen, welches dan also noch bißher vor gewesen, welchem allem aber die behmen vnd andere keinen glauben geben, biß daß sie es sehen. Ich horte von eim vornehmen hoffdiener in D[octor] Melanders losament, er gleube nicht, dz der kayser sein lebtag gen Prag zöge. Man sagt von grossem gelde, so die behmen zu Praga beyeinander haben vnd dem kayser lieffern wöllen, so er komme, man hat jhme vor wenig tagen 50000 thaler zu geschickt zu abzahlung des hoffgesins zu Wien. Wird auch allendhalben in Behmen gesagt, wo er nit komme, werde man einen andern könig erwehlen, welcher der Churf[ürst] zu Sachsen [Johann Georg I.] sein werde, ist auch ein behmischer Herr v[on] Sternberg genant, welcher viel ab vnd zu reisens beim churf[ürsten] hat vnd wil mans dafür halten, dz es selbige sache betreffen sol.

Eß ist auch vor lengst zu Prag ein landtag angeordnet, zu dem ende sich dan abermal etzliche behmische herren dahin verfügt, demselben bey zu wohnen, welcher landtag nun zum dritten mal mit grossem verdruß der behmen ab geschrieben worden, vnd in vergangen oster dagen angeschlagen worden, dz er biß vff trinitatis sol verschoben werden. Die kayserin ist offtmals beschreytt gewesen, sie seye schwanger, wie dan auch jtzund als noch, jtem sie drage einen jungen kayser vnd gehe schon im 6. monat, andere aber haltens gantz vor nichts, ist sonstet gar fett, wie jch sie dan selbst gesehen. Eß wird aber von guten leutten seltzam discurrirt (welche jch nit eben kenne oder in der welt wider zu finden wüste), dz endlich zu befahren, dz durch der jesuiter practic ein junger pseudo &c. möchte erpracticirt werden. Eß ist ein solch klagen an dem hoff vber bezahlung, dz nit kan geglaubt werden, dan es ist gantz kein geld vorhanden, vnd so etwz zur hand kombt, so hat sie vnd die jesuiter solchs hin weg, wird an andere ortt geschickt, wie communis vox et fama.

[f. 230v] Man ist den beckern so viel 1000 fl. vor brot schüldig, ja man kaufft die küchenkreutter vffm marckt, in summa es ist spötlich vnd schrecklich zu hören wie es zu geht. Ey, sprechen sie, sonderlich die, so konnen vmb jhn her sein, eß ist so ein frommer kayser, so ein frommer herr, man sieht jhm am gesicht an, dz er ein frommer mensch ist, er nimbt alle supplicationes selbst von den leuten an, so nurt bey jhn kommen; dieses hab jch zwar selbst gesehn, wie er auß seiner meß kam, hatte er eine gantze hand vol supplicationes, bleib auch bey eim jeden ein weil stehen vnd horte zu wz er ferners darbey zu erinnern hatte vnd gibt dieselben darnach doch andern zu expediren, wie mir gesagt worden. Es hat newlich ein cammerherr einen fund erdacht vnd angeben wie man dem kayser in eil eine summa geld zu wegen bringen möchte, nemblich der gestalt, das ein jglicher zöller vnd ander vonehmer beambter jhrer mayestät eine summa gelds leyhen müssen ohne intresse, der eine 1000, ein ander 2000, 3000, mehr vnd wendiger nach dem ein jeder vor reich gehalten worden oder solten jhrer dienste verlüstig sein, welches dan von eim jeden damit er bey ehre vnd seine dienst verpliebe, also geschehen, vnd hat mancher lieber seinen schaden gethan als sein dienst verlohren, vnd dürffen sich auß den ämbtern nit wider bezahlt machen, sondern müssen warten vnd steht dem kay[ser] frey, wan sie wider bezahlt werden, welches wol nimermer geschicht vnd hat dieser eine sehr grosse summa getragen, davon der jnventor (ist mir entfallen) 14000 oder 40000 fl. alsbald verehrung bekommen.

Wan man zu Praga ein wenig vff der brücke geht, behüt Gott, wz hört man schreckliche wortte vnd vermaledeyungen vff den kay[ser] vnd sie, einer wünscht hie alles vnglück, der ander da, verfluchen die frucht jhres leibs, es ist abschewlich zu gedencken, geschweig zu reden.

[f. 231r] Zu Wien ist eine türckische botschafft lang gelegen in die 60 personen starck, seind halb wider zu rück gen Ofen, vnd begehrt der türck einen ewigen frieden zu schliessen vnd solle die friedens tractation jtzo zwischen ostern vnd pfingsten zwischen Gratz vnd Erlaw gewis vorgenommen werden, wird eine sehr ansehenliche newe türckische botschafft herauß kommen dergleichen niemals gewesen, zu Wien wird gesagt, dz der türck zu Ofen ankommen werde 30000 man starck vnd werde die botschafft sein 100 außerlesener vornehmer türcken. Vnd dz solche fridenshandlung vff vnserer seitten so lang vffgehalten worden, ist eintzig die vrsach wegen manglung gelds, damit man sich gegen jhnen auch köndte sehen lassen. Man vermeint Siebenbürgen werde drauff gehen oder zum wenigsten neutral werden.

Eß ist auch eine muscowitische botschafft zu Wien nurt 4 personen starck vnd ist der principal ein teutscher, doch wil mans dafür halten, er seye seiner nation ein Siebenbürger, welcher, als er audientz gehabt, sein wortt vff gut hoch teuutsch vorbracht, vnd wie er vor den kayser kömbt, welcher dan vff eim etwz erhabenen trohn in seinem ornat gesessen, als hat er der legat, wie breuchlich angefangen jhre mayestet wegen seines großfürsten zu grüssen, gesundheit, langes leben vnd sieg wider dero feinde zu wünschen &c. vnd wie er siehet dz der kayser stil sitzt, sich nit ein mal bewegt oder an sein hut greifft, so setzt er seinen hut (welchs dan eine statliche zobeln parret gewesen) auch so bald wieder auff, holt sein credentzschreiben in eim rothen seiden tuch in beiden henden in der höhe vbern kopff vnd spricht, demnach sein großfürst datzmal eine botschafft an jhre mayestet gen Lintz abgefertigt, welche sich dan dermassen gedemütigt dz sie auch wie sie zur audientz kommen vor jhre mayestet dreymal vff die knie gefallen [f. 231v] vnd also jhrer mayestet wegen seines großfürsten grosse ehr erzeigt, jhre mayestet aber hetten seim großfürsten zu gebürlichen ehren sich nit ein mal bewegt, den hut gezückt oder den sessel gerückt, wie dan jhre mayestet verfaren vnd sonderlich zu der zeit kay[ser] Rodolphus welher der botschafft wie sie zur audientz erfordert, in eigener person biß in die anticammer hinnauß entgegen gangen vnd die hand gebotten vnd also freundlich empfangen, begehre derwegen jhre mayestet wöllen auffstehen vnd wie der kayser durch einen seiner räthe das schreiben vor jhm gefordert, hat er gesagt, er habe befelch solchs niemand als jhrer mayestet selbst eigner person in jhre hand zu lieffern, wölle es auch anderer gestalt nit von sich geben vnd solte er angesichts vff der statt wegen seines großfürsten zu stücken gehawen werden, vnd hat neben dem den kayser also zum dritten mal heissen auffstehn. Nach diesem hat jhn der kayser heissen entweichen vnd nach vnderredung mit seinen räthen jhme dem legaten sagen lassen, das jhrer mayestet die tage jhres lebens eine solche grobe knollichte, vngehobelte botschafftnie vorkommen, köndten auch nit gedencken dz er solcher grobitet von seinem großfürsten befelcht seye, vnd wölle er dz schreiben nicht von sich geben, so möge er damit wider hin ziehen daher er kommen.

Vnd ist diese botschafft zu Wien noch arrestirt vnd wird bewacht, er hat aber doch nach diesem allem das schreiben endlich von sich geben.

Dieses hab e[uer] f[ürstlich] g[naden] jch also vffs kürtzest gantz vnderthenig nicht verhalten sollen, dieselbe sambt alle die jhrigen himit dem schutz des almechtigen von hertzen befehlend, vnd mich derselben gantz vnderthenig zu gnaden.

E[uer] f[ürstlich] g[naden] vndertheniger gehorsamer diener

Joh[ann] Eckel