KassUB 2chem19.1 253

From Theatrum Paracelsicum
Author: Benedictus Figulus
Recipient: Moritz Landgraf von Hessen-Kassel
Date: 1611 July 06
Place: Kassel
Pages: 4
Language: German
Editor: Edited by Julian Paulus
Source: Kassel, UB, 2° Ms. chem. 19[1, f. 253—254 (alt f. 241—242)
Quote as: https://www.theatrum-paracelsicum.com/index.php?curid=321
Names: Paracelsus; Urban von Trennbach, Fürstbischof von Passau; Frederick I, Duke of Württemberg; Gabriel Moraweiser; NN., König von Spanien; Hans Jacob Hochholtzer; Abraham Schnitzer; Albertus Bayer; Aurelius Augurellus; Basilius Valentinus; Adam Haslmayr d.J.
Places: Marburg; Kassel; Straßburg; Tirol; Etschland; Innsbruck; Württemberg; Elsass; Freiburg im Breisgau; Worms


[f. 253r] In nomine invictissimi & gloriosissimi imperatore & regis gratiae, redemptoris & regeneratoris nostri, I[esu] Christi, crucifixi. Amen. &c.

Durchleuchtigster, hochgeborner, gnedigster fürst vnndt herr, e[uer] f[ürstlich] gn[aden] seyenmeine vnderthenigste geflissenste dienst jederzeitt demütigst jn höchster beraittschafft bevorn: gnedigster f[ürst] vndt herr.

Demnach jch nun alß ein zehen jähriger indagator vndt embßiger erforscher der natur, wie auch aller secreten, geheymnußen vnndt magnalien Gottes, alß ein discipulus vndt nachfolger des grossen monarchens aller künsten, scientzen vndt faculteten, Theophrasti Paracelsi magni &c. Gottlob vnserem vunsch vndt begehren nach durch sonderliche gnade Gottes, so viel erlangt jn medicina spagyrica & philosophia chymica, magia, cabala vndt alchymia, dz jch nun meehr gentzlich entschlossen fixam sedem zu suchen vndt mitt göttlicher hülff jns werck zurichten alles das jehnig, dardurch gemainem vatterlandt vndt meinem nebenmenschen christlich vndt bruederlich gedienet würde, auch solche erlangte secreta nicht alß ein neydthässiger mensch fur mich allein zubehaltten, sondern fürnemblich den würdigen doctrinae filijs trewlich zu communiciren bedacht, damitt sie doch endlich jhres langwirigen suechens erfrewet vndt auch zu einem glücklichen endt gelangen möchten, welches wir zwar schon ettliche jahr vber jn vnsern publicirten scriptis chymicis gegen allen vndt jeden liebhabern alchymiae gnugsam erwießen, aber von den vndanckbaren, gottloßen nichtskündigen verächtern vndt spättern der thewren edlen kunst wenig danck erlangt, sondern nur allerley verachtung, hohn vndt spott sampt vielfeltiger verfolgung auff vnß geladen, welches wir dann dem lieben Gott allzeit jn seine rach, vindictam & iudicium befohlen haben wöllen, gedultigklich.

Weiln aber e[uer] f[ürstlich] gn[aden] nun viel jahr hero, alß ein praedestinatus qvasi mecoenas alchymiae & artis hermeticae vndt ein mechtiger liebhaber arcanorum vndt mysteriorum naturae &c. sich öffentlich gantz gnedigst erzaigt, auch ein publicum laboratorium zu Marpurg, sampt ettlichen privatis zu Cassel vndt hin vndt wieder jm landt, non sine exiguis sumptibus glücklich an vndt vffrichten lassen vndt dieselbige gantz fürstlich cum summa munificentia & liberalitate gnedigst biß dato auch erhaltten, allso bin jch e[uer] f[ürstlich] gn[aden] dißmalß zu sonderlichen ehren vndt wolgefallen von Straßburg auß hieher gerayset vndt e[uer] f[ürstlich] gn[aden] von meinen höchsten vndt furnembsten secretis die noch keinem menschen mir communiciret worden ettliche demüetigst zu offerieren vndt jn aller vnderthenigkeitt zu communiciren bey mir beschlossen, damitt doch endlich einsmals e[uer] f[ürstlich] gn[aden] wegen der grossen angewandten vnkosten jn dieser vhraltten thewren kunst alchymia & exercitijs varijs chymicis mitt einer wahren gewißheitt erfrewet vndt ergötzet würde. &c.

[f. 253v] Furs erste habe ich jn meiner jüngst verrichten halbjährigen raiß auß Tyrol vndt Etschlandt mitt mir gebracht das edle, thewre vndt geheyme büechlein Theophrasti Paracelsi, das Lux lucens jn tenebris genandt, welches ein clauis vber seine 9 büecher der Archidoxen, darnach vor dieser zeitt fleissig geforschet worden, auch vor wenig jahren der altte bischoff zu Passau Vrbanus seliger 1500 kronen, der verstorbene hertzog Friderich zu Württemberg, p[iae] & beatae memoriae, 6000 fl. geben wollen, aber damalß noch nicht zubekhommen gewesen. Es ist aber vor 18 jahren ohngefehrdt von Gabriel Marrwyser &c. dem könig in Hispanien vmb 5000 krohnen verkaufft, aber nicht gelieffert worden, sondern villeicht auß Gottes verhengkniß jn Ettschlandt verplieben vndt vmb ein tausendt gulden an eim ortt lang versetzt gewessen.

Furs ander hab ich auch mit mir gebracht das geheyme büechlein Theophrasti, Arcanorum sc[ilicet] mercuriorum alchymiae, darinnen wunderbarliche, kurtze vndt leichte künsten vndt handtgriff jn metallurgia dargethan vndt gewiesen werden, wie dann e[uer] f[ürstlich] gn[aden] auß giebeygelegtem specificirten catalogo beeder büechlein jnnhaltt kürtzlich vernehmen werden. Diese 2 angedeutte libellos secretissimos, so noch jn gantz teutschlandt vnbekandt vndt wenig gesehen worden, offerieren wir e[uer] f[ürstlich] gn[aden] jn aller vnderthenigkeit, der tröstlichen zuversicht, e[uer] f[ürstlich] gn[aden] werden sich auch gegen mir armen verlassenen vndt von der kunst wegen verfolgten philosophen mitt seiner fürstlichen munificentz gnedigst vndt wolthätigst erzaigen vndt mögen e[uer] f[ürstlich] gn[aden] dieselbe bey mir, jn Hanß Jacobs Hochholtzers fürstlichen bestaltten hessischen büxenmaisters losament durch ein gewisse person abholen lassen.

Zum dritten wollen wir e[uer] f[ürstlich] gn[aden] vnderthenigst mittheilen ein stattliches hohes particular stück, welches Raymundus Lullius sampt seinen mitconsorten auch selbsten 60 tag laborirt, biß er den hohen tinctur stein erlanget, welches warhafftig vndt gewiß, auch ein furnehmer artista [=Abraham Schnitzer] jn Tryohl jm todtbett das h[eilige] sacrament darauff empfangen vndt auch darauff gestorben, solches gewiß zu sein, wie ers dann seinem weib vndt kindern neben anderen hohen secretis verlassen, von denen jchs bekhommen. Diß stück jst gleichsam ein pars c[um] p[arte], mag aber doch nach meinem geringen vberschlagen jn einem jahr auf 24000 gülden vndt noch höher gebracht werden, sonderlich wo mans jn ettlichen öfen oder aber jn einem ofen allein, da viel tigel stehen können, alß jn eim glaßöfelein, einrichten würde, dann das <gold> tag vndt nacht jm fluß stehen muß, 1 gantz monadt lang, vndt wirdt täglich darein getragen 1 loth lunae compactae, wie mans vffs beste praeparieren kan, vndt 3 loth einer andern tingierenden materien, darvon praesens & coram mitt e[uer] f[ürstlich] gn[aden] jn gehaymb weitter zu reden würe. Wo dann auß diesem meinem werck e[uer] f[ürstlich] gn[aden] jährlich mir ein gewisse ehrliche bestallung, mich vndt die meynigen darvon zuerhaltten gnedigst machen woltten, bin jch beraitt den gantzen processum dieses wercks getrewlich vndt ohne allen falsch mittzutheylen.

Zum vierdten haben wir fünff schöne particular tincturen auch mitt vnß gebracht, welche vnß obgedachter philosophus vndt artist, Abraham Schnitzer genandt, jm todtbett vor 8 jahren verschafft, vndt ietzo von den betrüebten armen 2 wittwen, mutter vndt tochter zu Inspruck, jhrer armuth dardurch zuhülff zukommen vndt sie nicht zuverlassen, ich vor weyhenachten bekhommen. Die ersten zwo gehen auß dem hochpraeparirtem mineralischem <wasser> vndt feiner <lun>a, deren erster proiection 1 loth auff 30 loth <mercur>ij vivi in verum & perfectam lunam &c. [f. 254r] der andern tinctur (so auß dem oleo lunae vndt <sal>e vrinae volatili geht) proiection steigt 1 th[eil] auff 50 th[eile] <mercur>ij oder <saturn>is zu gueter feiner luna. Die 3. tinctur auß dem <aqua> mineralj, <sole> vndt <sal>e vrinae volatilj procedens, darauß wirdt ein fixer rubinstein, dessen 1 th[eil] 100 th[eile] <mercur>ij tingirt jn wahrhafftiges guettes <gold>. Die 4dte tinctur, ex <aqu>a minerali, <sal>e vrinae volatili, <lun>a & <sol>e procedens, gibt wiederumb ein fixen rubinstein, dessen 1 th[eil] tingirt auch 100 th[eile] <mercur>ij in purum aurum. Die 5te t[inctura] ex <aqu>a minerali, <sal>e urinae fixo, <lun>a & <sol>e procedens &c. gibt ein flüssigen rubinrothen stein, dessen 1 th[eil] tingirt 500 th[eile] <mercur>ij jn guetes <gold> &c.

Diese jetzt angedeute 5 tincturen sindt auff birckhene rinden geschrieben zwischen 2 blutrothen glaßtaffeln gelegt vndt rings vmbher mitt guettem <gold> eingefasset, ettlich 100 jahr jn einer mauer verporgen gelegen vndt aber diesem artisten wunderbarlich durch einen angelum, wie er schreibt, zukhommen.

Diese 5 tincturen will ich e[uer] f[ürstlich] gn[aden] auch guttwiligklich lassen zukommen, damitt sie durch vertrawte fleissige laboranten elaborirt werden, dann sie jn einem jahr gar nahe alle 5 zu endt mögen gepracht werden. Dargegen werden sich e[uer] f[ürstlich] gn[aden] gegen mir vndt den meinigen alß mein gnedigster fürst, mecoenas vndt patrunus hinfuro, wie ich verhoffe, jederzeitt der gepühr nach fürstlich vndt heroisch wol wissen zuverhaltten, dann ich diese tincturen selbsten, wills Gott, fur mein person zu allerersten zu elaboriren mir furgenommen, wo jch christliche handtreichung haben werde.

Zum fünfften wöllen wir e[uer] f[ürstlich] gn[aden] mittheilen oder offenbahren Fratris Alberti Bayrs &c. Materiam lapidis (welcher niht das höchste vniversal gehabt) vndt darvon einen schönen richtigen außführlichen proceß in, 5 capitteln abgetheilet, communiciren, so ohne allen falsch Aurelius Augurellus erstlich italico jdiomate & carmine beschrieben, hernacher von einem frantzosen vndt philosopho, so jhn gemacht diesen lapidem, jn gallica lingva noch besser beschrieben vndt auß deren jn gutt teutsch transferiret worden, welchen jch von einem fürnehmen philosopho jn geheymb in Ducato Wirtembergico alß meinem vertrawten freundt bekhommen, vndt mag nach dem vniversal kein höherer tincturstein fast praepariret werden, vndt geht per viam siccam. Vndt jst meines erachtens eben die materia, die Fr. Basili[us] Valentinus in seinen 12 Schlüsseln tractiret, aber er brauchet darinnen viam humidam, da werden nun e[uer] f[ürstlich] gn[aden] darauff bedacht sein, solcher materien ettliche <pfund> zuwegen bringen lassen, vndt dann diß schöne hohe werck jm nahmen Gottes fur die handt nehmen lassen, jch verhoffe es solle wol vndt glücklich gerathen, darbey dann e[uer] f[ürstlich] gn[aden] meiner armen geringen person sampt den meinigen nicht vergessen, sondern allzeit gnedig vndt gnedigst bedencken werden.

Schließlich, weil wir nun ettliche jahr grosse verfolgung v[nd] verachtung hin vndt wieder jn Alsatia vndt anderst wo außgestanden, sonderlich vnserer geliebten sponsae wegen zu Freyburg, von den academischen, vonn rath vndt pfaffen daselbsten, vndt nun ein gantzes jahr mein tobianum veré coniugium teufflischer verfluchter weiß gehindert haben, vndt gar dirimiren wollen, wann sie vnser beeder hertzen hetten trennen können. Weil aber mein sponsa mitt mir herauß zuziehen sich verwilliget vndt aber jch mich herabwerts von Straßburgk mitt mein 2 kinderlein vndt sponsa nach vollbrachter copulatione publica nach Wormbs begeben woltte, so bitte ich gantz vnderthenig, e[uer] f[ürstlich] gnaden woltten doch mitt einer commendation vndt jntercession schrifft ad senatum ibidem mich gnedigst bedenckhen, darmitt ich allda das burgerrecht erlangen vndt fixam sedem haben vndt privatam eremiticam vitam instituieren, darneben ich meine obangedeute arcana chymica & medicinalia mitt einem ad alchymiam praedestinato pio homine, philosophi & theophrastistae summi in Tyrol &c. filio [=Adam Haslmayr d.J.], meinem nebenmenschen vndt allen armen verlassenen per- [f. 254v] sonen zu tröst vndt hülff glücklich durch Gottes segen vndt beystandt jns werck richten möge. Dann jch jn der warheitt ein gantz newes haußhaltten anrihten muß vndt ich nun jn die 3 jahr meine 2 kinderlein zu Straßburg mitt grossem kosten vndt beschwärung jn dieser grossen thewrung erhaltten muessen vndt nun jn einem jahr hero vber die 600 meihl wegs der kunst halben gerayset vndt mirs sawer lassen werden vndt nun mehr des raisens gantz vndt gar muedt worden vndt hiemitt beschliessen wllen wills Gott vndt keinem mehr nachziehen wollen, sintemahl mir Gott so viel, jhme sey ewig lob, ehr vndt danck gesagt, darfur, beschert, dergleichen nicht baldt einer jn Europa haben oder bekhommen wirdt: Dij enim, ut ille ethnicus, laboribus sua dona vendunt; vndt warlich keinem daheimb hinterm ofen ein gepratene daub jns mauhl fliegen wirdt.

Thuen hiemitt e[uer] f[ürstlich] gn[aden] wie auch totam familiam ill[ustrissimam] & totum regimen jn des höchsten spagyri gnadenschutz zum trewlichsten befehlen, einer gnedigen resolution jn aller vnderthenigkeit erwarttendt v[nd] hoffendt.

Raptim. Caßellis, 6. julij anno BeLLa MoVebIt DeVs.

E[uer] fürstlichen gnaden vnderthenigster demütigster cliens & humilimus servitor

Benedictus Figulus, Vtenhovias, Francus, poeta l[aureatus] c[oronatus], philosophiae & medicinae adeptae sectator & vindex, Paracelsi magni discipulus. Eremita. &c.

[Anschrift:] Dem durchleuchtigen, hochgebornen fürsten vndt herren, herrn Mauritio, landtgraven zu Hessen, graven zu Catzen-Elenbogen, Dietz, Ziegenhain v[nd] Nidda &c. Meinem gnedigen fürsten vnndt herren &c.